Re: Wie verschleißen Spikes ?

Posted by: Keine Ahnung

Re: Wie verschleißen Spikes ? - 02/17/21 10:31 AM

Hallo Erik,

danke für den Hinweis auf diese Doktorarbeit. Leider behandelt die aber fast ausschließlich Autoreifen. Lediglich in einem Abschnitt werden Versuche mit einem Schwalbe Marathon Winter Radreifen vorgestellt. Hier wird zusammenfassend darauf verwiesen, dass keine der Methoden, die für die Messungen angewandt wurden, zuverlässige Ergebnisse zur Referenzreibwertbestimmung lieferte. Alle weiteren Ergebnisse wurden für Autoreifen ermittelt.

Nun gibt es garantiert etliche grundsätzliche Übereinstimmungen bei dem Verhalten von Spikes (gerade oder geneigt) auf Eis, es gibt aber auch wesentliche Unterschiede zwischen Fahrrad und Auto. Auch für die Diskussion der Situation bei Autoreifen wird eine Schräglage der Spikes relativ zur Eisfläche diskutiert. Es wird dabei auch darauf hingewiesen, dass die Spikes dabei nicht sehr tief in das Eis eindringen können. Haben sich die Spikes in das Eis eingedrückt, würde ich den von Dir vorgebrachten Argumenten folgen können, wobei aber nach "Ausbrechen" der Spikes zunächst auch nur die Reibung auf einer Oberfläche verbleibt.

Aber gerade beim Fahrrad wird diese Situation nicht durchwegs erreicht. Eine vereiste Straßenoberfläche ist nur selten relativ unstrukturiert (so wie die vereiste Straße, die ich vorletztes Wochenende gefahren bin). Vielmehr werden dem schmalen Fahrradreifen ständig stark geneigte oder gekrümmte Oberflächen angeboten, bei denen die Spikes eher an der Oberfläche kratzen als wirklich einzudringen. Das sind dann aber auch genau die Stellen, wo man leicht stürzt, da hier eine große zur Fahrtrichtung senkrechte Kraft auftritt.

Es gibt auch noch einen anderen, sehr wichtigen Unterschied. Während das Auto aufgrund seiner gut gedämpften Federung im Schnitt sehr hohe Drücke auf die Spikes bringen kann, wenn man nicht gerade "Offroad" unterwegs ist, ist insbesondere bei dem mit relativ schmalen Spurrillen durchzogenen vereisten Belag der mit dem Fahrrad befahrenen Strecken (z. B. auf Feldwegen, aber auch bei ansonst guten Straßenbelägen) der Lastenwechsel üblicherweise wesentlich weniger gedämpft, so dass keineswegs gleichmäßige Druckwerte zu erwarten sind und somit auch immer wieder Situationen auftreten, wo die Spikes kaum noch in das Eis eindringen.

Es würde mich nun sehr überraschen, wenn in den beschriebenen Situationen, wo die Eindringtiefe der Spikes sehr gering ist, die "einfache Reibung" der Spikes auf der Eisoberfläche vernachlässigbar sein sollte. Sicherlich wird sich mit dem Alter der Reifen auch die Eigenschaft der Gummimischung ändern, aber die deutlich sichtbare Abrundung der anfangs scharfen Spikeskanten kann meiner Einschätzung nach hier nicht vernachlässigt werden. Ich möchte hier noch einmal auf den Vergleich der beiden oben genannten Löffel hinweisen. Der "scharfe" Löffel wird beim Schaben über das Eis einen deutlich höheren Widerstand aufweisen, als z. B. der "Milupa-Plastiklöffel" mit abgerundeten Kanten, auch wenn man den gleichen Druck auf die Eisoberfläche wirken lässt.

Die von mir vergebenen Doktorarbeiten beschäftigen sich mit anderen Themen, aber es wäre sicherlich lohnenswert (ich hatte bislang hierzu noch nichts gefunden), gezielt die Wirkung und Wirksamkeit von Spikes für reale Bedingungen einer Fahrradfahrt im Winter auf mit Eis und Schnee bedeckten Wegen und Straßen zu untersuchen.

Übrigens wären Spikes, wie sie in der Abbildung, die von Jürgen als "fremdes Bild" identifiziert wurde, zu sehen sind, sicherlich überwiegend durch den von Dir beschriebenen Mechanismus wirksam. Allerdings wären die auf richtig hartem Eis oder gar Asphalt nicht fahrbar ;-) .