Re: "Wilde" und "zahme" Campingplätze

Posted by: JaH

Re: "Wilde" und "zahme" Campingplätze - 04/10/08 03:28 PM

In Antwort auf: MajaM
Woran erkennt man einen "Kanu-Platz" auf der Landkarte?


Als Kanute kennt man viele, oder manche, oder weiß zumindest wo man sie nachschauen kann. Eine gute Quelle sind da z.B. die Karten von -dem Erhard aus Uelzen-. Jübermann selber ist sportlich ein sehr fitter Mensch, Kanu, Fahrrad, Orientierungslauf.. und mit manchen seiner Karten kann man auch gut Radfahren, zumindest für die Regionen wo er inzwischen entsprechende Karten in ausreichendem Masstab herausgegeben hat. Die sind aber nicht unbedingt flächendeckend, da es ja für den Wassersport ist. - Ist aber ein Thema für sich.
Nur noch soviel, an vielen Vereinen kann man gut bleiben, aber das geht oft nur dann richtig gut, wenn man selber Paddler ist, oder eben seriös rüberkommt und an die richtigen Leute gerät.

Da ich eigentlich aus dem Kanusport komme, bzw. dort auch bin (und bleibe), habe ich da so allerhand Erfahrung gesammelt, wenngleich aus eben jener leicht anderen Perspektive. Es tut sich aber nicht viel, denn ein Großteil der Campingplätze ist ja am Wasser und man hat irgendwann den gewissen Blck raus, mit dem man schnell sieht wie man dran ist, oder was man da vor sich hat.
Und ebenso ist es mit Plätzen zum wilden Campen.


Erstmal zu den Zelt- bzw. Campingplätzen. Die Unterscheidung ist mittlerweile wichtig! Weil Zelten nicht mehr mit Camping gleichzusetzen ist, gleichwohl es im Sprachgebrauch gerne durcheinander gewürfelt wird.
Diese "typischen" unangenehmen Campingplätze sind wirklich oft nicht so dolle. Ich meide Camping- und auch Zeltplätze ja generell, aber manchmal braucht man auch einfach mal wieder etwas "Zivilisation" ,sei es nun die heiße Dusche, nen richtiges Klo und .. eh, mehr ist es meist nicht. Außer vielleicht für manche Ecken die relative Sicherheit, wie ich es auf dem Mortonhall Caravan Park IN Edinburgh erlebt habe. Teuer zwar, aber sehr komfortabel, Duschen frei, Nachts läuft ein eigener Sicherheitsdienst herum, was offenbar leider nötig ist, aber deswegen auch den hohen Preis rechtfertigt.

Andsers ist es wenn man Plätze sieht die für die gleichen Kosten eigentlich kaum was bieten, für das man nicht extra zahlen darf, sofern es das überhaupt gibt.

Sehr auffällig und generell ein Grund zum Weiterfahren sind für mich "typische Deutsch2 Plätze", also wo alles abgezirkelt ist, piefig aussieht und wo man nicht selten auch tatsächlich Deutsche Camper rudelweise antrifft. Sowas findet man eben nicht nur in Deutschland.

Es gibt aber eben auch die total anderen Plätze und doie mit schönsten habe ich bislang in Schottland gesehen. Supergepflegt und dabei noch immer etwas wild und eher unkompliziert bis eben auch "frei". Dabei gibt es dann preislich auch Unterschiede. So gibt es einen Zeltplatz nahe Arisaig wo man für 4 Pfund 50 nur etwas Wiese hat, das Klo, kleines Waschbecken, Wasserhahn draussen und keine Dusche. Aber eine gigantische Lage, sehr freundliche Menschen und eine tolle Atmosphäre. Für das gleiche Geld, zudem PAUSCHAL, bekommt man auf dem Camping und Tent Ground in Dunvegan, Skye irre Auswahl (sofern was frei ist) an Lagen, Blickrichtungen, heiße Duschen bis der Arzt kommt, und pie pa po. Der Colin der den Platz als seine Altersvorsorge betreibt, sagt er, mag nicht viel rechnen und sein Kumpel Archie meint "I think Colin will never retire".. ist aber ne Geschichte für sich.
Und für wenig mehr Geld gibt es auf dem Tent Ground über Portree, Skye ebenfalls alles was der Reisende sich nur wünscht, inklusive einem fantastisch gepflegten "Green" und bei entsprechendem Wetter eine Aussicht die anderswo Eintritt kostet.

Ich schweife ab. tse


Wildes Zelten - ist ne Übung für sich und es ist v.a. eine Übung die im Kopf abläuft und von vielen Faktoren abhängt. Ich z.B. bin bislang immer gerne gefahren bis kurz vor Dunkel um dann das Beste zu nehmen was ich finden kann. Hat natürlich den Nachteil das man vorher viele wirklich nette Plätze links liegen läßt, weil man kann ja noch nen Stündchen fahren ... und das sind auf dem Rad schnell nochmal eben 20 km oder mehr, vielleicht auch weniger.

Das mit der Sicherheit bzw. dem sich sicher fühlen, ist dabei so eine Sache. Einerseits möchte man nicht auffallen, denn wer nicht auffällt, bekommt auch keinen ungebetenen Besuch. Das ist mir dem Rad aber oft nicht so einfach mal eben irgendwie zu verschwinden, weil das fällt schon auf wenn ne wilde Gestalt Abends so "suchend" herumfährt und viele Leute gucken da schon etwas unsicher...
Ich bin letztes Jahr wiederholt in Bushäuschen geblieben, nahe zu Häusern, aber weit genug weg das die sich nicht "besucht" fühlten und jeweils so spät da hinein, dass es eben nicht mehr auffiel, außer wo ne Frau mit Hund vorbeikam. Da hab ich kurz den Hund geknuddelt, der wedelte freudig mit dem SChwanz und sowas ist immer gut, weil Tiere zeigen sehr gut und schnell ob jemand "falsch" ist.

Vom Wasser aus ist es oft einfacher eine unzugängliche Ecke zu finden, weil Ufer eher verwildert sind. Das klappt aber nicht immer.

Und ich habe über die Zeit dann immer wieder festgestellt das viel auch davon abhängt wie man beim wildzelten auftritt und ob es nach Chaos aussieht, oder jemand der weiß was er tut und sich ansonsten vernünftig verhält.

Wirklich wichtig war und ist mir aber, dass ich von Plätzen fernbleibe die nach potentiellen nächtlichen Treffs aussehen, oder wo sich offenbar öfter Menschen mit Langeweile aufhalten. Gute Anzeichen für sich sind Mülleimer, Flaschen, Müll, Taschentücher, Feuerstellen, Reifenspuren, Straßenzuwegungen.

Und ansonsten macht man sich halt klein und unsichtbar. Dabei hilft es wenn man entsprechend dunkle Tarps bzw. Zelte hat.

Kann aber auch mal eben blöd kommen und dann wundert man sich wo man morgens aufwacht und was direkt vor der Nase für ein Betrieb ist. So geschehen in Belgien an einem kleinen Kanal, wo ich mich spät in der Nacht total fix und fertig nur noch auf die Bank gelegt hatte, Matte drunter, Biwaksack, Tüte und Augen zu. Und als es hell wurde kam ein Rennradler nach dem anderen, viele, UNmengen... alle auf dem Weg zur Arbeit.


Was war noch. Ach ja, das mit dem Waschen.
Abends seh ich zu das ich nochmal richtig Wasser bunker, alle Flaschen voll und evtl. noch einen kleinen Wasserbeutel. Dann kann man die Speicher wieder auffüllen, sich gegebenenfalls auch mal den Kopf waschen (dazu braucht es nicht viel Wasser, man staunt!) und muss nicht Durst schieben, wie ich es blöderweise in Harburg erlebt habe, wo ich bei miesem Wetter unterm Carport vn nem Bekannten zwischen den Rädern seiner Familie gepennt habe, in der Hoffnung die kämen Abends doch noch zurück. Waren aber im Urlaub und es regnete und ich war fix und alle... ne neeee und der nächste Friedhof war nicht weit, mit Wasser und ner ruhigen und abgedachten Ecke, hab ich aber erst den nächsten Tag gefunden.

Das mit dem klebrig ist so eine Sache. Gegen Abend fahre ich halt nicht mehr "auf Schweiss", sondern auf moderat und lasse alles verdunsten. Ansonsten halt kurz das Gesicht waschen, zumindest das gröbste abwaschen und gut.
Wenn es vor Ort nen Wasserlauf gibt, kann man ja auch kurz reinspringen.


Fazit - es geht vieles, man muss es nur lernen und zulassen es zu sehen und sich vorstellen zu können und es dann auch zu tun. Kopfsache und eine Frage der Wahrnehmung.
Und wenn ich den langen Text jetzt überarbeiten würde, wäre es wohl nicht kürzer, aber besser strukturiert. grins