Re: Tretlagergewinde defekt - Reparatur od Schrott

Posted by: cterres

Re: Tretlagergewinde defekt - Reparatur od Schrott - 01/24/20 10:58 AM

Mir ist exakt das Gleiche passiert.
Genauer gesagt habe ich ein misshandeltes Lastenrad restauriert und auch dort war zumindest die rechte Lagerschale im Tretlager korrodiert. Da ich in einem Betrieb mit Ausbildungswerkstatt für Zweiradmonteure tätig war, lieh ich mir den dort vorhandenen BSA-Gewindeschneider aus und lief in eine Falle, denn dieser war abweichend von der Gravur zusätzlich umgekehrt Händisch mit R und L beschriftet.

Die Gravur zeigt an, ob es sich um ein Rechtsgewinde (gehört auf die linke Seite), oder ein Linksgewinde (rechte Seite) handelt und die Beschriftung mit R und L hat mich durcheinander gebracht und ich setzte das Werkzeug falsch herum ein. Der wegen seiner Größe vertikal eingespannte Rahmen nahm dann zusätzlich den räumlichen Eindruck für Rechts und Links an dem Ding und dann war das Gewinde sauber geschnitten.
Es sah auch wieder gut genug aus.

Nun baute ich ein neues Hollowtech-II-Lager ein, aber eben seitenverkehrt. Der Kurbelgarnitur macht das nichts aus, da die Welle durchgängig 22mm Durchmesser hat.
Das Rad fuhr prima - etwa drei Monate lang. Dann bemerkte ich ein Knacken während der Fahrt und recht bald sah ich, das die linke Lagerschale bereits mehrere Umdrehungen weit gelöst war und sogar den verschraubten, linken Kurbelarm ein Stück weit von der Welle gedrückt hatte.
Ich zog das Lager erneut fest an, ersetzte die Einstellschraube aus Kunststoff, die zerbrochen war und montierte den linken Kurbelarm wieder korrekt. Nach vier Wochen konnte ich erneut feststellen, das die linke Lagerschale lose genug war, um sie mit den Fingern zu drehen. Das Tretlager drehte sich also während jeder Fahrt etwas mehr auf hätte ungefähr alle 1-2 Wochen fest gezogen werden müssen.

An dieser Stelle also der Hinweis, das auch Du das so montieren und fahren könntest, aber es bleibt eine Dauerbaustelle. Gewindesicherung verlangsamt den Prozess, aber es verhindert die Drehung nicht.

Nun, da ich mir diesem Problem bewusst wurde, wog ich meine Optionen ab.

Das falsche Gewinde mit Flüssigaluminium (bei Stahlrahmen Flüssigmetall) auffüllen, glattstreichen und darin ein neues Gewinde zu schneiden, wäre machbar. Aber das mit Aluminiumpartikeln (Flüssigmetall enthält hingegen Eisenspäne) angereicherte Epoxidharz ist hohen mechanischen Belastungen ausgesetzt, könnte zerbrechen und den Halt verlieren. Es droht erneut die Dauerbaustelle. Das wäre eher Plan B.

Plan C wäre ein neu geschweißtes Tretlager und mit hohen Kosten verbunden.

Plan A war einfacher. Ich würde ein korrektes Gewinde über das Fehlerhafte schneiden und mein Glück versuchen. Spachteln könnte ich danach ja immer noch. Schlimmer konnte es nicht werden.

Also einen eigenen Gewindeschneider angeschafft (falls ich den mehrfach brauche) und korrekt angesetzt (L rechts, R links). Da bereits früher ein korrektes Gewinde geschnitten war, fand der Gewindeschneider diese Spur wieder und begradigte die Bahnen erneut. Späne hob das Werkzeug fast keine mehr ab. Der Materialverlust war also minimal. Entsprechend gab es auch kaum Widerstand beim eindrehen.

Zu guter Letzt setzte ich beide Lagerschalen in der nun korrekten Ausrichtung ein und zog mit 40Nm (kräftig) fest. Das klappte gut, die ganze Aktion dauerte nur fünfzehn Minuten und hält nun dauerhaft.

Allerdings ist schon durch den ersten Fehlschnitt das Gewinde geschwächt worden und die Tretlagerschalen ließen sich nach der Korrektur sehr leicht eindrehen. Ich hatte beim ersten Festziehen Angst, das Gewinde würde brechen und daher ohne Fett gearbeitet. Das hinterließ ein zwar festes, aber leicht knackendes Tretlager. Eine Woche danach demontierte ich die Lagerschalen erneut, fettete sie leicht und baute sie wieder ein, wodurch das Geräusch verschwand.

Aus dieser Erfahrung heraus kann ich nicht empfehlen, das Tretlager seitenverkehrt einzubauen. Es geht zwar, wird sich aber ständig selbständig lösen.
Das Gewinde erneut zu schneiden, hat gemessen am Materialabtrag den Schaden nicht mehr vergrößert. Der größere Schaden ist bereits durch das erste Nachschneiden entstanden.

Ich würde zudem empfehlen, den Gewindeschneider, wenn es denn eine Hilfe brauch, eindeutiger zu beschriften. Statt R und L für Rechts und Links würde ich DS und NDS für Drive Side und Non Drive Side drauf schreiben. Oder auf Deutsch Antrieb auf die rechte Seite.
Und nochmals: Rechts ist da, wo auf dem Gewindeschneider L steht! schmunzel