Re: Rohloff mit Flanschringen ergänzen?

Posted by: EmilEmil

Re: Rohloff mit Flanschringen ergänzen? - 04/05/24 11:14 AM

Bei der "Speichenspannung" mußt Du unterscheiden zwischen der Spannung (Dimension N/mm²) als Belastung in der Speiche und der Vorspannkraft (Dimension [N]), die bei Berücksichtigung der Querschnitts-Fläche (Dimension [mm²]) in der Speiche die Vorspannung Sigmastat = Zahlenwert * [N/mm²] ergibt. Für den Zahlenwert sind die üblichen Verdächtigen (z. B. Querschnittsfläche A = 2.01 [mm²] und Vorspannkraft 900 bis 1000 [N]) Sigmastat = 450 bis 500 [N/mm²].

Bei einer Bruchfestigkeit einer Speiche von Sigmab = 1200 [N/mm²] folgt für die Wechselfestigkeit ( = 45 % Sigmab) Sigmab = 540 [N/mm²]. Diese 45 % kommen etwa mit 40 % Sigmab ( = 480 [N/mm²], Genaueres siehe Smith-Diagramm) zu dem statischen Wert Sigmastat dazu. Damit stehen für die Schwellfestigkeit ca (500 plus 480) [N/mm²] = 980 [N/mm²]) zur Verfügung. Die Grenze für die Belastung einer Speiche ist die Schwellfestigkeit (bei einer Speiche gibt es bei ordentlichem Aufbau nur Zugspannungen !). Die Schwellfestigkeit liegt in der Nähe der Fließgrenze des Materials.

Eine Vorspannkraft von 1200 [N] ist für eine Nabe mit großem Speichenloch-Radius und weitem Flanschabstand wie z.B. einer Rohloff-Nabe nicht nötig. Denn man begrenzt dadurch nur die Spanne für die dynamischen Belastungen. Diese Belastungen ergeben sich entsprechend den Vektoren eines Dreibeins im Rad-/Fahrbahn-Aufstandspunkt (Aus einer Aufstandsfläche reduziert !) zu Vertikalkraft (Z-Richtung), Axialkraft (X-Richtung) und Lateralkraft (Y-Richtung). Um das anschaulicher zu machen: Vertikal wirken die Gewichtskräfte des Systems, axial die Antriebs- bzw die Brems-Kräfte und lateral die Kräfte aus seitlichen Stößen und Stütz-Kräfte (Kurvenfahrt/Wiegetritt).

Für eine Dauer-Festigkeits-Rechnung muß man sich einen intelligenten Mix der Belastungen (U.a. auch Vergleichsspannungen) generieren. Stichwort: Lastfall-Analyse. Vielfach spricht man da von "Lastannahmen". Willkürliche Annahmen sind das aber bestimmt nicht. Die dynamischen Belastungen für die Antriebs-(Brems-)Kräfte sind noch relativ einfach zu rechnen. Für Vertikalkraft und Seitenkraft ist es komplizierter (Differential-Gleichungen), im Netz gibt es aber gemessene Werte:
(Für die Fälle Vertikalkraft, Antriebskraft:
https://www.sudibe.de/technik.html.)
, Für den Fall Seitenkraft:
https://sheldonbrown.com/rinard/wheel_index.html)

Eine Überlagerungen der Maximalwerte führt mit einiger Wahrscheinlichkeit zu einer Überdimensionierung der Speichen. Wer sich informieren möchte, kann sich das Dauerfestigkeits-Diagramm nach Smith mal anschauen (bzw er muß sich das selber generieren !) Ich halte fest: Die Vorspannkraft eines Speichen-Laufrades kann nicht willkürlich festgesetzt werden (Wie man evtl. versucht ist, aus der gängigen Praxis abzuleiten).

Dazu noch eine Anmerkung: Der asymmetrische Aufbau einer Hinterradnabe bei Kettenschaltungen führt wegen der steiler stehenden Antriebsseite zu der Notwendigkeit rechts ca. 1400 [N] und links ca. 700 [N] Vorspannkraft vor zu sehen. Hintergrund ist die Bedingung, daß der Horizontalzug der Speiche im Felgen-Anschluß der rechten und linken Seite im Gleichgewicht stehen muß. Das bezieht sich natürlich auf alle Speichen jeder Seite. Bei einer üblichen Anzahl von Speichen (ca. 20 (meist aber mehr aus Faulheit) bei 406-er bis 36 bei 622-er Felgen) stehen beide Seiten auf "Lücke", da ist die Steifigkeit der Felge gefragt, um ein Gleichgewicht über diesen Versatz ("Lücke") her zu stellen.

Ich habe hier nur kurz mal angerissen, was so alles zu beachten ist. Ohne einige Berechnungen in größerem Umfang geht es eigentlich nicht. Und Skizzen wären bestimmt zum Verständnis hilfreicher. Dafür muß ich aber einen Komputer wieder in Funktion (Im Moment bin ich auf der Suche nach den korrekten Motherboard-Treibern !) bringen. Weiter, ich erhebe keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Wer mehr und Besseres weiß als ich, soll sich melden und einen Beitrag leisten. Mit der Methode so wie bisher: "als Blinder mit dem Krückstock an die Bäume klopfen und den Wald vor lauter Bäumen nicht erkennen", geht es eigentlich nicht.

Zurück zu den Flanschringen: Evtl eine Reaktion darauf, daß man das Eingangsdrehmoment der Rohloffnabe von 100 [Nm] auf 130 [Nm] erhöht hat. Mit ein bißchen mehr "Fleisch" zum Rand des Flansches (wahrscheinlich nur eine kleine Änderung) hätten sich diese Flanschringe erübrigt.

PS: Die Rohloff-Nabe steht nicht mehr auf meinem Wunschzettel: Zu teuer, zu schwer, zu inkontinent, zu ineffizient, zu wenig Übersetzungs-Umfang (526 %, selbst meine 2x i-Motion 9 hat 574 %). Mein Ziel ist immer ca. 600 % Übersetzungs-Umfang. 2 Räder mit Dualdrive (3 x 11-fach) haben 608 %. 1x13-fach (9-53 Z ==> 589 % XD-Aufnahme) war schon vor 2 Jahren angedacht, der Chinamann Ali liefert aber kein komplett Paket. Und irgendwelche Abstands-Ringe her zu stellen, damit alles funzt, möchte ich nicht mehr. Da kam mir mein relativ wenig benutztes Alternativ-Hinterrad vom Fitnessrad mit der Dualdrive-Nabe für den Umbau des großen Faltrades gerade recht. die Laufräder haben nun statt 540-er 559-Felgen.

MfG EmilEmil