Re: 5.Getöteter Radler in Berlin, Mahnwache 9.2.

Posted by: irg

Re: 5.Getöteter Radler in Berlin, Mahnwache 9.2. - 03/11/20 07:02 AM

Hallo Peter!

Ich gebe dir recht, dass es heikel ist, Gruppen pauschal als asozial zu bezeichnen. In diesem Fall wurde, denke ich, die Aussage bewusst zu gespitzt. Das ist nicht 1 : 1 so gemeint.

Im Gesamten diskutieren wir über Äpfel, Birnen und eigentlich Obst. Das sollten wir schon aus einander klauben. Natürlich wollen und sollen wir die Dinge, die wir brauchen, auch bekommen. (Bei den Dingen, die wir glauben, zu brauchen, oder die wir uns von der Werbung erfolgreich haben einreden lassen, schaut das wieder komplizierter aus.) Natürlich wollen und müssen wir alle mobil sein. Leben immer am selben Fleck ist so gut wie unmöglich und unlukrativ.

Bei manchen Themen ist z.B. die EU schon dran, wie z.B. den Maßnahmen gegen die geplante Obsoleszenz und Arbeiten für höhere Energieeffizienz. Auf anderen Ebenen machen auch Nationalstaaten etwas. Auch wir Konsumenten haben einige Möglichkeiten, die wir nützen können. Wer eine neue Bleibe sucht, kann sie mitten in der Pampa wählen, oder näher an der Arbeitsstelle oder öffentlichen Knotenpunkten. Wer sein Haus renoviert, kann es energetisch sanieren, usw. Das Feld ist weit. Und niemand ist gezwungen, den letzten Mist sofort und überteuert zu kaufen, nur weil er angeboten wird.

Zurück zur provokanten Aussage oben: In Graz, wo ich lebe, sind etwa 80% des Verkehrsraumes, wenn ich mich richtig erinnere, für den motorisierten Verkehr da. Wenn wir die Öffis herausrechnen, kommen wir konservativ geschätzt auf 70% des Verkehrsraumes für den MIV, den PKW-Verkehr. Der wickelt aber nur 39% des Verkehrs ab. Das bedeutet, dass durch die derzeitige Verteilung des Verkehrsraumes für den MIV die anderen an die Wand gedrängt werden. Natürlich ist jemand, der mit dem Auto in der Stadt fährt, nicht per se asozial, er benützt aber die asoziale Verteilung des Verkehrsraumes. Chronische Autofahrer verteidigen diese unfaire Verteilung mit Zähnen und Klauen. Steckt also vielleicht doch ein wenig asoziale Haltung in manchen von ihnen?

Die provokante Aussage oben hat also einen bitter realen Kern, über den es sich zu diskutieren lohnt.

lg!
georg