Re: Auswirkung Gewicht Reifen auf die Beschleunig

Posted by: Franconio

Re: Auswirkung Gewicht Reifen auf die Beschleunig - 05/11/05 01:14 PM

In Antwort auf: Peter S.
Wie wirkt sich das nun aus? So als ob ich 400g irgendwo am Rad habe oder rechnet sich das bei den Reifen anders.
Da is ja ne ganze Menge los.... Mein Beitrag kommt insofern eigentlich etwas spät, aber jetzt schick ich ihn natürlich trotzdem ab...

Hallo Peter!
Ich glaub ich muß da fei a weng Licht ins Dunkel bringen. Man hört ja allenthalben in Bikezeitschriften "Das Velo beschleunigt zäh wie Leder" oder "klebt beim Sprint fest". Sind die dicken Schlappen wirklich so beschleunigungshemmend, wie man gemeinhin annimmt? Kann man das mit einer Masse, die sonstwo am Velo oder am Pedalist hängt, vergleichen? Dazu ein paar einfache Überlegungen mittels Energiebilanz:

1.) Eine nichtrotierende Masse (von Gepäckträger bis zum Rettungsring) hat bei der Translationsgeschwindigkeit v die Energie E=m*v^2/2.

2.) Eine rotierende Masse hat bei der Winkelgeschwindigkeit (Kreisfrequenz) omega die Rotationsenergie E=J*omega^2/2. Beim Reifen gilt näherungsweise J=m*r^2.

3.) Die rotierende Reifenmasse ist zusätzlich noch der Translation unterworfen.

Der geneigte Leser darf das gerne mal durchrechnen und erhält das bemerkenswerte Ergebnis: Die Masse der Reifen wirkt beim Beschleunigen doppelt so hemmend wie eine nicht rotierende Masse. Mehr aber auch nicht. Wolfram und onrA haben also Recht, Josef liegt mit seiner Schätzung zu hoch. Um auf die Ausgangsfrage zu antworten, wirken sich die 400 g zusätzlich an den Schlappen so aus wie 800 g, also deutlich weniger als ein solides Bügelschloß.

Insofern macht sich unser Tester der Zeitschrift also gleich verdächtig, wenn er 100 g Reifenunterschied beim 18 kg Reiserad bemerken will. Handelt es sich um ein 8 kg Rennrad und ist er selbst ein hagerer Bursche, nimmt man es ihm hingegen schon eher ab.

In Zahlen: Für 1 kg nicht rotierende Masse braucht man zum Beschleunigen von 0 auf 20 km/h ca. 15 J (Joule) und zum Beschleunigen von 20 auf 30 km/h weitere 19 J. Bei der Reifenmasse verdoppelt sich das ganze. Ich habe die Vereinfachung gemacht, daß die gesamte Reifenmasse ganz außen verteilt ist. Da das in der Praxis nicht der Fall ist, sind die Werte sogar noch besser.
In Antwort auf: Peter S.
Die benötigte Energie zur Drehbeschleunigung müßte dann auch vom Umfang abhängen oder nicht weil sich größere Räder langsamer drehen. Oder vielleicht von der Gewichtsverteilung vom Lager über Speichen, Felgen und Schlauch/Mantel.
Vom Umfang hängt es nicht ab, weil sich dieser aus der obigen Formel wieder rauskürzt. Beim Fahren ist von außen gesehen die Reifenunterseite immer in Ruhe, und die Oberseite hat doppelte Fahrtgeschwindigkeit unabhängig von der Reifengröße. Naben zählen näherungsweise wie Rahmenmasse und Speichen liegen irgenwo dazwischen.
In Antwort auf: Andreas R
Bei den Reifen rechnet sich das anders, weil die Masse auch bei konstanter Geschwindigkeit ständig beschleunigt wird.
@ Andreas:
Ja, das stimmt so tatsächlich! Nur macht sich dies nicht in der Energiebilanz bemerkbar, weil die Geschwindigkeit beim Quadrieren in der Formel für die kinetische Energie ihren vektoriellen Charakter verliert, der Betrag aber ohnehin konstant ist.

Viele Grüße aus der Rohloffstadt
Franconio