Re: Aufforderung an Reiseradler, spez. Norwegen

Posted by: ungua

Re: Aufforderung an Reiseradler, spez. Norwegen - 08/21/11 07:53 PM

Ich finde, einige meiner Argumente wurden dann doch wieder überzeichnet. Um es noch mal ganz klar zu sagen: Ich will nicht Rad fahren verbieten, und auch nicht alles radeln in allen Tunneln verbieten. Ich bitte hier um Respekt vor existierenden Verkehrsregeln und damit um Respekt voreinander als ernstzunehmender Verkehrsteilnehmer. Wenn dann eine Handvoll Radfahrer täglich (zehn-) tausenden von Kraftfahrern das Durchqueren von Tunneln verbieten wollen, hier einer der Vorschläge, fällt es mir, ehrlich gesagt, sehr schwer, das ernst zu nehmen.

@bk1, einige Begriffe hast Du zerlegt, ohne den Hintergrund in meinem langen Text zu würdigen. "Heimat" ist umschrieben als ein Zuhause, indem man die Regeln und den politischen Hintergrund kennt. Als Beispiel da mein Versuch, als Exildeutscher, der fast zehn Jahre in Norwegen lebt, die skandinavische Idee von Sicherheit und Verkehrsregulierung in ihrem eigenen Kontext zu erklären. Hintergrund dafür ist, dass ich vermute, dass die Radler, die ich im Ausgangspost beschrieben habe, nie geplant haben, in dunklen, giftigen Tunneln ohne Licht unterwegs zu sein. Alles, was ich wollte, war den Fokus auf gute Planung und Sicherheit zu lenken. Infrastruktur zu diskutieren oder gar zum Ignorieren von Verkehrsregeln zu inspirieren lag mir sehr fern. Ergo wollte ich allen anderen, die wie ich die Freude an der Radreise teilen, solche Situationen wie oben beschriebenen ersparen.

Das Begriffsproblem gilt auch der Stadt. Ich denke, ich war sehr deutlich, dass es mir um den Geschwindigkeitsunterschied zwischen Fahrzeugen und die Übersichtlichkeit von Verkehr ging. Hier rede ich nicht von Verboten, sondern einfach von "common sense".

Zitat:
Research shows 85 percent of motor vehicle-bicycle crashes follow turning or crossing at intersections. Freeway travel eliminates almost all those conflicts save at entrance and exit ramps - which, at least on those freeways where cycling has not been banned, have sufficient room and sight for cyclists and motorists. An analysis of crashes in Arizona showed no safety problems with cycling on freeways. Fewer than one motor vehicle-bicycle crash a year was recorded on nearly 2000 shoulder-miles open to cyclists in Arizona.
... was in den diskutierten Tunneln nicht der Fall ist. Das sind doch wirklich zwei ganz krass unterschiedliche Situationen, wie Tag und Nacht. Ein gewundener, schmaler, unübersichtlicher, schlecht beleuchteter und schlecht belüfteter Tunnel ist kein amerikanischer Freeway mit über drei Meter breiter Schulter. Bemerkenswert, dass ich das überhaupt kommentieren muss!

Des weiteren ist erneut zu unterstreichen, dass ich mich auch sehr über ein mehr fahrradfreundliches Land freuen würde und das nach allen Kräften unterstütze. Es ist aber momentan nicht der Fall und ich sehe weiterhin nicht, dass man daraus schliessen soll, Verkehrsregeln zu brechen und die eigene Sicherheit sowie die anderer zu gefährden.

Ich sage ausserdem nicht, dass Reiseradler eine niedrigere Priorität haben. Was ich sage, ist, dass diese eine sehr, sehr kleine Gruppe ausmachen, prozentual gesehen. Das erhöht deren "Überraschungsmoment" für den Rest des Verkehrs, besonders wenn deren Anwesenheit eigentlich verboten ist, und besonders wenn diese obendrein unbeleuchtet unterwegs sind. Ob "Freizeit-" oder "Nutzfahrt" sei dahingestellt, Fakt ist aber, dass man seinen Urlaub - ganz klar Freizeit - nicht mit offenen Augen so gestalten sollte, dass man Verkehrsregeln bricht. Bu[esszett]e oder nicht! Folglich: Im Urlaub ist es nicht so schlimm, einen kleinen Umweg zu fahren, denn da hat man Zeit. Es ist eine Aufforderung, die mit den Verkehrsregeln nichts anderes zu tun, als dass ein nicht diskriminierendes Verbot besteht, und Pendler dieses respektieren. Warum nicht auch Urlauber? Was ist das für eine Urlaubserinnerung, zu wissen, dass vor einem selbst auf elektronischen Tafeln gewarnt wird, weil man eine Gefahr für den Verkehr ist?

Zitat:
Nein, ich verstehe das Recht auf Autoverweigerung so, daß man auch ohne Auto und sogar aus eigener Kraft ohne nennenswerte Umwege oder Behinderungen überall hinfahren kann, wo man mit dem motorisierten Individualverkehr hinkommt.
Du verstehst es so, und es ist eine Meinung, die man als solche - Meinung - respektieren sollte. Das "Recht auf Autoverweigerung" existiert allerdings (noch) nicht! Die Strassenverkehrsordnung allerdings schon. Eine Folge: Sollte etwas passieren, deckt keine Versicherung eventuell entstehende Kosten. In dem Sinne möchte ich auch HvS antworten: Eine Meinung ist eine Meinung, aber Radfahren auf für Radfahrer gesperrten Strassen ist eine Handlung. Riesenunterschied!

Ich bezweifele leider, dass der Tunnel nach Karmøy oder der Jondalstunnel für Radfahrer geöffnet werden. traurig

Wenig überraschend bin ich vollkommen einig mit mstuedel, Oldmarty & Uwe Radholz. In Norwegen gibt es auch eine Menge Wege, die für Pkw gesperrt sind - obwohl man perfekt auf ihnen fahren könnte, ohne Problem. Als Kraftfahrzeugführer akzeptiere ich dieses Verbot ganz genau so, wie ich das Tunnelverbot als Radfahrer akzeptiere. Auch sehe ich den Diskussionsbedarf dort nicht. Sich am Kommentar der "deutschen Brille" zu ärgern, verstehe ich nicht - denn genau darum geht es doch: Regeln in einem anderen Land in deren Kontext zu verstehen und zu akzeptieren.

Vielleicht muss man das überzeichnen, um es deutlich zu machen. Wenn Ihr "Ich entscheide das selbst"-Freunde in Zentralasien unterwegs seid, erzählt Ihr doch auch Eurem Wirt nicht, dass man Essen mit Bestick isst, dass man Häuser aus Stein bauen sollte, und dass man doch, bitteschön, gleich noch die Verkehrsregeln mit ändern kann? zwinker