Re: Abstimmung zur Helmpflicht

Posted by: Radeldaniel

Re: Abstimmung zur Helmpflicht - 10/20/03 05:04 PM

Hab mal weiter nach Daten gesucht, die Frage läßt mich nicht los, und zwar hier. Danach soll mit Fahrradhelm die Verzögerung eines 5 kg schweren Testkopfes unter 300g liegen, wenn dieser

mit 110 J auf einen ebenen Amboß

mit 72 J auf einen halbkugelförmigen Amboß

mit 72 J auf einen Amboß mit Kante

fällt. Motorradfahrer fallen gemäß der Standards schneller (auch 5 kg, aber 150 J, kann ich mich vielleicht noch mit anfreunden, vmax(Motorrad)>200 km/h, vmax(ich)=86 km/h) und im Gegensatz zu mir gleich schnell gegen die drei unterschiedlichen Aufprallflächen (HÄ???). Denkt der Autofahrer, der mich anfährt, etwa "oh, der wird gegen die Leitplanke statt auf den Asphalt fliegen, also fahre ich ihn lieber langsamer über den Haufen"? Gibt es Statistiken, die die Auswirkungen des Helmtragens auf das Verletzungsrisiko zeigen? Bisher habe ich leider nur Aussagen der Helmindustrie gesehen, die gebetsmühlenartig wiederholt werden. Konkrete Zahlen, z. B. ein Fahrer der Masse m, der mit x km/h (und bitte ein Wert über der Fallgeschwindigkeit eines Fußgängers!!!) in der Richtung y auf das Hindernis z prallt, hat mit dem Helm Musterhelmfirma Mustermodell noch soundsoviel g am Kopf aufzunehmen gegenüber soundsoviel ohne Helm. Bei Autos wird das seit Jahrzehnten in aufwendigen Versuchsreihen mit Dummies gemacht und die Öffentlichkeit darüber informiert.

Ich finde es schon sinnvoll, ein empfindliches Körperteil wie den Kopf beim Radfahren zu schützen, halte sowohl Helmzwang als auch Werbung fürs Helmtragen aber für kontraproduktiv für die Förderung des Radverkehrs. Es wird nämlich automatisch der Eindruck erweckt, Radfahren sei eine besonders gefährliche Extremsportart, also fährt Otto Normalverbraucher dann eben lieber im Auto ("ungefährlich, weil ohne Helm benutzbar, und weil es jeder macht") als mit dem Rad ("die müssen Helme tragen, weil sie immer wieder auf den Kopf fallen"). Ursache für tödliche Unfälle ist meistens zuerst unangepaßtes Verhalten von Autofahrern ("ich darf 50 im Ort fahren, mit Kindern, die plötzlich auf die Straße rennen, muß ich nicht rechnen, denn die dürfen das ja nicht, und wegen der Meßwerttoleranz bei Radarkontrollen fahre ich lieber 60, das kostet ja nicht so viel"). Es wäre sinnvoller, das Übel an der Wurzel zu packen, z. B. mit Tempo 30 generell in Ortschaften, Tempo 80 auf Land- und Bundesstraßen, besserer Aufklärung sowohl von Radfahrern (z. B. lieber nicht rechts an Rechtsabbiegern vorbeifahren) als auch Autofahrern, Betrachtung von Radfahrern als normale Verkehrsteilnehmer statt als Randgruppe...
Damit könnte man sicher mehr Leben retten als mit Helmzwang.

Übrigens, ein Helmzwang für Autofahrer hätte diese Folgen:
- weniger Autoverkehr (Cabrio fahren mit Helm - örx!), also weniger tote Radler
- Klimaabkommen könnten endlich umgesetzt werden
- weniger Kopfverletzungen bei Autofahrern
- mehr Radverkehr, denn nur auf dem Rad oder zu Fuß kann man sich noch so schön den Wind durchs Haar wehen lassen
- deswegen nochmal verhältnismäßig weniger tote Radler, denn mehr Radverkehr wird von Autofahrern besser wahrgenommen und berücksichtigt

Daniel