Re: VSF - kaum noch Rohloff-Räder?

Posted by: Anonymous

Re: VSF - kaum noch Rohloff-Räder? - 03/03/18 03:49 PM

In Antwort auf: BeBor
In Antwort auf: AndreMQ
]Ja, heute ist es klassisch Tretlagermotor mit Primärübersetzung, hinten die Speedhub und eine elektrische Ansteuerung mit der Regelungselektronik verknüpft.

Die Reihenfolge E-Motor > Getriebe verwundert mich. O. k., ist elektronisch geregelt, aber Power auf der Getriebeeingangsseite ist doch beim Elektroantrieb mit konstantem Kraftverlauf über den Drehzahlbereich konstruktiv eher "falschherum". Mag mich irren, bin aber auch kein Maschinenkonstrukteur.

Bernd
O Gott, da ist man mal ein paar Stunden außer Haus und dann wieder diese Diskussion grins .
Beim Fahrrad soll nur möglichst wenig Motor und Akku installiert werden, die aber dann optimal am Reifen unterstützen und dies immer mit hohem Wirkungsgrad, d.h. aus Akkuleistung soll immer maximale mechanische Leistung am Reifen werden - also keine Akku-, Motor- und Umrichter-Heizung.
Gegen diesen Satz verstoßen alle aktuellen Pedelec-Systeme, weil er einfach klingt aber teuer in der technischen Umsetzung ist. Weiter sind sie keine Zusatzantriebe für den Menschen, sondern umgekehrt. D.h. ohne E-Antrieb sind sie nicht lange fahrbar. Damit scheidet so etwas für ein "richtiges" Reiserad aus und diese Nische interessiert auch keinen Pedelec-Anbieter. @goerdy hat das schon richtig formuliert: "Der Wirkungsgrad spielt, dank der immer größer werdenden Batterien, keine große Rolle für Otto-Normal-Verbraucher. Es kommt vielen nur auf die Reichweitenangabe im Katalog an".
Trotzdem zur Antriebstechnik etwas vereinfacht: Die gleiche Leistung am Reifen (z.B. bewußt nur die wenig klingenden 100W) spaltet sich z.B. am Berg in 72N Kraft bei 5km/h auf und in der Ebene in 14,4N Kraft bei 25km/h. Bei einem Menschen mit nur etwa 150W sind 100W zusätzlich eine richtige Unterstützung. Aber sie müssen am Reifen wirken und nicht nur den Motor wärmen. Warum arbeiten dann heutige Pedelec-Systeme mit 250W, 500W etc? Bei nur "Eingang" sieht der Motor Drehzahl 1:5 (kein Problem) und Drehmoment 5:1. Letzteres stellt die Frage, worauf der Motor dimensioniert werden soll, denn die Größe wird vom Dauerdrehmoment bestimmt und nicht von der Dauerleistung. Will man also die volle Unterstützung am Berg, dann muss der Motor mit einem Gang auf entsprechend 72N ausgelegt werden. In der Ebene behält er aber die Fähigkeit zu 72N und erzeugt bei 10km/h bereits 200W am Rad und bei 25km/h 500W - damit kann man mehrere Anhänger gleich ziehen. Irgendwann muss man dann auch die Spannungsgrenze des Umrichters setzen. Was hat man jetzt also gebaut? Man hat einen 500W-Antrieb gebaut und bezahlt, den man aber auf 100W elektronisch begrenzen könnte (oder eben nicht). Das sieht dann übrigens wie das sogenannte Reihenschlußverhalten aus, ändert aber nichts, vor allem aber ist der echte Reihenschlußmotor ein schwerer, kollektorbehafteter, PM-freier Dinosaurier mit mieserablem Wirkungsgrad. Er steckt heute noch in Haushaltsgeräten und Bohrmaschinen, weil es keine EU-Wirkungsgradvorschriften dafür gibt.
Soll aber wirklich nur ein Motor für maximal 100W eingesetzt werden und auch nur ein Umrichter, der den Motor mit eben maximal 100W speist, muss dieser die 5:1-Drehmomentanforderung wie der Mensch über ein Getriebe abfangen können. Damit die 100W aber nicht in Getrieben und Übertragungselementen hängen bleiben, benötigt man beste Mechanik und trotz der vielen Gänge wenig davon gleichzeitig am drehen. Schmutzige Ketten und fettgeschmierte Nabenschaltungen - die auch noch zu schwach sind - alles Mist. D.h. es kann nichts von vorhandener Fahrradtechnik übernommen werden, alles muss optimal auf dieses Ziel neu entwickelt werden. Wenn dann noch die nötigen Freiläufe dabei sein müssen, damit der Antrieb komplett herausgeschaltet werden kann und diese ggfs. sperrbar für Rekuperation (jede Wh zählt auf Reisen!!) dann sieht man mal den Mechanikaufwand. Außerdem soll es wenig wiegen und zuverlässig sein. Alles machbar, aber teuer. Für Reiseräder alleine sicher nicht, für andere auch nicht, deshalb der heute übliche Weg, deutlich einfachere Technik zu nehmen, die Gangzahlen zu reduzieren und statt dessen die Motoren und Akkus höher zu dimensionieren. Da dies von der Kundschaft nicht negativ bewertet wird - alles ok. Zur Erinnerung: es ging mal um einen Zusatzantrieb für einen 150W-Menschen!
Hier der Link zur E-Pinon-Studie von 2011. Man sieht gut, die Idee eben die vorhandenen Gänge dem Motor auch zur Verfügung zu stellen. Aber auch hier ist die Gangzahl auf 8 reduziert worden, weil der Betrieb ohne Motor wohl nicht im Fokus stand und mit 750W hat der Motor eine zu hohe Leistung, ist aber als Schnellläufer sehr kompakt (Drehmoment bestimmt die Motorgröße nicht Leistung). Allerdings saugt er trotz seiner geringen Größe natürlich mit 750W am Akku.