Re: Radreise finanzieren???

Posted by: Lord Helmchen

Re: Radreise finanzieren??? - 02/25/10 09:40 AM

Die Finanzierung von Radreisen sit doch immer eine Frage der Prioritäten. Wer wirklich reisen will, der schafft es. Ein Bekannter von mir ist schon durch Afrika gelatscht, ist immer wieder lange weltweit unterwegs. In Deutschland lebt er in einer WG in der Kleinstadt (sehr geringe Mietausgaben). Hat immer 2-3 Jobs (hier und da, Nachtdienst im Hotel, Bauhelfer), bestellt die Gärten von alten Leuten, die es nicht mehr selbst schaffen. Die Kleidung ist einfach, robust und markenfrei. Er ist ein offener, positiver Mensch, hat überall auf der Welt Freunde und kommt auf Reise immer irgendwo unter (Gegenbesuche finden statt).
Dass diese Lebensweise keine Weibchen anzieht, die gut versorgt Kinder zeugen wollen, sollte klar sein. Und das Rentenkonto quillt auch nicht über vor Punkten. Aber er wirkt mit seinen Prioritäten und seinem Leben ziemlich glücklich.

Radreisen kann man aber auch mit Familie gut arrangieren. Meine Eltern sind mit uns drei Kindern mehrmals wochenlang durch Deutschland geradelt, statt zum nächsten weißen Strand zu fliegen. Der Verzicht auf ein Auto hat bei der Finanzierung geholfen, aber jedes Jahr lässt sich so ein Familienurlaub natürlich nicht machen (wenn ich mich recht entsinne).
Auch ist mein Vater mit knapp 60 ein halbes Jahr in Griechenland unterwegs gewesen. Das Sabbatjahr ist inzwischen bei immer mehr Arbeitgebern bekannt.

Finanzierung von Radreisen: Großverdiener sein oder sich einschränken. So einfach ist das.


Jetzt möchte ich noch meinen Senf zum ALG II loswerden. Wenn wieder jemand schreibt "Aber die Leute in Afrika wäre froh über 350 Euro" möchte ich entgegnen: Solzialleistungen müssen sich an der Gesellschaft orientieren, in der sie bezahlt werden. Zahlt man den Arbeitslosen so wenig Geld, wie wir es tun, schließt man sie damit defacto aus der Gesellschaft aus. Und das ist Dumm! Wer an der Gesellschaft nicht mehr teilnehmen kann, der wendet sich gegen sie, man sieht es in jedem Sozialghetto dieses Landes. Was wir an "Schmarotzertum" (also Aufgeben) und an "Verrohung" und Gewalt sehen, ist u.a. eine Folge der Sparpolitik an den Bedürftigen, für die es oft keine Arbeit gibt. Meiner Meinung nach sollten wir Steuerzahler es uns leisten, solche Menschen besser zu unterstützen. Der Gewinn, den die Gemeinschaft dadurch hätte, ist es mir persönlich wert, auch die Schmarotzer mitzufinanzieren. Je weniger einschneidende Unterschiede es gibt, desto harmonischer funktioniert eine Gesellschaft. Und ich persönlich habe keine Lust, bei der Fahrt durchs Ghetto Schläge angedroht zu bekommen (gestern passiert), im Osten von Arbeitslosen und gefrusteten Nazihorden gejagt zu werden, und in 10 Jahren in einer Gated Community leben zu müssen.
Falls einer meint, das wäre nicht finanzierbar: Wir erwirtschaften in Deutschland pro Kopf (das schließt Säuglinge mit ein) irgendwas um die 35 000 Euro im Jahr. Würde man dieses Geld (nach den nötigen Neuinvestitionen etc) gerechter aufteilen, hätten wir eine gleichmäßigere, besser funktionierende Gesellschaft mit einem vernünftigen Bildugssystem und all solchen Annehmlichkeiten. Von 2001 bis 2008 hatten wir im Schnitt knapp 1,5% Wirtschaftswachstum pro Jahr - während die Löhne nichtmal um die Inflation erhöht wurden, also gesunken sind (man informiere sich über Reallöhne)! Es schallt regelmäßig aus allen Medien: Die Schere zwischen Arm und Reich spreizt sich immer weiter auf. Gäbe man den Arbeitnehmern, also den braven Steuerzahlern mehr von den hier erwirtschafeten Werten, statt sie als Aktiendividenden auszuschütten, bräuchten wir über die Finanzierung von Arbeitslosen nicht diskutieren, und das ohne Steuererhöhungen!
Ein langer Text; soviel zu meinem Überblick über selbstgemachte Probleme.