Re: Umfrage Themennutzung Radreiseforum

Posted by: veloträumer

Re: Umfrage Themennutzung Radreiseforum - 03/18/19 03:21 PM

In Antwort auf: Martina
Hallo Holger,

schöne Zusammenfassung, insbesondere die Tatsache, dass Reiseberichte kein zur Diskussion anregendes Format sind. Wir hatten ja sogar schon ab und zu die Forderung, Diskussionen zu Reiseberichten zu unterbinden. Die kam immer dann auf, wenn kritisch auf Inhalte reagiert wurde.

Dass Reiseberichte primär kein Dialogformat sind wie Anfragen etc. im Forum, mag ja stimmen. So pauschal ist das aber auch eine sehr verzerrte Sicht. Ein Reisebericht (wie übrigens auch ein Buch, ein vergleichbares "Frontalbelehrungs- oder Frontalunterhaltungsformat") können sehr wohl diskutiert werden, im Zweifel füllen solche Diskussionen mehr Seiten als der Bericht selber. Bei Büchern lebt davon eine ganze Rezensionsbranche (besser gesagt: überlebt am Rande...). Dazu sollte natürlich auch Inhalt drin stehen. Je mehr du aber Inhalte ablehnst, die du wiederum für ungwollte Weltansichten hälst, bleibt wenig übrig. Ich kann auch trefflich über Geografie und andere Dinge diskutieren, die kaum weltanschauliches Potenzial haben, aber da finde ich auch nur selten "Partner". Wahrscheinlich interpretierst du auch Weltsichten rein, die so gar nicht vorhanden sind, nur Vermutung. Man kann natürlich trivial Fragen provizieren, indem man keine Ortsangaben zu Bildern macht etc. Das ist aber nicht wirklich Diskussion. Oder häufig offtopic über Bildgröße etc. Das stelle ich jezt mal zur Seite.

Der persönliche Filter einer Reise, besonders die weltanschaulichen Aspekte, sind ja gerade dass, was auch ein Erleben durch deine Person, deine Gedankenwelt ausmacht. Die ganze Literatur lebt übrigens davon. Extreme Literaturphilosophen behaupten sogar, es gibt nur zwei Dinge, über die Bücher geschrieben werden, Liebe und Tod. Alles, was sie ausmacht, ist die ihr eigene Lebenssicht durch den Autor. Und deswegen gitb es Tausende, wenn nicht Millionen von wertvollen Büchern.

Du hast manchmal diese seltsame Perspektive, als gäbe es eine "banale", rein beschreibende Neutralsicht der Dinge. Die gibt es nicht, im Zweifel steigert sich die Banalität zur redundanten Langeweile. Die Beispiele möchte ich dir ersparen. Werte findest du letztlich überall, vor allem hast du selber hier schon damit sehr starke Wertungen vorgenommen - ich vermute sogar, mehr Vorbehalte als reale nachvollziehbare Beispiele (so viel kannst du ja auch nicht gelesne haben, wenn dir Rubrik eher unwichtig ist). Einer meiner Wirtschsdozenten an der Uni meinte mal, jede Theorie vernbreitet Werte, man muss sie nur rauslesen können. Angesprochenen waren insbes. durch die Mathematisierung der Wirrtschaftswissenschaft vermeintlich beweisbare, neutrale Wahrheiten, die sich auf eben solche neutralen Formeln reduzieren ließen. Der Vorwurf von wertelastigen Beiträgen ist schon implizit auch eine Wertung, und damit ein Widerspruch in sich.

Es gibt noch ein Sache, die dazu führt, dass in Berichten - nicht nur weltanschauliche, auch diverse "Fachkenntnisse" einfließen: Das ist die Idenfikation mit der Reiseregion. Mittlerweile bin ich aber nicht sicher, ob solche "Fachkenntisse" bereits als Zumutung empfunden werden, wenn sie formuliert werden. Das Thema ist noch komplexer, aber ich belasse es hier mal dabei.

Die Reiseziele werden ja sehr unterschiedlich erlebt. Wer etwas sehr intensiv erlebt, auch deswegen intensiv verarbeitet (ob fachlich oder metaphysisch sollte keine Rolle spielen), dem kann das ja nicht zum Vorwurf gemacht werden. Mich öden da eher Flaggensammler an, die nichts zum Land und zum Erleben zu sagen haben. Man kann zudem auch über Lieblingregionen klönen oder fachsimpeln. Der Kreise derer ist natürlich immer beschränkt, die da auch gerne hinfahren und auch etwas beobachtet haben oder etwas darüber wissen. Ich sprach irgendwo hier bereits davon im Sinne von "Passion". Aber auch dieses "Klönen" und "Fachsimpeln" scheint mir rückläufig. Nicht zufällig gebe ich meine Berichte auch gerne an Menschen weiter, die aus der Region stammen, die ich evtl. dort kennengelernt habe. Die zeigen dann weit mehr Leidernschaftl. Leider scheitert es öfters an der Sprache, auch eine englische Version hilft oft nicht weiter (zudem Mehrarbeit, nicht immer das, was ich auf Deutsch schreibe, sprich Sprachkultur, die nicht übersetzbar ist).

Inwiefern Diskussionen möglich sind oder nicht, ist eine Frage der Sprache. An Holger oben anknüpfend, braucht es natürlich auch Schreiber UND antwortender Leser, die nicht jede Anmerkung, die mal kritisch ausfällt als persönlichen Angriff auslegen. Die von Fricka eingebrachten Querschüsse sind natürlich auch nicht förderlich. Wohl aber nicht so bedeutend, wie Holger schon vermerkte. Dass manche politischen Diskussionen nicht mehr möglich sind, haben wir wiederum einzelnen Negativerscheinungen aus dem Forum zu verdanken, von denen auch welche an der Zersetzung eines solchen Forums arbeiten. Möglich, dass es überall etwas ähnlich ist, entschuldigt aber auch nicht.

In Antwort auf: Martina
Bei mir kommt noch hinzu, dass ich selbst Reiseberichte meistens uninteressant finde und daher natürlich keinerlei Motivation habe, welche zu schreiben. Auf Fotos kann ich sowieso verzichten, deshalb habe ich auch keine guten.

Das schwächt natürlich deine Diskussionsposition dazu generell, siehe oben. Wer Reiseberichte grundsätzlich alle uninteressant findet, kann schlecht darüber reden oder richten. Wenn dann auch noch Inhalte als zu weltanschaulich abgelehnt werden, bleiben immer weniger Inhalte, also weniger Diskussionsstoff, also Katze beißt in den Schwanz - tote Hose.

Ohne Bilder geht natürlich auch, in diesem Forum aber ziemlich riskant, wird stark ausgegrenzt. Einige verweigern das Lesen bei ohne Bilder, andere bei ohne GPS-Track - also schon recht krass. Trotzdem sind unter den meistgeklickten Reiseberichte solche ohne Bilder (oder fast bildlos), belanglose ebenso wie gehaltvolle. Offensichtlich doch sehr heterogen. Es gibt aber auch unterschiedliche (Mode)Zeiten für Berichte oder Berichtstypen oder Schreiberprominenz, was gut läuft oder nicht, das ist alles im Fluss.