Re: Vom Ruhrgebiet in den Schwarzwald und zurück

Posted by: Gerhard O

Re: Vom Ruhrgebiet in den Schwarzwald und zurück - 12/30/12 10:10 AM

‚Tour de Ländle 2012‘ 28.7. – 3.8.2012
Tag 8: 28.7.2012
Start: Tauberbischofsheim
Ziel: Bad Friedrichshall
Strecke: 77 km, ca. 975 Hm
Track: http://www.gpsies.com/map.do?fileId=yuyeghnmxsgwrgia


Es ist 6.00 Uhr morgens. Ich bin nicht der erste, der schon auf ist. Mindestens 200 Zelte stehen auf dem Fußballplatz und so manch ein Mitfahrer ist schon beim Abbauen. Doch zuerst muß der Wettlauf zu den Waschräumen durchgestanden werden. Die Sanitäranlagen des Sportzentrums werden nicht nur von den Campern benutzt, sondern auch von den Turnhallenschläfern. Entsprechend groß ist der Andrang.

Mein Schulfreund ist auch schon auf und weiß aus seiner langjährigen Erfahrung, daß der nächste Schritt nicht ‚Zelt abbauen‘ ist, sondern frühstücken. Das Zelt läuft nicht weg, die Cafeteria ist aber bald brechend voll! Um 6.30 sind wir auf dem Weg in die Stadt. Wir kaufen unser Frühstück und ergattern uns noch einen Platz vor dem Lokal, denn die Betreiber des Cafés hatten draußen Tische und Stühle aufgebaut. Es ist ein schönes Gefühl, in der aufgehenden Sonne zu sitzen und das ‚z’Morge‘ zu genießen. Weniger schön sind die dunklen Wolken, die sich am Horizont auftun.

Zurück am Platz wird dann alles zusammen gepackt. Das erste mal muß sich mein Vaude-Packsack bewähren. Ich hatte ihn so gekauft, daß eine Ortliebtasche mit Inhalt plus Zelt, Schlafsack, Isomatte und alles, was man bei einer geführten Tour tagsüber nicht braucht (und was an den Steigungen nur unnötiges Gewicht ist), in den Sack paßt. Dadurch hatte ich nur ein Gepäckstück zum Abgeben, was vor allem das Wiederfinden am Nachmittag stark erleichtert.

Für das Gepäck stand ein LKW mit Anhänger vor den Fußballplatz. Hier mußte man seine Teile selbst einladen. Dabei sollte man sich direkt merken, ob man alles im Zugfahrzeug oder im Hänger hat. Ansonsten sucht man nachmittags evtl. in der falschen Gepäckparade. Danach begibt sich alles zum Start. Hier sprechen die Tourleitung und ein Polizist noch ein paar salbungsvolle Worte zum Vortag und zu den kommenden Höhepunkten des laufenden Tages und anschließend animiert ein Sportmoderator/Gymnastiktrainer zur Frühgymnastik. Am Schluß ertönt das Tourlied (jedes Jahr und jeden Tag dasselbe, und es ist nicht ‚Es lebe der Sport‘ von Reinhard Fendrich!) und dann startet der Tross.

Dieser Aufbruch am Morgen verlief jeden Tag so oder so ähnlich. Für die folgenden Tage werde ich das nicht mehr so ausführlich schildern.

Inzwischen hatte es angefangen zu regnen, aber das hindert die etwa 2000 Radler nicht daran, zu starten. Es ging direkt mit einem Anstieg los, danach noch 2 Zwischenanstiege und die Raststelle Eubigheim war erreicht. Die Regenfront war durchgezogen und die Sonne schien wieder. Es war 10 Uhr und mein GPS zeigte 400 Höhenmeter an. Es waren Stände aufgebaut, an denen es kostenlos Obst und Getränke gab. An Getränken war (jeden Tag) nahezu alles da, was ich an alkoholfreien in Flaschen erwerblichen Kaltgetränken kannte. Obst aus Baden-Württemberg gab es reichlich. Äpfel, Karotten, Gurken, Tomaten wurden niemals alle, bei Zwetschgen mußte ich mich aber beeilen, denn die waren immer schnell vergriffen. Was nicht in Baden-Württemberg wächst, gab es gar nicht wie z.B. Bananen. Für handfestere Marschverpflegung mußte man auf die mitgeführten Vorräte zurückgreifen. Laut Organisationsunterlagen fuhren etwa 2000 Radler mit. Alle wollten natürlich an die Erfrischungen und Obstvorräte, durch die Steigungen hatte sich der Zug aber sehr in die Länge gezogen. Als die letzten Teilnehmer im Ort eintrafen, machten sich die ersten schon wieder für die Weiterfahrt fertig. Es wurde überall Kultur angeboten, aber die körperlichen Bedürfnisse gingen natürlich vor und die Kultur kam bei mir regelmäßig ins Hintertreffen.

Bis zur Mittagspause in Adelsheim waren die Steigungen moderat. In Adelsheim gab es Stände, wo sich jeder (mittags immer kostenpflichtig) verpflegen konnte. Ich hatte beim Frühstück schon genügend eingekauft, um aus der Packtasche leben zu können und konnte mich von den Warteschlangen an den Freßständen fernhalten. Hier konnte ich dadurch auch an einer Mini-Stadtführung teilnehmen und meinen geistigen Horizont erweitern.

[ von up.picr.de]

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Am Nachmittag gab’s noch eine Steigung und kurz danach eine Rast in Neudenau (‚in Neudenau ist der Himmel blau‘ lernten wir hier). Bei der Nachmittagsrast wurden wieder Getränke verteilt, aber kein Obst. Das besondere war der Stand der Firma Erdinger, die alkoholfreies Weizenbier ausschenkte. Dem Andrang nach stellte sich jeder Teilnehmer hier an, um ‚eine Halbe‘ zu bekommen (im Plastikbecher). Wenn man weiß, wie sehr Weizenbier schäumt und wie lange selbst ein Könner zum Einschenken braucht, war ich ungeheuer beeindruckt, wie schnell diese 2 Profis hier am Stand die Flaschen leerten. Die halbe Stunde Pause reichte locker aus, jedem Teilnehmer einen Becher Weizen auszuschenken! Diese Bierpause gab es übrigens jeden Nachmittag.

Schon um 4 Uhr erreichten wir Bad Friedrichshall. Hier erlebte ich zum ersten mal den Widerspruch zwischen den Interessen der Veranstalter und der Teilnehmer (die schließlich für die Teilnahme bezahlen). Der SWR will offensichtlich, daß alle 2000 Radfahrer unter großem Hallo in die Stadt einfahren, eine tolle Kulisse für die Fernsehaufnahme bilden und zudem noch ein Auditorium für die Selbstdarstellung der Moderatoren und Lokalpolitiker. Die Radler möchten vor allem eine gute Schlafstelle ergattern (das gilt für die Camper als auch für die Turnhallenfraktion), sich frisch machen, sprich duschen, und danach essen gehen. Erst wenn ein Reiseradler satt ist und weiß, wie und wo er die Nacht verbringt, ist er für anderes ansprechbar. Musik, Unterhaltung und Alkohol (in Maßen, ich habe während er ganzen Tour niemanden stockbetrunken gesehen) haben hier erste Priorität. Ob der örtliche Bürgermeister spricht oder in China ein Sack Reis umfällt, ….(Rest könnt ihr euch denken).

Hier in Bad Friedrichshall war es so (wie später noch mehrfach gesehen), daß die Schilder zur Camperunterkunft plötzlich rückwärts stadtauswärts zeigten. Alle Camper drehten also, sofort als sie die Schilder bemerkten, wieder um und fuhren direkt zum Zeltplatz, in diesem Fall zum Thermalbad. Nach Zelt aufbauen und Duschen machten wir uns fertig zum Stadtgang. Die Begrüßungsansprachen im Ortszentrum waren längst vorbei, aber bis zur Abendunterhaltung blieb noch genügend Zeit, ein nettes Restaurant zu finden und die abendliche Hauptmahlzeit einzunehmen. Oft blieb man auch noch etwas sitzen oder begab sich an einen Platz abseits der Showbühnen, um ein nettes Gespräch zu führen. Nicht jeder findet die Musik von SWR4 besonders gut. Etwas abseits am Stadtrand fand parallel ein Waldfest für die Einheimischen statt. Dieses besuchten wir natürlich auch noch. Hier gab es ebenfalls Live-Musik: Disco-Fox-Rhythmen, bis es zu den Ohren rauskommt. An den passenden Tanzpartnerinnen mangelte es leider.

Allzu viel Alkohol konnten wir den Abend über nicht trinken, denn wir mußten mit dem Rad noch mehrere Kilometer zurück zum Thermalbad fahren.

[ von up.picr.de]

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‚Tour de Ländle 2012‘ 28.7. – 3.8.2012
Start: Bad Friedrichshall
Ziel: Bruchsal
Strecke: 73 km, ca. 750 Hm
Track: http://www.gpsies.com/map.do?fileId=odlbkirmggdlsuci


Da das Thermalbad ca. 2,5km vom Startplatz entfernt liegt, heiß es wieder früh aufstehen. Hier erlebte ich auch den Kampf um die Steckdosen. Einige müssen noch ihre Handys aufladen, ganz wenige rasieren sich elektrisch (die meisten Männer sind auf Naßrasur umgestiegen). Viele Steckdosen sind durch die Akkus der Pedelecs belegt. Es waren recht viele Elektrofahrräder dabei, denn es gab eine Werbeaktion des SWR zusammen mit der Schweizer Firma Flyer. Die meisten freien Steckdosen wurden aber für den Föhn gebraucht. Wer jetzt aber denkt, ein Föhn dient zum Haare trocknen, hat sich geirrt. Die Haartrockner wurden gebraucht, um die eingebauten Windeln in den Radhosen (noch naß von der Waschaktion des Vorabends) zu trocknen. Wieder einmal erkannte ich den Vorteil von Laufhosen, die einfach im Wind trocknen, denn sie haben keine eingebauten Pampers. Auch wenn ich jetzt alle Fetischisten von Polsterhosen verärgere, meine Überzeugung ist, dass die Polster die Wärme stauen und das ‚Wasser in der Ritze zum Kochen bringen‘. Die feuchte Wärme sorgt dann für vielerlei Wehwehchen, über die Radler so klagen. Ich hatte bisher noch nichts dergleichen (toi toi toi). Auch diejenigen, die mit Wanderbekleidung fahren (sah man häufig), brauchten keinen Föhn, um die Hose zu trocknen und kamen augenscheinlich gut zurecht!

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Frühstück wurde direkt im Bad verkauft, so daß man keine Zeit verlor. Wir waren pünktlich um 8 Uhr am Startpunkt. Hier lief die übliche Prozedur ab und um 9.30Uhr waren wir ‚auf Strecke‘. Schon beim Zeltabbau und auch später während der Fahrt gab es immer wieder kurze Regenschauer. Da ich am Vortag mit Regenjacke so geschwitzt hatte, daß ich nicht nur außen, sondern auch innen naß war, habe ich diesmal auf die Jacke verzichtet. Diese Strategie war erfolgreich. Während andere mit Regenjacke noch im Schweiß badeten, war ich sofort nach dem Regen wieder trocken!

Die Tageseinteilung war ähnlich wie am Vortag. Um 10 Uhr Rast bei Getränken und Obst in Fürfeld, um 11 Uhr 2 Stunden Mittagspause in Steinsfurt bei Sinsheim. Zur Einfahrt begrüßten uns die Alphornbläser,

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bei der Ausfahrt fuhren wir am Technikmuseum Sinsheim vorbei mit Blick auf die Concorde und die Tupolev TU-144. Um 14 Uhr Bierpause in Odenheim und um 15.45 Uhr Einzug in Bruchsal. Auch hier sollte wieder der ganze Tross über den Begrüßungsplatz geführt und dann über Treppen durch den Bahnhof geleitet werden. Schon vor dem Ziel kamen uns die ersten Camper entgegen und berichteten von der Treppenmisere. Es war uns ein leichtes, eine Abkürzung durch die Hauptunterführung der Stadt zu finden (durch die man die Radfahrer offensichtlich nicht fahren lassen wollte, denn das hätte den Autoverkehr stören können).

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Am Abend sind wir wieder in die Stadt gefahren zum Essen, prüften schon mal mögliche Frühstückslokale und begaben uns dann zum Festplatz. Jetzt noch etwas Musik gehört und dann wieder ins Sportzentrum in den Schlafsack.

‚Tour de Ländle 2012‘ 28.7. – 3.8.2012
Tag 10: 30.7.2012
Start: Bruchsal
Ziel: Nagold
Strecke: 105 km, ca. 1300 Hm
Track: http://www.gpsies.com/map.do?fileId=onxwesavdogljzam

Heute steht die ‚Königsetappe‘ an. Es geht vom Rheintal in die nördlichen Ausläufer des Schwarzwalds. Doch zuerst kam die übliche Routine: Zelt abbauen, verladen und ein Frühstückscafé suchen. Durch die Vorinspektion am Vorabend war das schnell gefunden. Bei der Rückfahrt zum Startplatz konnten wir noch einem Mitfahrer helfen und zum Start führen, der ohne Navi unterwegs war und sich im Ort verirrt hatte. (Man hätte übrigens auch im Sportzentrum essen können.)

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Bis zur ersten Pause in Berghausen, einem Vorort von Karlsruhe, blieb alles flach. Danach wurde es allmählich steiler, bis um 12Uhr kurz vor Neuenburg der erste Gipfel erreicht war. Auf den 2km bis Neuenburg verloren wir wieder 90Hm, dafür wurde es danach umso steiler. Mit durchschnittlich 6% bis max. ca. 8% Steigung kämpften wir uns auf 710 m NN. 10 Minuten später in Schömberg war alles für die Mittagspause vorbereitet.

Diesen Teil der Tour empfand ich als den anstrengendsten Teil meiner Fahrt. Hin und wieder überholte ich einen schiebenden Teilnehmer, oft aber wurde ich überholt. Besonders frustrierend empfand ich es, wenn der Überholer auch noch offensichtlich älter war als ich. Als mich dann auch noch eine ältere Dame überholte (älter bezieht sich hier relativ zu meinem Alter), machte ich erst mal 5 Minuten Pause! Wenn jüngere Leute besser fahren als ich, kriegt mein Ego schon lange keinen Knacks mehr, aber wenn die Vorbeifahrenden deutlich älter und dann noch weiblich sind, ist mein Selbstbewußtsein im Keller und ich bin demotiviert! (Tut mir Leid, meine Damen: an dieser Stelle reagiert mein innerer Schweinehund als Macho!)

Mit einem halben Liter Wasser weniger am Rad (diese Menge hatte ich bei dieser Rast getrunken) ging die Weiterfahrt doch deutlich besser. Hier stellte sich die Frage nach der Vorbereitung. War es zu wenig? Oder ist es einfach so, daß man am zehnten Tag einer Radtour statt einer Bergtour einen Pausentag bräuchte? Auf jeden Fall hatte ich den Eindruck, daß mich die bisher geradelten 750km konditionell nicht sehr viel weitergebracht hatten. Vielleicht hätte ich an dem Reservetag in Freudenberg einfach faul in der Sonne liegen sollen statt fast 100km zu radeln.

Die Mittagspause baute mich dann wieder auf und die Weiterfahrt mit ständigem mäßigen Auf und Ab bis auf 760m NN war unspektakulär. Die Pause in Neuweiler bei alkoholfreiem Weizen wurde genossen und um 17.30 Uhr radelten wir in den Badepark 2 km außerhalb von ‚Nagold-City‘ ein.

Die abendliche Fahrt in das Stadtzentrum erklärte auch den Umweg, den wir zum Freibad fahren mußten. Der direkte Weg an der Nagold entlang führte durch das Landesgartenschaugelände, und das war für uns Tabu!

Die Tour de Ländle war offensichtlich kein Ereignis in Nagold, denn im Restaurant, wo wir zu Abend gegessen haben, wunderte sich die Bedienung, warum es plötzlich an einem Montag so voll ist. Daß die ‚Tour de Ländle‘ durch Nagold führt, hatte in dieser Gaststätte niemand mitbekommen.

An diesem Bild kann man auch gut erkennen, in welchem Hotel Radfahrer untergebracht sind.

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Abends hörten wir dann noch, daß an diesem Tag 120 Radler im Besenwagen, nein – in mehreren ‚Besenbussen mit Fahrradanhänger‘, aufgesammelt worden wären. Außerdem hatte die Firma Flyer noch einen erfolgreichen Tag, denn sie konnten alle ihre Pedelecs vermieten. Anstelle der Pedelecs wurden die zugehörigen Fahrräder der Kunden im LKW mitgeführt. In den Pausen konnten die leergefahrenen Akkus am Servicewagen getauscht werden, damit bloß kein Elektrorad mangels Strom liegen bleibt!

‚Tour de Ländle 2012‘ 28.7. – 3.8.2012
Tag 11: 31.7.2012
Start: Nagold
Ziel: Schramberg
Strecke: 78 km, ca. 1000 Hm
Track: http://www.gpsies.com/map.do?fileId=spxjfjaxlxpsyqfy


[ von up.picr.de]

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Obwohl es gleich nach dem Start in Nagold steil 150m bergauf ging, hatte ich hier wesentlich weniger Probleme als am Vortag. Danach ging’s hügelig, aber tendenziell bergab, ins Neckartal. Die Mittagsrast fand bei schönstem Wetter in Horb statt, und auch danach ging’s im Neckartal weiter.

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In Neckarhausen verließ die Kolonne das Neckartal und fuhr im Tal der Glatt weiter, immer noch relativ eben. Erst in Bettenhausen bog der Weg ab und führte 200m Höhenmeter hinauf nach Dornhan, wo die nachmittägliche Weizenbierpause stattfand. Danach galt es aufzupassen, denn heute gab es eine Besonderheit. Das Tagesziel hieß Schramberg, die Camper und die Teilnehmer mit Gemeinschaftsunterkunft, d.h. die Turnhallenschläfer, waren aber im Sportzentrum in Sulgen untergebracht. Sulgen liegt auf 710m NN und damit 280m höher als Schramberg. Um diese Steigung nicht unnötig doppelt zu machen, durfte man diesen Abzweig nicht verpassen. Falls man auf die kulturellen Abendveranstaltungen in Schramberg verzichtete, brauchte man diese Steigung gar nicht zu machen. Die Ausschilderung zur Unterkunft war jedoch gut und zusätzlich standen am Abzweig noch ‚Rote Radler‘ (die mitradelnden Ordnungskräfte der Tour), die auf den Abzweig aufmerksam machten.

Auch in Sulgen war die Tour de Ländle an der Gastronomie spurlos vorübergegangen. Es gab nur wenige Lokale in diesem Vorort von Schramberg, aber das Gasthaus Kreuz als größtes Landgasthaus der Gegend hatte ‚Heute Ruhetag‘!

‚Tour de Ländle 2012‘ 28.7. – 3.8.2012
Tag 12: 1.8.2012
Start: Schramberg
Ziel: Hüfingen
Strecke: 77 km, ca. 760 Hm
Track: http://www.gpsies.com/map.do?fileId=fymndsfrlzttzmmr


Da die kulinarische Auswahl in Sulgen sowieso nicht groß ist, habe ich schon um 6 Uhr morgens (beim Rückweg von der Morgentoilette) nach den Frühstückmöglichkeiten am Sportzentrum Ausschau gehalten. Ein Bäckereibetrieb war gerade dabei, seinen Stand aufzubauen. Tisch und Stühle mußten wir Frühaufsteher noch selbst aufbauen, aber der Kaffee war fertig und Brötchen und Teilchen gab es auch.

Wie gewohnt war die ganze Radfahrermeute gegen 8 Uhr abfahrbereit, aber die Polizeieskorte, die uns führen sollte, war nicht da. Im Plan stand, daß die Polizei uns führt und wir uns unterwegs mit den Hotelbuchern und Tagesgästen, die aus Schramberg kamen, vereinigen sollen. Es zeigte sich, daß wir auf der Höhe bleiben sollten, der Trupp aus Schramberg aber 280m aufsteigen mußte, um den Treffpunkt zu erreichen. Da der Aufstieg dauert, hatten wir noch Zeit und fuhren entsprechend spät erst um 9 Uhr los. Eine halbe Stunde später fand in Mariazell die Wiedervereinigung statt und man konnte der anderen Truppe die erkämpften Höhenmeter ansehen!

Die ganze heutige Strecke war offensichtlich ohne besondere Höhepunkte, denn ich habe mir über diesen Tag keine Notizen und auch keine Bilder gemacht. Die Obstpause fand in Dunningen statt, die Mittagspause in Rottweil. Leider sah man von der schönen Altstadt Rottweils nichts, denn die Pause fand im Charlottenwäldle am Rande der Stadt statt. Die Erdingerpause in Tuningen war auch ohne besondere Ereignisse. Um 17 Uhr erreichten wir ein Sportgelände am Rande Hüfingens und bauten dort unsere Zelte auf.

Abends durchstreiften mein Schulfreund und ich die Stadt, aber außer einer alten Wassermühle an der Breg gab es keine Sehenswürdigkeiten.

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Dafür war der Grieche preiswert und wir wurden satt. Da auch in Hüfingen die Gaststättendichte nicht allzu groß ist, räumten wir bald den Platz für andere hungrige Radfahrer und begaben uns in das offizielle Veranstaltungszentrum und ergötzten uns an Costa Cordalis (und seinem Sohn).

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‚Tour de Ländle 2012‘ 28.7. – 3.8.2012
Tag 13: 2.8.2012
Start: Hüfingen
Ziel: Waldkirch
Strecke: 71 km, ca. 450 Hm
Track: http://www.gpsies.com/map.do?fileId=mcotbuwvxmjpnbzg


6.50 Uhr war das Gepäck im Transport-LKW und die Suche nach einer Frühstücksbäckerei begann. Neben unserer Sportanlage gab es einen Penny-Markt, aber dessen Frühstücksbäckerei öffnete erst um 8 Uhr. Zu spät für uns und so suchten wir in der Stadt. Dort wurden wir fündig und pünktlich um 8 Uhr waren wir am Start.

Das erste Ziel war Wolterdingen mit dem Hochwasserrückhaltebecken der Breg.

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Die ‚Obstpause‘ fand hier auf dem Staudamm statt. Weiter ging‘s 25km auf dem Bregtalradweg, der ehemaligen Trasse der Bregtalbahn. Der Radweg besteht weitgehend aus losen Schotter und wird wohl mehr von Kraftfahrzeugen als von Fahrrädern befahren. Man fährt auf den beiden Reifenspuren, dazwischen wächst Gras. Dafür hat er eine absolut gleichmäßige Steigung von 0,65%, also gerade spürbar, aber kaum sichtbar! Es bildeten sich 2 Radfahrerkolonnen: rechts die etwas langsameren Fahrer und in der linken Spurrinne die etwas Flotteren. Bei trockenem Wetter ist der Weg ganz gut zu befahren (natürlich nicht mit dem Rennrad), aber bei Regen dürfte das eine gewaltige Matschparty werden. Der Weg führt bis Furtwangen und hier war auch die Mittagspause.

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Nach der Pause

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wird bei Neueck auf der B500 mit 990m NN der höchste Punkt der Tour de Ländle 2012 erreicht. Von diesem Punkt aus geht es 10 km mit durchschnittlich 5% kontinuierlich bergab. Ungefähr 30 Minuten dauerte diese steile Abfahrt, die von allen Teilnehmern sehr diszipliniert durchgeführt wurde.

[ von up.picr.de]

Irgendwann bekam ich Angst, Krämpfe in den Fingern vom Bremsen zu bekommen oder daß irgendein Reifen heiß wird und platzt und dadurch eine Massenkarambolage ausgelöst wird. All das passierte nicht, nur ein SWR-Übertragungswagen überholte meiner Meinung nach viel zu schnell auf der Gegenfahrbar die Radlerkolonne und brachte direkt neben mir einen Radfahrer mit dem rechten Außenspiegel zu Fall. Der gestürzte Radfahrer konnte noch am selben Tag aus dem Krankenhaus entlassen werden, die Tour war aber für ihn zu Ende. Ein in meinen Augen völlig unnötiger Unfall, der natürlich weder im Fernsehen noch am nächsten Morgen im Tagesresümee erwähnt wurde. Nach diesem Steilstück geht das Simonswälder Tal noch bis Gutach im Breisgau weiter, jedoch mit angenehm zu fahrenden Gefälle.

[ von up.picr.de]

Im Ort Simonswald auf dem Aussichtsparkplatz gab es noch das obligatorische Erdinger. Im Simonswälder Tal gibt es viele Touristische Aussichtsparkplätze. Leider hielt der Tross nirgends an, um die die herrliche Landschaft zu genießen.

In Waldkirch hatte ich die rückwärts weisenden Schilder zur Campingunterkunft leider nicht gesehen (sie waren so auf der anderen Straßenseite angebracht, daß sie nur durch gezieltes Umdrehen hätten gesehen werden können). Ich machte also eine Ehrenrunde über den Festplatz, danach noch eine kleine Stadtrundfahrt und konnte weiter den Hinweisen zur Camper-Übernachtung folgen. Mein Erstaunen war beachtlich, als ich mich plötzlich auf derselben Straße wie stadteinwärts befand.

Den Abend verbrachten wir erst in einer Eisdiele, danach im italienischem Restaurant (diesmal etwas gepflegter – keine Pizza) und schlußendlich bei Bier, Weib und Tanz auf dem Festplatz. Das Treiben auf den Unterhaltungsveranstaltungen des SWR kann man locker als Ü60-Party beschreiben!

[ von up.picr.de]


‚Tour de Ländle 2012‘ 28.7. – 3.8.2012
Tag 14: 3.8.2012
Start: Waldkirch
Ziel: Herbolzheim
Strecke: 72 km, ca. 200 Hm
Track: http://www.gpsies.com/map.do?fileId=vsyrmaqtxnrmwtmc


Den letzten Tag der Ländle-Tour kann man mit ‚ruhiges Ausradeln‘ beschreiben. Der Weg von Waldkirch nach Rust zum Europa-Park (offizielles Tourende) ist nicht weit und tendenziell bergab. Es braucht schon eine größere Schleife, um eine anständige Tagesetappe daraus zu machen.

Die Tour führte daher auch zuerst Richtung Freiburg und bog dann ab zum Kaiserstuhl. Die Obstpause war in Nimburg, die Mittagspause hinter Sasbach am Kaiserstuhl, direkt am Rheinufer mit Blick nach Frankreich. Nach der Pause führte die Tour ein Stück am Rhein weiter und endete in Rust. Die Erdingerpause entfiel am letzten Tag!

Hier konnte jeder Teilnehmer noch eine verbilligte Eintrittskarte für den Vergnügungspark erwerben, allerdings nur an diesem Nachmittag gültig und daher nicht wirklich preiswert. Kostenlos gab es jedoch die Eintrittskarten für die abendliche Musikveranstaltung und die Fernsehübertragung aus dem Europapark. Vorher mußten mein Schulfreund und ich jedoch zur Breisgauhalle nach Herbolzheim, denn dort lag unser Gepäck und da wollte ich auch übernachten.

Mein Kumpel hatte von unterwegs seine Frau zu Hause angerufen und ließ sich mit dem Auto an der Breisgauhalle abholen. Als wir geduscht hatten und umgezogen waren, erschien sie auch mit PKW incl. Fahrradträger. Wir hatten noch Zeit bis zur Fernsehübertragung, vor allem, weil wir die 9km von Herbolzheim nach Rust mit dem Auto fahren wollten. Wir nutzten diese Zeit mit einer kulinarischen Runde zum Eiscafé und in ein Restaurant.

Die Fernsehsendung war kulturell betrachtet ein Reinfall, die Technik drum herum, die man bei einer ‚Livesendung‘ gut beobachten kann, umso interessanter. Gibt es überhaupt echte Livesendungen? Selbstverständlich war die Aufzeichnung längst beendet, als die Übertragung im SWR begann. Warum Zuschauer lachen und winken, wenn sie im Bild sind, ist mir unverständlich, denn im selben Moment wird man vom Scheinwerfer angestrahlt. Die Blendwirkung ist enorm und ich empfand das als äußerst unangenehm.

[ von up.picr.de]

Kurz nach der Aufzeichnung fuhren wir zurück nach Herbolzheim, denn meine beiden Begleiter wollten natürlich gleich nach Hause fahren. Der Hochrhein ist schließlich auch nicht ‚um die Ecke‘. Mein Kumpel war nicht der einzige, der abgeholt wurde, die meisten Teilnehmer waren allerdings auf die Eisenbahn am nächsten Tag angewiesen. Der Veranstalter hatte für die An- und Abreise günstige Tickets zur Verfügung gestellt. Am nächsten Vormittag fuhren von Herbolzheim und Ringsheim aus Fahrradsonderzüge in die verschiedenen Richtungen.


Fazit zur Tour de Ländle:


Würde ich es noch einmal tun? Darauf antworte ich mit einem entschiedenen Vielleicht!

Die Organisation einer solchen Veranstaltung ist bestimmt nicht einfach und im Allgemeinen gut gelungen! Die Strecke war gut ausgewählt, teilweise empfand ich sie dennoch als anstrengend. Wer zu viele Pausen außer der Reihe machte, wurde zwar im Besenwagen aufgefangen – aber: Will man das?

Durch die Polizeieskorte und der zeitweisen Absperrung vieler Straßen für den öffentlichen Verkehr war nur schwer zu erkennen, ob man sich gerade auf einem asphaltierten Wirtschaftsweg oder auf der Schwarzwaldhochstraße befand. Sollte jemand die Strecke nachfahren wollen, wird er an einigen Stellen mit starkem Verkehr rechnen müssen. Auch die hier beschriebenen Übernachtungsplätze sind normalerweise für niemanden zugänglich.

Ein echter Mangel sind die sanitären Einrichtungen. Schulen und Freibäder sind in der Regel nicht dafür eingerichtet, daß mehrere hundert Menschen gleichzeitig zum WC gehen oder duschen. Es gibt sehr gute Sanitärwagen, vor allem mit Toiletten und Waschbecken. Einige dieser Wägen waren auch im Einsatz, aber in Summe viel zu wenig! An dieser Stelle besteht akuter Verbesserungsbedarf.

Verblüffend ist der enorme Steckdosenbedarf des modernen Radreisenden. Wer sein Navi und die Taschenlampen mit Batterien betreiben konnte, war klar im Vorteil. Da es keine Handys mit Batterie gibt, hilft entweder der Verzicht oder eine Lademöglichkeit am Nabendynamo. Mein Solarlader erwies sich als unzureichend, selbst bei dem sonnigen Wetter dieser Reise. Das Laden der Handys in der Nacht im Waschraum (meist mit persönlicher Bewachung) halte ich nicht für der Weisheit letzten Schluß. Pedelecs werden überall beworben. Wie sinnvoll die sind, möchte ich hier nicht diskutieren. Falls es jedoch mehr werden, werden nicht nur auf der Ländletour, sondern auch auf Campingplätzen an stark frequentierten Fernradwegen (wie z.B. am Rhein und Main) die Steckdosen knapp.

An einigen Stellen war das Platzangebot für die Camper zu gering. Ob es in den Turnhallen ähnlich war, kann ich nicht sagen. Oft standen die Zelte außerhalb der bewachten Sportanlagen, weil der bewachte Platz nicht für alle reichte. In solchen Fällen ist die ansonsten löbliche Bewachung der Plätze (Zugang nur mit Teilnehmerbändel in der richtigen Farbe) unzureichend. In einem Ort mußten sogar die Laufbahnen mit Kunststoffbelag als Standplatz für die Zelte genutzt werden. Die Erdnägel wurden hier gnadenlos in den Kunststoffboden geschlagen. Ob das im Sinne des Erfinders ist? Zumindest ist hier Verbesserungsbedarf.

An dieser Stelle stellt sich die Frage, ob die Teilnehmerzahl nicht generell zu hoch ist. Viele Probleme ließen sich durch eine verringerte Anzahl von Radlern entschärfen oder lösen. Auch die sozialen Kontakte der Radler untereinander könnten bei weniger Teilnehmer steigen, denn in dieser Riesenmasse von Radlern sieht man einen gerade kennengelernten Nebenmann oft während der ganzen Tour nicht mehr wieder.

Eine Begebenheit am Rande, die mir als Exil-Badener sofort auffiel, ist der immer noch vorhandene Gegensatz zwischen Schwaben und Badenern. Den gab es schon in meiner Bundeswehrzeit (in Schwaben), aber ich dachte, das hätte sich in den 40 Jahren gelegt. Schließlich hatte damals beim Volksentscheid eine hohe Mehrheit für den Erhalt des Bundeslandes Baden-Württemberg gestimmt (meine erste Wahl. Ich bekam bei der Bundeswehr sogar Sonderurlaub, um zu meinem Wahllokal in Baden fahren zu können). Der SWR ist schwäbisch dominiert, sogar auswärtige Praktikanten mußten während der Tour jeden Tag einen schwäbischen Ausspruch lernen. In den Dörfern und Kleinstädten, durch die wir fuhren, standen viele Menschen am Straßenrand und jubelten, oft war auch die örtliche Musikkapelle (oft die Fasnachtskapelle eines Narrenvereins) am Straßenrand und spielte. Im schwäbischen Landesteil war das meist ‘Muß i denn zum Städtele hinaus‘, während im badischen Landesteil, speziell in Nordbaden, vorwiegend das ‘Badnerlied‘ gespielt wurde.

[ von up.picr.de]


Fortsetzung folgt.