Posted by: HyS
Re: Wer ist schon mal ausgestiegen? - 03/31/09 08:10 PM
In Antwort auf: weasel
Wäre doch schön, wenn es zur Abwechslung mal ein paar echte Erfahrungsberichte zu lesen gibt.
Stimmt!
Wobei meine Beiträge hier auf meiner eigenen Ausstiegserfahrung beruhen.
Ich bin für etwa 14 Monate ausschließlich zum Radreisen ausgestiegen. Davor habe ich drei Jahre als Ingenieur gearbeitet und dafür gesorgt, dass ich ein gutes Zeugnis bekomme und beruflich qualifiziert bin. Ohne Auto und mit weiterer bescheidener Lebensweise habe ich Geld gespart für die Reise.
Die Reise selbst hat meine Träume sogar übertroffen ich würde unter gleichen Bedingungen stets wieder so handeln. Die Sendung "Länder, Menschen, Abenteuer" im Fernsehen zu schauen ist jedenfalls nicht das gleiche wie Länder, Menschen und Abenteuer zu erleben, da kann man träumen so viel man will. Vieles kann man sich auch einfach nicht vorstellen und so manches ist trotz aller Medien noch unbekannt und neu.
Ob ich tatsächlich nochmal aussteige, das hängt von den äußeren Umständen ab, die ich nur teilweise beeinflussen kann. Es wird immer eine Option bleiben, aber kein Muß. Das enorme Fernweh das ich vorher hatte konnte ich jedenfalls deutlich besänftigen und so kann ich mich nun entspannt auch den anderen Dingen des Lebens zuwenden.
Für einen Ausstieg habe ich hier im Forum noch nie geworben. Das ist kein Thema für Missionierungen. Wer Aussteigen will, der merkt das von selbst.
Aussteigen im Sinne von Auswandern wollte ich nie. Man kann hier in Europa hervorragend leben, wenn man umherreist, stellt man das noch mal deutlicher fest.
Die meisten Radreiseaussteiger die ich getroffen hatte waren so 1-2 Jahre unterwegs und meist so 20-30 Jahre alt.
Der Zeitraum von max. 2 Jahren schadet einem Jungen Menschen nicht im Beruf, viel länger sollte es aber nicht sein, sonst veraltet das Wissen und geht auch verloren.
30-50-Jährige sieht man kaum. In dem Alter gibt es oft Familie und aus Karieregründen ist ein Ausstieg schlecht und teilweise sogar sehr schädlich, weil ältere in manchen Berufen kaum noch genommen werden.
Rentner und Frührentner gibt es dann wieder etwas mehr. Hier ist es eher eine Frage der Rüstigkeit. Es gibt in dem Alter zahlreiche kleine Gebrechen, die eine Fernreise verhindern oder unangenehm machen. Zudem sind die Menschen dann häufig verheiratet und da müßte dann auch der Partner bei einem Ausstieg mitmachen.
Der Wiedereinstieg in den Beruf ist umso leichter, je weniger man an einen Ort gebunden ist. Wenn man bereit ist, eine Ortsveränderung in Betracht zu ziehen, dann erhöhen sich die Chancen sehr, schnell wieder Arbeit zu finden. Ich bin auch einige hundert Kilometer weiter entfernt von meinem Ausstieg wieder eingestiegen.
Der Radreiseausstieg wurde zumindest von meinem Chef sehr positiv aufgenommen. Er erzählt das sogar Geschäftspartnern. Mich wundert es nicht. Wer durch die Welt gereist ist, zeigt damit, das er sich auf fremde und ungewohnte Situationen einstellen kann und flexibel ist. Wer dabei noch 10-tausende Kilometer Rad fährt zeigt auch eine Art Leistungsbereitschaft, wobei das radeln für mich natürlich Spaß ist.
Es kommt aber auch stark auf die Art des Ausstiegs an. Wer mit Dreadlocks zum Bewerbungsgespräch kommt, von den wilden Strandpartys in Goa und dem entschwinden in andere Welten unter Drogen erzählt, der wird es schwer haben.