Re: Antriebsstrang anstiegstauglich umbauen

Posted by: J.-L.-Picard

Re: Antriebsstrang anstiegstauglich umbauen - 01/04/22 09:26 PM

Hallo Rosalind,

ein paar Anmerkungen bevor ich auf eine potentielle technische Lösung eingehe:

es geht hier einen Randonneur mit dem Du auch Radreisen unternimmst. Ein Rad für eine Reise sollte m.M.n. eine robuste technische Lösung für den Antrieb haben, die sauber in den verschiedensten Situationen (z.B. Antrieb dreckig, Kette trocken, verbotenen Gang geschaltet, Kettenschlag beim Schalten durch Schlagloch, etc.) funktioniert; bei einem Rad zum Brötchenholen ist die Wichtigkeit in diesem Punkt so vielleicht nicht gegeben. Daher mein Rat: verwende bitte keine Bastellösungen wie Adapter oder "überreizte" Schaltwerke. Die Aussagen, dass es bei dem und dem Rad funktioniert heisst noch lange nicht, dass es bei deinem Rad robust funktionieren wird (z.B. spielt die Schaltaugen-Geometrie eine entscheidende Rolle, ob Du ein Schaltwerk ohne Adapter überreizen kannst oder nicht. Bei Adapterlösungen ist dann immer die Frage, wie sieht es mit der Kettenspannung in allen Schaltsituationen aus (weil dann häufig eben die Kapazität des Schaltwerkes nicht mehr ausreicht) und wie nah ist das obere Schaltröllchen an den kleinen Gangritzeln (entscheidet z.B. stark über eine gute Funktion des Gangwechsels).

Ich habe in dieser Hinsicht einiges probiert mit diversen Modifikationen an 2x11- und 3x10-Antrieben; manche Lösungen funktionierten sehr gut und waren robust gegen Störungen, manche funktionierten ebenfalls ziemlich gut, waren aber nicht robust gegen diverse "Störungen" (Dreck, Schlagloch überfahren beim Schalten, zu stark abweichende Kettenlinie, Schaltauge ist nicht ganz exakt ausgerichtet, verbotener Gang, etc.). Und ich habe auch das ein oder andere Mal Lehrgeld bezahlt - z.B. mit einem Schaltwerk, dass dann in den Speichen hing.

Meiner Meinung nach sollte man so etwas nur machen, wenn man genau weiss, was man da tut und sich damit abfindet, dass so eine "Out-of Spec-Lösung" eben auch mal in einer "ungünstigen Situation Crashen" kann. Und das ist für ein Reiserad m.M.n. nunmal der falsche Ansatz.

So genug des Vorgeplänkels - zur potentiellen technischen Lösung:

2x11 STl´s und Umwerfer bleiben (vorrausgesetzt Sie funktionieren noch einwandfrei)
neue 11-Fach-Kette, neue Züge und Zughüllen sind gesetzt, ca. 40-45 Euro (Du sprachst von "stark verschlissenem Antrieb")

Nun zur eigentlichen potentiellen Lösung:

11-fach-Schaltwerk: Shimano 105 RD-R7000 (langer Käfig, geht bis 34 Zähne, Kapazität 39 Zähne) Schaltwerk 2x11
(48Euro, ist kompatibel mit deinem 5800er STI, z.B. bei Bike24 verfügbar)

11-fach-Kassette: Shimano CS HG700 11-34
(ca. 55 Euro, z.B. bei Bike24 verfügbar)

11-Kurbel: FSA Gossamer Pro Adventure ABS BB386EVO Road (32/48, 30er Achse -> passendes Kurbellager notwendig, Kettenlinie 44mm, Q-Faktor 145)
(ca. 135 Euro plus BB-Lager, nur in 170mm Kurbellänge z.B. bei Bike24 verfügbar)

oder

FSA Omega Modular 2X MegaExo (32/48, 19er Achse-> passendes Kurbellager notwendig, Kettenlinie 45mm, Q-Faktor 146)
(ca. 95 Euro plus BB-Lager, alle Kurbellängen bis auf 170mm z.B. bei Bike24 verfügbar)

Von einer 30/46-Kurbel rate ich Dir ab, da Du eine Löt-Umwerferbefestigung hast. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass Du den Umwerfer nicht tief genug bekommen wirst, damit dieser sauber arbeiten kann. Aber, beide oben genannten Kurbeln gibt es meines Wissens auch in 30/46.

Die Verwendung der GRX-Kurbel halte ich nur für die zweitbeste Lösung, die Kettenlinie liegt schon relativ weit aussen mit 47 mm; das ist dann recht weit weg von der optimalen Spec. (43,5 mm) von 105er-Schaltwerk und Umwerfer (105er?); bei Laufrädern mit Scheibenbremsen (das Ritzelpaket liegt dann hier etwas weiter aussen) wäre sie mit passendem Umwerfer sehr gut.

Mit einem Dreifach-Road-Antrieb (3x10) bekommst Du einen Hauch mehr an Flexibilität rein (da geht z.B. 30/39/50 mit 12-36 sehr gut). Er ist meiner Erfahrung nach (habe ihn an mehreren Reiserädern) empfindlicher gegen Störungen als ein 2x11-Antrieb.

Mit dieser oben vorgeschlagenen Konstellation (2x11, 32/48, 11-34) wirst Du einen sehr robust funktionierenden Antrieb mit leichter Untersetzung und nicht zu grosser Gangspreizung haben, das ist ziemlich sicher.

Klar kannst Du die 30/46er-Kurbel und die 11-36er Sunrace-Kassette probieren; das könnte durchaus gehen - nur ob es mit deinem Rad robust und sicher funktionieren wird, das kann Dir so schnell keiner vorhersagen, es sei denn er hat genau deinen Radtyp mit dieser Konstellation aufgebaut und ist bereits einige hundert Kilometer damit gefahren.

Grüsse aus Köln,

JLP