Posted by: Dergg
Re: Wildes Campen/Zelten - 06/01/13 03:38 PM
In Antwort auf: StephanBehrendt
Ich verstehe, dass die Menschen in Kalkutta auf der Straße schlafen: sie leben dort und sie haben Nichts. Aber wir müssen hier im Alltag nicht auf der Straße leben und die hier Schreibenden tun es vermutlich auch nicht. Warum sollen oder wollen wir es dann um Gottes Willen mit aller Gewalt im Urlaub machen?
Mit Gewalt hat das nichts zu tun. Typischerweise bewege ich mich so 50/50 zwischen fester Unterkunft und Zelten, letzteres länderspezifisch eher wild oder offiziell.
2011 in Italien z.B. fand ich die 3 von mir benutzten offziellen Zeltplätze entweder mittelmäßig und überteuert (22 Euro) oder mittelteuer (13-14 Euro) und total verdreckt bzw. lärmend. Für das Gefühl, wichtige Geschäfte aus hygienischen Gründen besser im nächsten Wald zu verrichten, ist das eindeutig zuviel Geld. So kam das Verhältnis wild:offiziell am Ende auf 6:3. Manchmal ging es auch gar nicht anders - Aspromonte am Nachmittag bergauf mit schon 100km Hügel von Catania nach Messina in den Beinen habe ich kurz vor Dunkelheit auf halber Höhe aufgegeben - ich wußte nicht, daß man noch auf 1300m hinauf muß. Ganz anders 2012 in Frankreich. Dort findet man fast überall für um die 10 Euro einen hübschen, kleinen Camping Municipal o.ä.
In der Ost-Türkei bin ich schonmal vor dem Ungeziefer in meinem Zimmer geflohen und habe mitten in der Nacht an einer Baustelle das Zelt aufgestellt. In Balkan-Ländern ist manchmal einfach nichts. In Deutschland kommt man sich als Einzelreisender für 1 Nacht bei Privatpensionen oft wie ein ungeliebter Bittsteller vor (Für wie lange denn? Alleine, eine Nacht? Tut mir leid, da haben wir nichts mehr frei). Hinterläßt mehr Pennergefühl als eine Parkbank. Hotels könnte ich mir zwar leisten, aber ich mag das Ambiente nicht. Ich fahre auch mal gerne bis spätabends, da möchte man niemanden mehr mit dem Wunsch nach Unterkunft belästigen.
Dann doch lieber der Waldrand. I.d.R. baue ich das Zelt erst bei Sonnenuntergang auf und frühmorgens wieder ab. Abendliche Koch-, bzw morgendliche Frühstückorgien sind mir fremd. Normalerweise sieht einen dabei keiner, wenn doch mal jemand mit dem Hund vorbeikommt, grüßt man freundlich und gut ist. Streß hatte ich dabei nur einmal, mit dem tadschikischen Militär. Die waren sehr besorgt, die Taliban könnten mich über den Fluß rüber erschießen. Zum Glück kamen gerade keine vorbei, die Lichtkegel ihrer Taschenlampen hätten ein vorzügliches Ziel abgegeben. Leider diskutiert es sich schlecht mit einem Menschen, der ein AK47 in der Hand hält.