Re: Was genau ist Reiz/Anlaß für Bikepacking?

Posted by: veloträumer

Re: Was genau ist Reiz/Anlaß für Bikepacking? - 09/13/24 11:36 AM

In Antwort auf: SchottTours
In Antwort auf: veloträumer
Radfahren mit Gepäck ist IMMER minimalistisch,...
Definiere minimalistisch. Wenn ich es mit meiner zweiten Leidenschaft, dem Ultraleicht-Fernwandern vergleiche, ist das Gepäck auf einer Radtour gerade Luxus und m.E. nicht minimalistisch! Im Rucksack habe ich inklusive zeitweise bis zu 3-4 kg Essen und Trinken maximal 8 bis 9 kg, das ist wirklich sehr reduziert. Im Vergleich dazu kann man in Satteltaschen fast Zeugs ohne Ende reinpacken. Alles eine Frage der Sichtweise und der Relation.
Das kann man auch noch reduzieren, gibt eine medienbekannte Ultraleichtwanderin und Autorin, die hat weit weniger dabei. Letztlich läuft es auch beim Wandern auf die selben Unterschiede der Rahmenbedingungen heraus: Brauchst du ein halbes oder ein richtiges Zelt, einen Biwacksack oder gar nichts zum Schlafen? Machst du nur Hütten-/Hotelübernachtungen und Essen per Einkehr? Mit den Anforderungen an schwierige Bedingungen steigt dann auch das Rucksackgewicht. Ist ja kein Zufall, dass gewisse Bergsteiger mit Trägern und Basislagern arbeiten. Andreas (iassu) hat das schon auf den Punkt gebracht, du kanst immer eine Extrem noch über dem Durchschnitt draufsetzen. Man kann auch mit abgesägter Zahnbürste wandern, wie es einige Radler auch tun. Die Sinnfrage bleibt in beiden Fällen übrig.

Was du außerdem übersiehst: Radfahren haben ein paar andere Anforderungen in der Ausrüstung, nicht zuletzt Werkzeuge und Ersatzteile. Letztes Jahr hatte ich z.B. neue Kette und entsprechendes Werkzeug dabei, aber nicht gebraucht - dieses Jahr darauf verzichtet und prompt war die Kette fällig. Kostete dann 60 Euro im Radlagen mit Montage, obwohl ich zuhause mehrere neue Ketten zu Discountpreisen rumfliegen. Je nach Tourkonzept unterscheidet sich das auch mal drastisch und bleibt trotzdem "minimalistisch", obwohl das recht viel Gewicht ausmachen kann. Mehr "Luxus" habe ich dadurch noch nicht.

Das gilt aber auch für Kleidung u.a., weil die Anforderungen beim Radfahren andere sind als beim Wandern. Ein Wanderer kann gemütlich durch Regen mit Regenschirm laufen, ein Radler braucht bei einer Abfahrt Klamotten mit mehr Widerstandskraft. Habe auf der letzten Tour bis zu 6 Lagen am Oberkörper gebraucht, Regenhose war auch zwingend nötig nicht nur wegen Regen, sondern sogar wegen Kälte. Wohnzimmerluxus hatte ich dadurch immer noch nicht, sondern nur das Minimum, um keine gesundheitlichen Schäden zu erleiden.

Das Bevorratung mit Essen oder anderen Sachen ist zudem auch eine Geldfrage. Ich kann immer nur unmittelbaren Bedarf in kleine, teuren Bergläden einkaufen, vom 10er-Pack Taschentücher neun wegschmeißen, und dann ein paar Tage später wieder so nachkaufen, Sonnecreme für wenige Tage abfüllen usw. Ich kann aber auch mit mehr Weitsicht einkaufen, im günstigen Supermarkt mich mehr bevorraten als für einen Tag und nicht alle drei Tage Sachen nachkaufen, die ich aus Gewichtsersparnis weggeschmissen habe. Ich mache eben keinen Wettbewerb mit Sponsoren.