Posted by: veloträumer
Re: Koreanischer Reiseradler von Polizei abgezockt - 09/24/13 11:20 AM
In Antwort auf: Hulle
In Antwort auf: veloträumer
Dass etliche Blitzeranlagen mehr zur Gemeindekassenfüllung gedacht sind als zur Verbesserung der Verkehrsmoral, ist nun wirklich kein Geheimnis mehr
Na und, wo liegt das Problem - an den Kontrolleuren oder am "Falschfahrer"?
Wenn ich ehrlich sein darf, ich finde der Verkehr wird viel zu wenig kontrolliert und die Strafen sind auch in der Regel nicht abschreckend genug (die skandinavische einkommensabhängige Variante ist da mein Liebling).
Du argumentierst nur auf der Basis "Gesetz ist Gesetz". Das Problem liegt in der Legitimation und Akzeptanz. Jedes Gesetz braucht eine Legitimation, um akzepiert zu werden. Diese darf nicht durch planlose bis willkürliche Anwendung des Gesetzes willen ausgehöhlt werden. Es gibt ja auch Gesetze, die wieder abgeschafft werden, wenn sie sich nicht bewährt haben. Die Exekutive (Polizei) hat also ein (Beamten)Pflicht, auch auf eine nachvollziehbare Einhaltung von Gesetzen zu achten - also immer auch mit Blick auf einen gewissen Spielraum (s.o.). Hier im Forum gibt es übrigens eine recht große Gruppe, die regelmäßig gegen Verkehrsvorschirften verstößt - nämlich alle, die Radwegbenutztungspflicht ganz oder teilweise ignorieren. Die Radwegbenutzungspflicht ist ein Beispiel für eine Gesetzesvorschrift, die großflächige Akzeptanzprobleme hat.
Interessanterweise kommen da selten Vorwürfe aus der Ecke der Gesetzestreuen hier, Rotlicht hingegen scheint Alarmgene auszulösen.
Je mehr der Zusammenhang zwischen Fehlverhalten und Gefahrenlage bei einer Kontrolle sichtbar wird, desto eher wird die Strafe akzeptiert und kann einen Erziehungserfolg nach sich ziehen. Ich war mal in einer Alkoholkontrolle und hatte dabei sehr viel Glück (Röhrchen waren keine mehr da). Danach habe ich kategorisch Alkohol als Fahrer abgelehnt - auch weil mir der Gefahrengehalt klar geworden ist. Wird die Verkehrssicherheit nur als Vorwand für eine Kontrolle benutzt, hinterlässt das beim betroffenen Fehltreter wenig Einsicht. Soweit ich kostenpflichtig mit Velo im Verkehr verwarnt wurde, hat das keineswegs irgendeine verändertes sicherheitsrelvantes Verhalten bei mir ausgelöst. Ich könnte auch sagen, ich wüsste nicht, welches Verhalten ich ändern müsste, um dadurch größere Sicherheit für andere und mich zu erzielen.
Ich nenne dir noch ein weiteres Beispiel (ebenfalls Konstanz 1990er-Jahre): Ich wurde auf dem Rückweg von meinem Arbeitsplatz durch die Fußgängerzone (natürlich mit Rad) von einem Polizisten kostenpflichtig verwarnt (es waren wohl 10 DM). Der Knackpunkt an der Sache: Zu den morgendlichen Zeiten mit eher weniger Fußvolk ist die Fußgängerzone für den Lieferverkehr freigegeben. Würde ich also ein Kiste Schampus zu einem Weinhändler bringen, hätte ich sogar mit einem Geländewagen oder Transporter da herfahren dürfen. Es ist kaum anzunehmen, dass ich als Radfahrer mehr Fußgänger belästige als die Auto-Lieferanten. Kurios wäre es geworden, wenn ich Fahrradkurier gewesen wäre. Du kannst davon ausgehen, dass der Polizist zunächst nur Autos als Lieferanten akzepiert hätte, und ich mein Recht auf Radlieferantenstatus nachträglich mir gerichtlich hätte erstreiten müssen.
Ich habe übrigens in selbiger Fußgängerzone auch schon mit Auto Möbel angeliefert - und zwar nach der offiziellen Lieferantenzeit. Das ging gar nicht anders, war zudem noch ein Weihnachtssamstag. Das wurde auch akzepiert, wenn auch ein paar Geschäfteinhaber uns (gab noch einen Kollegen) mächtig unter Druck gesetzt haben. Auch hier hätte die Polizei Bußgeld fordern können, wäre aber ebenso unangemessen gewesen. Da wir das Auto schnellst möglich nach Entladen wegfuhren mussten, verblieb ich allein mit den Möbeln zum Rauftragen, während der Kollege über die Schweizer Grenze fuhr, um einen Parkplatz zu finden. Dabei missachtete er, dass er Neuware noch im Auto hatte, die zollrechtlich deklariert hätte werden müssen. Auch hier hatten wir Glück, da nach längeren Diskussionen die Zöllner den Kollegen schadlos haben ziehen lassen. Eben auch wieder eine Frage der Angemessenheit.