Re: Fehlendes Fahrradticket

Posted by: leler

Re: Fehlendes Fahrradticket - 06/07/12 08:42 PM

Hallo zusammen,

auch wenn hier schon lange niemand mehr geschrieben hat - darf ich Euch eine Geschichte über ein fehlendes Fahrradticket zum Besten geben?

Letzten Freitag wollte ich mal sportlich sein und nach Feierabend die Strecke Leipzig-Dresden per Rad absolvieren. Nach 60km z.T. auf der B6 entschloss ich mich den Bahnhof Dahlen(Sachsen) anzusteuern und von dort aus den Zug zu nutzen. Wer schon mal in Dahlen war, weiß, dass man dort keinen Schalter erwarten kann .-) Also schnell am Automat ein Ticket für mich gelöst. Als ich anschließend auch noch das Fahrradticket lösen wollte, nahm das Unheil seinen Lauf. Für die 4,50 EUR, die noch in Münzen dabei hatte, gab´s natürlich keine Fahrradkarte Nahverkehr. Und den 20-EUR-Schein nahm der Automat nicht, da er auf maximal 10-EUR-Scheinen bestand. Offenbar sind 15 EUR als Rückgeld nicht vorgesehen. Wäre ich nicht braver BC50-Bahnfahrer und hätte nicht 5,55 EUR für den Personenfahrschein Dahlen>Weinböhla sondern 11,10 EUR gezahlt, dann hätte mir der Automat vermutlich gewechselt. Dass ich dafür später bestraft werden würde, war mir in dem Moment noch nicht bewußt.
Gleich beim Betreten des DB-Regionalexpresses wurde ich kontrolliert und auch nach dem Fahrradticket gefragt. Folglich habe ich die Umstände geschildert - in der Hoffnung, ein Ticket nachlösen zu können. (Bisher war dies nie ein Problem gewesen. Vielleicht war ich auch nur immer in den "richtigen" Zügen unterweges, für die der Zweckverband den Fahrkartenverkauf im Zug vorgesehen hat?) Dazu muss man wissen, dass die Grenze zwischen dem Verkehrsverbund MDV (Region Leipzig), in dem die Fahrradmitnahme kostenlos ist, und dem Verkehrsverbund VVO (Region Dresden), in dem die Fahrradmitnahme kostenpflichtig ist, zwischen Oschatz und Riesa verläuft. D.h. ich war zu diesem Zeitpunkt (und bis zum nächsten Bahnhof) nicht nur im Besitz eines gültigen Fahrscheines für mich sondern auch für mein Fahrrad.
Der Azubi war offensichtlich ratlos und rief seine Ausbilderin dazu. Auch dieser schilderte ich das Problem am Automaten. Aus ihrer Sicht hätte ich aber beide Fahrkarten mit dem 20 EUR schein bezahlen können. Ich hätte nur zuerst die Fahrkarte lösen und dann vor dem Bezahlen auf "weiteren Fahrschein" drücken müssen, worauf ich beides zusammen bezahlen hätte können und der Automat bei insgesamt 10,55 EUR den 20-EUR-Schein akzeptiert und 9,45 EUR in Münzen herausgeben hätte. Hmm, nun fahre ich schon viele Jahre mit der DB und nutze die Automaten regelmäßig, aber dieses Feature kannte ich noch nicht. (Als nicht Bahnangehöriger ist man ja oft schon froh, wenn man das Fahrradticket auf Anhieb am Automaten findet.) Erneute Ratlosigkeit beim Azubi und ein fragender Blick zur Ausbilderin, die schnippisch meinte: "Das müssen Sie jetzt entscheiden." Erneutes Nachdenken, dann die Belehrung: Ich sei ohne gültigen Fahrschein, im Zug würden grundsätzlich keine Fahrschein verkauft und normalerweise müsse ich 40 EUR erhöhtes Beförderungsentgelt bezahlen. Aufgrund der Situation würde man mir aber entgegenkommen und einen personalisierten Fahrschein verkaufen Dazu bräuchte man jetzt meine Personalien. Wenn ich innerhalb eines Jahres nicht "auffällig" werden würde, dann würden mir die 40 EUR erlassen.
Das habe ich abgelehnt. Nur weil die DB mir in Dahlen nicht den Erwerb eines Zusatztickets ermöglicht lasse ich mich nicht wie ein Schwarzfahrer behandeln! Den Verkauf eines Tickets ohne Erfassung der Personalien lehnten die beiden Kontrolleure ab. Auf meine Frage, ob ich nicht in Oschatz schnell am Automaten nachlösen könne, kam nur ein: "Geht nicht, der Zug wartet nicht auf Sie, wir haben sowieso schon Verspätung." Uneinsichtig wie ich war, bat ich darum, mir zeigen zu lassen, wo in den Beförderungsbedingungen denn steht, dass ich das Fahrgeld passend bereit zu haben habe? Einen entsprechenden Passus konnte man mir nicht vorzeigen, aber dafür in den VVO-Beförderungsbedingungen Diverse, die regeln, dass ich als Kunde vor dem Betreten ein Ticket zu erwerben habe. Wie ich das mache und was ich machen soll, wenn das Ticket zu billig oder mein Geldschein zu groß ist, scheint laut Beförderungsbedingungen nicht Problem der Bahn sondern ausschließlich des Kunden zu sein. Nach ca. 7 Minuten Diskussion wurde mir auch noch vorgeworfen, ich sei in Oschatz nicht ausgestiegen, um mir eine Leistung zu erschleichen, was mit Sicherheit nicht meine Absicht war.
Irgendwann wurde es mir dann einfach zu blöd und ich beugte mich den beiden Bahnmitarbeitern, die offenbar haargenau nach DB-Vorschriften vorgingen, und stieg in Riesa aus. Den Rest der Strecke bin ich den Elberadweg entlang gerollt und habe versucht, den Rest des Abends - so gut wie möglich - zu genießen.

Frage an die Bahnexperten:
1. Muss ich jetzt froh sein, dass die DB-Mitarbeiter nicht auch noch die Bundespolizei gerufen haben und diese mich "erkennungsdienstlich behandelt" hat?
2. Bin ich als Bahnkunde verpflichtet, das Fahrgeld passend bereit zu halten?
3. Drohen mir "Konsequenzen", wenn ich dieses kundenunfreundliche Vorgehen bei der DB, dem beiden Verkehrsverbünden, dem Zweckverbänden und dem Ministerium anprangere?

Aus meiner Sicht gibt es langfristig nur eine Lösung:
Die Zweckverbände, die die Bahnleistungen bestellen, müssen in den Ausschreibungen fordern, dass Tickets auch in der Bahn zu erwerben sind und die Verkehrsverbünde müssen regeln, dass die Fahrradmitnahme kostenlos ist. Überall da, wo die Auftraggeber darauf wert legen, geht es ja und dann kann man - welch Wunder - in Zügen der DB, die ja angeblich im Nahverkehr keine Tickets in den Zügen verkauft, im Zug auch Tickets erwerben - genauso wie bei den Konkurrenten der DB. Nur freiwillig macht es die DB eben nicht :-(

Bin auf Eure Meinung gespannt.
Vielen Dank.