Posted by: bonanzero
Re: Rahmenkauf - 04/24/08 06:48 PM
In Antwort auf: thomas-b
Hallo bonanzero,
In Antwort auf: bonanzero
...ein 26er Rad hat durch seine kürzeren Speichen weniger den Hang zum Speichenbruch. ...



Die Speiche bricht doch nicht der länge nach, sondern im Bogen. Also sind deiner Meinung nach Radial eingespeichet Räder stabiler als z.B. 4-fach gekreuzte?
Gruß
Thomas
Aaaaalsoooooo,
eine Sache steht fest, da wirst du mir sicher Recht geben:
"Eine Speiche bricht immer an ihrer schwächsten Stelle." Dass diese der Speichenbogen ist, muss ich nicht weiter ausführen, das haben wir bestimmt alle schon mehrfach in erster Person erfahren können.
Warum ist das so? Weil die Speiche ein Stück Draht ist. Dieses Stück Draht wird durch Walzen geformt und auf Länge geschnitten, dann wird das Gewinde draufgerollt, der Speichenkopf angestaucht und der schon angesprochene Bogen geformt.
Walzen ist ein Streckvorgang, die Fasern im Material werden also in eine Richtung ausgerichtet und daher ist eine Speiche sehr zugfest, aber trotzdem gut biegbar.
Zu dieser ersten Form der Kaltverfestigung kommt im Bogen noch eine zusätzliche, die der plastischen Biegung. Hier haben wir also ein einmal verfestigtes und dann nochmal überstrecktes Material vorliegen. Dass da nicht mehr viel Verformungsreserve vorliegt, dürfte uns da wohl klar sein.
Deswegen bricht eine Speiche imBogen.
Aber warum bricht eine Speiche? Weil sie schwingt. Schwingungen werden über Reifen und Felge in die Speiche geleitet und dann weiter auf Nabe und Rahmen. Kennen wir ja. Ein schwingender Körper bricht auf die Dauer, wenn er mit seiner Eigenfrequenz angeregt wird. Die schaukelt sich auf und führt zum Bruch. sowas nennt man kritische Frequenz. Man kann Schwingsysteme unterkritisch und überkritisch betreiben, aber nie kritisch. Unterkritisch bedeutet, dass alle auftretenden Schwingungen immer unterhalb der Eigenfrequenz sein müssen. Das erreichen wir dadurch, dass wir die effektive Speichenlänge kurz halten.
Kurze Speiche -> hohe Eigenfrequenz -> keine Gefahr.
Bei überkritischem Betrieb müssen die Schwingfrequenzen oberhalb der Eigenfrequenz liegen. Dabei muss der kritische Bereich so schnell wie möglich durchfahren werden. Dass bei solch wechselhaften und unterschiedlichen Lastkollektiven wie beim Rad sowas unmöglich ist, ist wohl klar.
Wie erreichen wir, dass der Betrieb möglchst unterkritisch bleibt? Wir kürzen die effektive Speichenlänge. Bei radial gespeichten Rädern ist bei (Felgeninnendmr. - 1/2 Nabenteilkreisdmr.) Schluss, kürzer kann man die Speichen nimmer machen.
Aber man kann längere Speichen nehmen und sie irgendwo zwischen Nabe und Felge kreuzen. Die Speichen müssen sich berühren, sonst bringts nix. Das geht wie bei einer Gitarre. Man legt einen Finger auf die Saite zwischen zwei Stege und siehe da, die Schwingfrequenz erhöht sich. Wir erzeugen so also zwei Teilspeichen mit jeweils höheren Eigenfrequenzen als die Einzelzpeiche.
Und gerade deshalb sind 3-fach oder 4-fach gekreuzte Speichen bruchresistenter als radiale.
Ich hoffe, ich konnte deine Frage einigermaßen schlüssig beantworten.
Es würde mich im Übrigen freuen, wenn (vielleicht ineinem eigenen Thema) ein paar Meinungen und Erfahrungen zum Thema Laufradbau zusammenkämen, denn auch mir sind noch einige Zusammenhänge unbekannt. Schaden könnts nicht, ich denke, dümmer werden wir dadurch nicht.
Viele Grüße
El Bonanzero mit dem Sombrero