Posted by: veloträumer
Re: Koreanischer Reiseradler von Polizei abgezockt - 09/26/13 12:13 PM
In Antwort auf: inga-pauli
So läuft das hier - aber hinterm Gebüsch Radlern auflauern, weil die bei rot über die Ampel fahren - das können die! Man muss halt Prioritäten setzen

Auch wenn wir uns viele der Argumente teilen, möchte ich jetzt die Polizei weder zu Radfahrhassern noch zu Ausländerfeinden stilisieren wollen. Beides halte ich für unzutreffend. Eher ist ja der Kern meines Gedankens, wie Jochen auch noch weiter ausgeführt hat, dass Kontrollen nicht unbedingt dem Geist des Gesetzgebers entsprechen, sondern anderen niederen Beweggründen wie Rentabilität etc. Damit meine ich auch ausdrücklich, dass die Polizei auf die gleiche Weise und noch viel stärker Autofahrer kontrolliert. So geht es den Kontrolleuren weniger um Verstöße, die behindern und gefährden, als eben um betriebswirtschaftliche Effizienz. Und das hat eben nicht unbedingt etwas mit dem Gesetzesauftrag der Wahrung der Verkehrssicherheit zu tun. Sicherlich gilt das nicht für alle Kontrollen.
Knöllchenverteiler in Wohngebieten, wie z.B. hier in Stuttgart, wo neue Anwohnerausweise verteilt wurden, erweisen sich als Goldgrube. Es wird ja sogar offen ausgesprochen, dass die neuen Hightech-Parkuhren und die Umbaumaßnahmen durch entsprechende Gebühren und Verwarngelder wieder reingeholt werden müssen, der return of investment ermittelt wird und danach die Einnahmen sprudeln sollen. Mir scheint jedoch selten der Umbau so gelungen, dass ich darin einen ökologischen und wohnbaulichen Vorteil erkennen kann, noch dass sich die zuweilen hohen Investitionen sich wirklich rechnen. Sparsame Straßensanierungen sind jedenfalls unpopulär, es wird immer geklotzt bis zur verkehrstechnischen Ineffizienz (Stichwort Kreiselmania). Es scheint mir eher das Bestreben zu sein, den Greifarm in des Bürgertasche zu verlängern, um noch mehr Unsinn zu finanzieren. Ich will auch nicht verhehlen, dass ein guter Teil des Volkes den Unsinn will. Demokratie ist eben nicht immer von Klugheit geleitet.
Andere Kontrollen werden natürlich auch manchmal zur Abschreckung inszeniert. Wenn in der Zeitung steht, dass 92 Radfahrer erwischt bzw. verwarnt wurden, hofft man einerseits auf eine generelle abschreckende Wirkung (auch wenn es effektiv nur Bagatellen waren). Anderseits spiegelt sich darin eher auch das Voyeuristische des Bürgers und der entsprechenden Medienwelt wieder, in der eben manche Verfehlung des Radlers gegenüber dem alltäglichen Autowahn überhöht wird. Fahren sich Autofahrer mit überhöhter Geschwindigkeit zu Tode, sieht man das in unserer Gesellschaft eher als normal an - gehört dazu. Fährt ein Radfahrer vor den Augen der Polizei bei Rot über die Ampel, ist das natürlich ein Leckerbissen für eine allgemeine Schelte der Radfahrer, die man im Gegensatz zu den Autofahrern als eine "spezielle" Gruppe wahr nimmt.
Bleibt mir noch etwas zur irrigen Diskriminierungsthese zu sagen: Ich habe mal ein mexikanisches Studentenpaar gekannt. Sie sind eines Tages auf dem Weg von oder zur Uni (mit Auto) in eine stichprobenartige Alkoholkontrolle gekommen. Es gab zwar kein Alkoholproblem, aber ich glaube der Führerschein fehlte bei der Kontrolle. Ich glaube, sie mussten ein kleines Bußgeld bezahlen für nicht mitgeführte Papiere. Ich hatte auch mal so einen Fall, da sind die Polizisten mir aber zur Wohnung nachgefahren, und haben nach Durchsicht des sodann hergeholten Führerscheins mich ohne Bußgeld ziehen lassen. (Obwohl mein afrikanischer Beifahrer stark alkoholisiert die Polizisten etwas ungünstig "angemacht" hatte.) Der Mexikaner glaubte nun, sie seien nur angehalten und mit Buße belegt worden, weil sie Ausländer seien (Anm.: nur die Frau hatte einen indianisch-braunen Gesichtszug). Ich habe beide immer wieder versucht zu überzeugen, dass diese Kontrolle keinerlei diskriminierendes Elementen hatte, auch nicht das Bußgeld. Es sei eben zufällig mal so oder mal so. Ich konnte sie leider nie von meiner Position überzeugen und glaube, dass sowohl einige überempfindliche Ausländer wie auch politisch kritische Deutsche manche Alltagssituation überinterpretieren. Das zeigt sich auch daran, dass ein Teil der anderen Latinos, die in der damaligen Gruppe mit mir zusammen waren, ebenfalls darin keine Diskriminierung sehen konnten. Die Unterstellung der Diskriminierung kam eher typischerweise aus der linksintellektuellen Teilgruppe. Die neutralen "Pragmatiker" sahen es anders.