Re: Deutsche Bahn - es ist zum heulen

Posted by: veloträumer

Re: Deutsche Bahn - es ist zum heulen - 02/06/23 03:29 PM

Ja, es ist manchmal leicht, solche Vergleiche unegrecht zu machen. Generell haben gerade kleine Länder Vorteile, eine andere Art von durchdachter Infrastruktur im ganzen Land zu praktizieren. Es gibt aber auch viele systemische Unterschiede, z.B. ist Deutschland eines der wichtigsten Autoproduktionsländer der Welt und damit nicht ganz neutral genüber alternativen Verkehrsmitteln. Setzt sich gewiss in den Köpfen weiter fort - also auch im Volk. Wenn die Bahn nicht so fährt wie erwartet, hat das deutsche Volk, die Bürger, einen gewichtigen Anteil daran. Gemeckert wird dann auch von denen, die eigentlich gar nicht Bahn fahren wollen. Die aktuelle Verkehrsdebatte ist ja davon geprägt, bitte alles, Topbahn mit viel Geld ausstatten, aber bitte kein Verzicht auf Autoinfrastruktur und aufs Auto beim Bürger selbst.

Zur Belastung der Schweiz möchte ich aber auch mal auf ein paar Mängel hinweisen: Die Velomitnahme wird in Deutschland stärker gefördert als in der Schweiz. Zwar bei uns ein Flickenteppich, aber immerhin im Grenzland BaWü nahezu komplett kostenlos im Regionalverkehr - da könnte sich die reiche Schweiz noch eine Scheibe abschneiden. Auch in der Schweiz fahren noch zuviele Autos und man müsste weitere Umstiegsinitiativen starten.

Zweiter Punkt Informationen/Buchung: Es gibt bisher kein besseres und umfassenderes Informationssystem, um europäische Zugverbindungen zu finden, als das der Deutschen Bahn. Bei allen Mägneln und Rückständen, ggf. auch beim digitalen Ticket, bei fehlenden Kooperationen mit dem Ausland - immerhin. An vielen fehlenden Kooperationen und gemeinschaftlichen Systemen zur Buchung etc. sind ja nicht zuletzt auch andere Länder mitschuld. Das Schweizer System ist sehr auf sich bezogen, sowohl bei der Auskunft als auch beim Buchen. Falsche Tickets habe ich jedenfalls schon in der Schweiz am Schalter erhalten - in Deutschland wohl noch nie, auch wenn ich da wohl die längsten Standzeiten hatte.

Dritter Punkt internationale Fernzüge: Die Schweiz entzieht sich weitgehend, internationale vrkehrende Fernzüge einzusetzen. Sie profitiert von den Hochgeschwindigkeitszügen aus Frankreich, Italien und Deutschland. Diese sind nicht mal velooptimiert, obwohl das mal eine erklärte Absicht der SBB war. Das hat man dann aber fallen lassen, um mit den Ausländern zu kuschen - das Geld war dann dich wichtiger als edel Prinzipien ("jeder Zug iner Schweiz muss eine Velomitnahme anbieten"; ist übrigens auch eine Forderung aus dem EU-Parlament). Auch in puncto Nachtzugverbindungen ist die Schweizer Bahn kein Vorbild für Europa. Mittlerweile gibts zaghafte Kooperationsmodelle, man hält sich aber weitgehend dezent zurück. Das Auslandsgeschäft ist den Schweizern zu heiß. Man lässt die Franken lieber im Land und überlässt die Verlustrisiken oder Vorreiterrolle den ausländischen Bahnen.