Posted by: HelmutHB
Rund ums Riesengebirge in Tschechien und Polen - 07/15/10 08:05 PM
Dies ist ein Bericht über eine Radtour im Grenzgebiet von Tschechien und Polen, vom 05.06.-13.06.2010.
Geplant war eine Radreise mit Startpunkt Dresden, dann sollte es auf der tschechischen Seite zum Isergebirge gehen, am Riesengebirge vorbei, dann bei Bad Kudowa über die Grenze nach Polen und von dort zurück nach Deutschland. Der Zielort sollte Görlitz sein. Ich war an dieser Gegend schon seit längerer Zeit interessiert und wollte nun auch die Gelegenheit dazu nutzen, mein Leistungsvermögen zu testen, nachdem ich mich kurz vor Ostern einer kleinen Herzoperation unterziehen musste. Zuvor hatte ich mir für die geplanten Tagestrecken Tracks für mein Garmin Legend ausgearbeitet und mir für die voraussichtlichen Übernachtungsorte eine kleine Liste von möglichen Unterkünften zusammen gestellt.
Samstag 05.06.10
Fahrt mit dem Zug von Bremen nach Dresden, Abfahrt 7:18, Ankunft 15:42. Dann auf dem Elberadweg nach Königsstein. Dort hatte ich ein Zimmer reserviert. Sehr gutes Wetter und sehr viel Betrieb auf den Radwegen an der Elbe. Ich kam schlecht voran, überall Rummel. Die Elbe hatte Hochwasser und an einigen Stellen war der Radweg überflutet, so dass ich einmal über Wiesen schieben musste. Aber schöne Landschaft, sieht fast aus wie im Rheinland, mit bewaldeten Hängen und schönen Bauwerken. Das letzte Stück zur Unterkunft hatte ich mich vom GPS geroutet führen lassen, aber das war keine gute Idee. Ich wurde einen extrem steilen und holperigen Plattenweg hinauf geschickt (Pfaffenberg). Äußerst anstrengend, die größte Strecke musste ich schieben und das war mit den Packtaschen nicht einfach. Als ich oben war, war ich völlig erschöpft. Dann ging es zum Hotel in Gohrisch wieder ein Stück runter. Es hätte sicher auch einen einfacheren Weg gegeben. Tagesstrecke 45 km.
Sonntag 06.06.10
Fahrt an der Elbe zur tschechischen Grenze. Herrliche Landschaft und guter Radweg. Ein anderer Radfahrer fuhr hinter mir und als wir ins Gespräch kamen, erfuhr ich, dass er 84 Jahre alt ist. Fuhr aber noch ein sportliches Tourenrad und ein flottes Tempo. Kurz nach der Grenze war der Radweg an der Elbe wegen des Hochwassers voll gesperrt und ich musste mir eine Ausweichroute suchen. Ausgeschildert war nichts. Zum Glück hatte ich das GPS und den City Navigator. Damit fand ich hoch oben am Berghang einen felsigen und etwas schlammigen Pfad, der mich nach einer langen Strecke wieder an die Elbe führte. In TCH fuhr ich zunächst Hauptstraßen mit viel Verkehr, aber später waren es gut ausgebaute, ruhige Fernradwege. Auf den Hauptstraßen sind aber meistens Seitenstreifen vorhanden, auf denen man relativ gut fahren kann. In Tschechien fahren die meisten Radfahrer mit Helm. Ich konnte nirgends Geld wechseln, da Sonntag. Pralle Sonne und Hitze. Anstrengende Strecke, viele steile und lange Anstiege. Sehr erschöpft, starke Herzprobleme. Denke deswegen schon jetzt darüber nach, wie ich die geplante Tour evtl. abkürzen könnte. Geplant waren heute 100 km. An der ersten Unterkunft fuhr ich versehentlich vorbei. Die zweite Unterkunft war angeblich voll belegt und der Besitzer war ziemlich schroff und unfreundlich. Die Unterkunftssuche scheint hier ein Problem zu sein.
Ich musste weiter fahren bis nach Frydland. Aber auch da schien es zunächst nur eine Pension zu geben, kein Hotel, und auch die war voll belegt. Ich hatte schon befürchtet, dass ich die Nacht im Freien verbringen muss, aber dann fragte ich ein Ehepaar am Marktplatz und die waren sehr freundlich. Sie telefonierten mit einem Zimmervermieter und der hatte noch ein Zimmer frei. Die beiden brachten mich da sogar noch hin. Der Vermieter war ein sehr freundlicher älterer Herr, der aber kein Wort Deutsch oder Englisch sprach. Frydland ist ein netter Ort mit Atmosphäre, aber mit großem Renovierungsbedarf und es ist nicht allzuviel zu sehen. Tagesstrecke 127 km.
Mo. 07.06.10
Morgens im Cafe einen Kaffee getrunken und ein kleines Stück Kuchen gegessen, ansonsten kein Frühstück. Schwarze Wolken, aber trocken. Weil die gestrige Etappe so lang war, sollten es heute nur 60 km sein. Aber die Fahrt war extrem anstrengend. Es ging in die Berge. Brutal steile und lange Anstiege, selbst im kleinsten Gang manchmal kaum zu schaffen, sodass ich dann schieben musste. Beim Fahren lange Zeit nur 5-6 km/h. Aber sehr schöne Landschaft im Isergegirge. Dann setzte mitten im Gebirge ein Regenschauer ein und ich machte solange Pause, danach fuhr ich weiter. Es blieb dann auch trocken. In einer Hütte an einem Pass Mittag gegessen. Ewiges steiles auf und ab, auch Schotterwege. Ich war fix und fertig und heilfroh, dass heute nur 60 km auf dem Programm standen, aber auch die waren nur mit Mühe zu schaffen. Das Wetter wurde heiß und es gab wenig Schatten. Das erste Hotel war wieder belegt, aber im zweiten bekam ich ein Zimmer. Außerordentlich freundliche und aufmerksame Bedienung. Die anderen Gäste waren zumeist Schulkinder, und das Hotel wirkte auch eher wie eine Jugendherberge. Aber durchaus angenehm. Der Speisesaal wird nur zu bestimmten Zeiten geöffnet, sonst ist er verschlossen. Die Kinder benahmen sich auffallend gut. Aber ich bin völlig kaputt, habe heftige Herzrhythmusstörungen, sodass ich die Tour stark abkürzen möchte oder so abändern, dass es nicht mehr so durch die Berge geht. Meine geplanten Tagesetappen von 80-100 km sind unter diesen Umständen zu lang. Tagesstrecke 63 km. Hotel Jasmin in Vitkovice. Zimmer, Abendessen und Frühstück umgerechnet ca. 22 EUR!
Di. 08.06.10
Das Frühstück war OK, aber es gab nur Pulverkaffee. Entgegen meinen Befürchtungen lies sich die heutige Etappe wieder besser fahren. Guter Straßenzustand und mit zwar immer noch langen Steigungen, aber nicht mehr so steil wie gestern. Ich kam gut voran. Zweites Frühstück an einem kleinen Flugplatz. Von da war schon die Schneekoppe zu sehen, die aber nicht sonderlich imposant wirkt. Angenehmes Wetter, aufgelockerte Bewölkung und sonnig, aber nicht mehr so heiß wie gestern. Außerdem häufig im Wald angenehm schattig. Mittagessen in Trutnov, einer sehr schönen Stadt. Ankunft im Übernachtungsort Hronov schon um 16 Uhr, gleich ein sehr schönes, geräumiges Zimmer gefunden. Fühle mich fit und gut. Der Tag war weniger anstrengend als befürchtet.
Tagesstrecke 83 km.
Mi. 09.06.10
Mäßiges Frühstück mit Muckefuck. Aufbruch bei schönem Wetter zur polnischen Grenze. Hauptstraße gefahren, dichter LKW-Verkehr. Geldwechsel in Bad Kudowa war schwierig. In der Bank verstand niemand Deutsch oder Englisch und nach langem Warten vor der Kasse stellte sich dann heraus, dass ich dort kein Geld wechseln kann. Also eine Wechselstube gesucht, was auch mühsam war. Dann in die Berge in Richtung Heuscheuer-Gebirge. Sehr anstrengend und nicht unbedingt lohnend, denn man fährt immer im dichten Wald und hat kaum interessante Ausblicke. Steile Abfahrten und teilweise sehr schlechte Straßen mit vielen Löchern. Mittagessen in Duszniki-Stroj, von wo ich schon telefonisch mein Erscheinem in einer Pension in Wilhelmsthal (Boleslawow) ankündigte, danach wieder in die Berge. Landschaftlich schön, aber wieder äußerst anstrengend. Immer im kleinsten Gang mit 6 km/h bergauf. In großer Hitze immer nach Schatten gesucht. Ich war vollkommen am Ende meiner Kräfte. Schließlich eine lange und sehr steile rasende Abfahrt, die aber plötzlich an einer Straßensperrung endete. Unten im Tal wurde eine Brücke über einen reißenden Bach erneuert. Die alte Brücke war schon abgebrochen worden und es gab keine Möglickeit, rüber zu kommen. Ich war völlig ratlos, es war schon spät und ich war erschöpft und wollte auf keinen Fall die lange Steigung wieder hochfahren und dann einen Umweg suchen. Leider war es dort völlig einsam und niemand in der Nähe, den man um Rat fragen konnte. Aber dann kam ein polnischer Autofahrer, der auch irritiert vor der Sperrung hielt. Ich wollte ihn nach einer Umfahrung fragen, aber er verstand mich nicht und war nicht besonders freundlich. Dann fuhr er wieder weg, um sich bei Anwohnern zu erkundigen. Nach kurzer Zeit kam er wieder und gab mir ein Zeichen, ihm zu folgen. Er fuhr über einen lehmigen, holperigen Acker, wobei sein neu aussehendes Auto mehrmals heftig aufsetzte. Auf diesem Weg kamen wir zu einer anderen Straße, auf der ich dann mit GPS-Routing zu meinem Ziel weiterfahren konnte. Kam um 18:30 bei Pension Emilia an, die anderen Gäste waren schon beim Abendessen. Aber nachdem ich geduscht hatte, bekam ich auch noch etwas zu essen. Ich war aber so müde und kaputt, dass ich schon fast beim Essen einschlief. Empfehlenswerte Pension. Tagesstrecke 98 km.
Do. 10.06.10
Da die letzten Tage so anstrengend waren, beschloss ich, den weiteren Streckenverlauf so abzuändern, dass ich weniger Bergstraßen fahren muss. Ich musste also weiter nördlich fahren, aber da kamen eigentlich nur Hauptstraßen infrage. Morgens kam ich auf guten Straßen zügig voran bis Glatz. Guter Asphalt, überwiegend abschüssig. Konnte ein gutes Tempo vorlegen. In Glatz Verkehrschaos, war froh über mein Navi, damit kam ich relativ schnell durch die Stadt. Hatte schon zu Mittag 2/3 der Tagesstrecke geschafft. Auf den Hauptstraßen war recht viel Verkehr und es war ziemlich heiß. Gut ist in Polen, dass man fast in jedem Dorf einen kleinen Laden findet (Sklep), wo man Getränke kaufen kann.
Am Nachmittag bemerkte ich ein leises Rumpeln vom Hinterrad und dachte erst an eine lose Speiche. Das wurde dann aber schnell schlimmer und ca. 28 km vor Waldenburg beschloss ich, mir das mal genauer anzusehen. Was ich dann sah, schockierte mich: im Mantel des Hinterrades war ein ca. 4 cm langer klaffender Riss. Dort waren nur noch die Karkassenfäden vorhanden und der Mantel war an der Stelle schon ganz deformiert. Offensichtlich war der Reifen kurz vorm Platzen. Und ich war in der polnischen Provinz weitab vom nächsten Dorf, und Fahrradläden gibt es sowieso nicht viele. Wodurch der Riss entstanden war, weiß ich nicht. Die einzige Lösung schien mir zu sein, mit dem kaputten Mantel bis Waldenburg weiter zu fahren. Aber damit er nicht platzt, musste ich den Druck soweit wie möglich absenken. Dazu musste ich den defekten Mantel aber auf das Vorderrad montieren, denn hinten mit den schweren Packtaschen brauchte ich hohen Druck. Also tauschte ich die Mäntel vorn und hinten und fuhr vorsichtig und langsam weiter. Tatsächlich schaffte ich es dann bis Waldenburg. Der dortige Fahrradhändler hatte aber nur einen einzigen Mantel, der zum Austausch infrage kam: einen tschechischen Mantel Fabrikat Rubena in grellem Blau, für ca. 7 EUR. Gut, ich hatte keine andere Wahl und wechselte den Reifen gleich dort in der Werkstatt. Er hat sicher keine besondere Pannensicherheit, hat aber dann bis zum Ende der Tour durchgehalten (allerdings eierte er immer ein wenig). Trotz der technischen Probleme war ich schon um 16 Uhr in Waldenburg (Walbrzych). Etwas weiter, in Szczawno Zdrój (Bad Salzbrunn), fand ich auch gleich ein Hotel mit einem Zimmer, welches sehr luxuriös war: ein sehr großer Raum, gut eingerichtet, sogar mit einem großen Sofa und einem großen Balkon. Zum Hotel gehörte auch ein edel wirkendes Restaurant, allerdings fast ohne Kundschaft. Aber alles sehr feudal! Tagesstrecke wieder 98 km.
Fr. 11.06.10
Heute stand eine Fahrt über Hauptstraßen an. Ich folgte dem geplanten Track zuerst noch ca. 20 km und bog dann von da nach Norden ab, um über die Hauptstraßen nach Hirschberg zu kommen. Dabei fuhr ich immer Teilstücke geroutet nach GPS, was auch gut funktionierte. Auf diese Weise kam ich bis zur Landesstraße (?) 3, auf der ich dann weiter fuhr. Leider war es sehr unangenehm auf dieser Hauptstraße, denn sie war sehr stark befahren, viele LKW und Busse und im Gegensatz zu Tschechien gab es keine Seitenstreifen oder sie waren unbefestigt und nicht befahrbar. Also wurde ich immer in geringem Abstand überholt und mit den Dieselabgasen eingenebelt. Mir wurde schon ganz schlecht davon. Die Luft ist hier generell meist schlecht, Abgase und viel Staub und in den kleinen Ortschaften qualmt und stinkt es überall. Überall kokeln Feuer, in denen anscheinend irgendwelche Abfälle verbrannt werden. Manchmal kann man kaum atmen, so unangenehm ist der Qualm. Abschnittsweise war es auf dieser Straße auch unangenehm, weil am rechten Fahrbahnrand noch Reflektoren in die Fahrbahn eingelassen waren. Wenn man ganz rechts fahren wollte und musste, hoppelte man andauernd über diese Reflektoren. Die Straße wies auch etliche lange Steigungen auf und es wehte an manchen Stellen ein sehr starker Wind, direkt von vorn. Nachdem ich an Hirschberg (Jelenia Gora) vorbei war, hab ich in einer Raststätte etwas getrunken und mich etwas über die junge Bedienung geärgert, die wieder keinerlei Fremdsprachenkenntnisse hatte. Etwas später hielt ich noch an einer anderen Raststätte, das war ein kleiner Imbiss, wo der Besitzer Würste auf einem Grill briet. Er war sehr freundlich, sprach etwas deutsch und war sehr interessiert, sich mit mir zu unterhalten. Er hatte auch guten selbstmachten Salat. Ich habe dort fast 2 Liter Limonade getrunken, solchen Durst hatte ich. Als mein Tagesziel hatte ich mir Mirsk ausgewählt. Bis dahin war noch ein anstrengender Weg. In Mirsk sah ich drei ältere Frauen auf einer Bank sitzen und wollte sie nach einem Hotel fragen. Zuerst schienen sie mich nicht zu verstehen. Aber dann stand eine von ihnen, bestimmt über 80 Jahre alt, auf und fragte mich auf akzentfreiem Deutsch "Was wünschen Sie denn?" Ich fragte wieder nach einem Hotel, aber sie war anscheinend sehr schwerhörig und verstand mich zuerst immer falsch. Aber dann übersetzte sie es für die anderen Frauen und sie beratschlagten. Dann empfahlen sie mir 'Hotel Schwieradowje' und zeigten in die Fahrtrichtung. Ich dachte, dass Hotel heißt so, aber das war ein Missverständnis. Ich fuhr und fuhr und war längst aus dem Ort raus. Als ich Leute nach dem Hotel Schwieradowje fragte, zeigten sie immer weiter in die gleiche Richtung. Es ging bergauf und war anstrengend. Irgendwann fragte ich jemanden, der Deutsch verstand. Dabei stellte sich heraus, dass bald ein Kurort Swieradow-Stroj kommt und dass Hotel Swieradowje nur bedeutet: irgendein Hotel in diesem Ort. Also musste ich noch ein paar km weiter fahren bis in den Ort hinein, aber auch da war nicht so schnell ein Hotel zu finden. Schließlich landete in einem Hotel, eher eine düstere Absteige. An der Rezeption waren zwei rundliche Mädchen, die nur Polnisch verstanden und dauernd verlegen kicherten. Die Übernachtung sollte nur 10 EUR kosten und das Frühstück 5 EUR. Es dauerte aber lange, bis wir darüber sprachlich eine Übereinkunft erzielen konnten. Das Zimmer sah aus, als ob es seit 1930 nicht mehr renoviert worden wäre, so vergilbt waren die Tapeten. Aber wenigstens funktionierte die Dusche. Ich war völlig fertig und verschwitzt und verstaubt. Abends ging ich noch in den Ort, aber der hatte eine typische triste Ostblock-Atmosphäre. Viele Kurgäste, aber wenig nette Lokale. Da wo ich dann war, war die Bedienung lustlos und das Essen mäßig.
Der heutige Tag war sehr anstrengend und nervig. Hektischer Verkehr, Abgase, Lärm, Steigungen, Sturm und landschaftlich eher langweilig. Wenigstens war es heute nicht so warm. Es geht jetzt eigentlich nur noch darum, möglichst schnell wieder nach Deutschland zu kommen. Aber ich bin schon relativ kurz vor der Grenze!
Tagesstrecke 97 km.
Sa. 12.06.10
Das Frühstück war besser als befürchtet. Ich bin anscheinend der einzige Hotelgast. Dann Fahrt über abgelegene Straßen nach Görlitz. Einige erträgliche Anstiege. Recht nette Gegend, wenig Verkehr. Bedeckter Himmel, fast kühl. Ankunft in Görlitz um ca. 14 Uhr. Stadtbummel, einen Kaffee getrunken und dann in die Unterkunft nach Markersdorf gefahren. Kaum war ich da, fing es an zu gießen. Abendessen im 'Brauereigasthof'. Tagesstrecke 63,5 km.
So. 13.06.10
Rückfahrt von Görlitz. Elendig lange Fahrt mit der Bahn mit Wochenend-Ticket. Abfahrt 9:23 und Ankunft in Bremen um ca. 22 Uhr. Anschlusszüge verpasst wegen Verspätungen.
Gesamtstrecke: 680 km
Kosten: knapp 500 EUR
Resümee:
Im Grunde war das kein wirkliches Highlight. Da wo es besonders schön war (z.B. im Isergebirge), war es auch besonders anstrengend. Aber wirklich beeindruckend schön war es nur an wenigen Stellen. Überwiegend war die Strecke eher etwas langweilig, besonders in Polen. Das kann aber daran liegen, dass ich in Polen von der geplanten Strecke abgewichen und mehr abseits der Berge auf Hauptstraßen gefahren bin. Es gab wenige Höhepunkte bzw. lohnende Sehenswürdigkeiten, wenig Abwechselung. Glück hatte ich mit dem Wetter (das heißt, eigentlich war es fast zu warm), aber ich habe leider wenig Interessantes erlebt, auch kaum Leute kennen gelernt. Ich fand wenig Inspiration, habe auch relativ wenig fotografiert.
Die kleinen polnischen Dörfer sahen irgendwie alle fast gleich aus. Die Luftverunreinigung nervt stellenweise sehr. Abgase, Qualm, Staub und Gestank. Auch aggressive, kläffende Hunde nervten in kleien Dörfern in Polen manchmal.
Insgesamt fand ich die Unterschiede zwischen TCH und PL gering. In TCH habe ich mehr unfreundliche Leute angetroffen als in Polen und die Unterkunftsituation war schwieriger. Dafür waren die Straßen angenehmer zu befahren (bessere Oberfläche und gute Seitenstreifen an Hauptstraßen), aber leider hatten sie auch anstrengendere Steigungen. In Polen war es leichter, eine Unterkunft zu finden. Genervt hat mich, dass auch viele jüngere Leute kaum Fremdsprachenkenntnisse haben. Selbst in Banken, Rasthäusern oder Hotels wird man nicht immer verstanden, wenn man es auf Englisch oder Deutsch versucht.
Das Preis-/Leistungsverhältnis ist sehr gut. Die Übernachtungen kosten deutlich weniger als bei uns, und da wo sie in etwa das Gleiche kosten, bekommt man mehr fürs Geld, größere und schönere Zimmer. Das Essen ist auch preisgünstig, hat aber qualitativ nicht ganz westliches Niveau. Manchmal war es etwas dröge, weil Saucen fehlten. Aber das Bier schmeckte gut
Hervorragend geklappt hat das Fahren mit GPS. Leider gab es einige Umwege zu fahren wegen Elbüberflutung oder Straßenbaustellen, aber da hat sich der City-Navigator mit der Routingfunktion sehr gut bewährt. Ansonsten kam ich mit dem Rad bei Baustellen meistens durch. Ich bin begeistert von den Möglichkeiten, die GPS bietet. Sowohl das Fahren nach Track als auch das Fahren mit einigen Fixpunkten, die ich nach Karte eingegeben hatte und zwischen denen ich geroutet gefahren bin, hat hervorragend funktioniert. Etwas unangenehm ist mir nur aufgefallen, dass der City Navigator nur eine Minimalauswahl von Hotels in dieser Region gespeichert hat. Die meisten meiner Unterkünfte waren im CN nicht bekannt.
Helmut
Geplant war eine Radreise mit Startpunkt Dresden, dann sollte es auf der tschechischen Seite zum Isergebirge gehen, am Riesengebirge vorbei, dann bei Bad Kudowa über die Grenze nach Polen und von dort zurück nach Deutschland. Der Zielort sollte Görlitz sein. Ich war an dieser Gegend schon seit längerer Zeit interessiert und wollte nun auch die Gelegenheit dazu nutzen, mein Leistungsvermögen zu testen, nachdem ich mich kurz vor Ostern einer kleinen Herzoperation unterziehen musste. Zuvor hatte ich mir für die geplanten Tagestrecken Tracks für mein Garmin Legend ausgearbeitet und mir für die voraussichtlichen Übernachtungsorte eine kleine Liste von möglichen Unterkünften zusammen gestellt.
Samstag 05.06.10
Fahrt mit dem Zug von Bremen nach Dresden, Abfahrt 7:18, Ankunft 15:42. Dann auf dem Elberadweg nach Königsstein. Dort hatte ich ein Zimmer reserviert. Sehr gutes Wetter und sehr viel Betrieb auf den Radwegen an der Elbe. Ich kam schlecht voran, überall Rummel. Die Elbe hatte Hochwasser und an einigen Stellen war der Radweg überflutet, so dass ich einmal über Wiesen schieben musste. Aber schöne Landschaft, sieht fast aus wie im Rheinland, mit bewaldeten Hängen und schönen Bauwerken. Das letzte Stück zur Unterkunft hatte ich mich vom GPS geroutet führen lassen, aber das war keine gute Idee. Ich wurde einen extrem steilen und holperigen Plattenweg hinauf geschickt (Pfaffenberg). Äußerst anstrengend, die größte Strecke musste ich schieben und das war mit den Packtaschen nicht einfach. Als ich oben war, war ich völlig erschöpft. Dann ging es zum Hotel in Gohrisch wieder ein Stück runter. Es hätte sicher auch einen einfacheren Weg gegeben. Tagesstrecke 45 km.
Sonntag 06.06.10
Fahrt an der Elbe zur tschechischen Grenze. Herrliche Landschaft und guter Radweg. Ein anderer Radfahrer fuhr hinter mir und als wir ins Gespräch kamen, erfuhr ich, dass er 84 Jahre alt ist. Fuhr aber noch ein sportliches Tourenrad und ein flottes Tempo. Kurz nach der Grenze war der Radweg an der Elbe wegen des Hochwassers voll gesperrt und ich musste mir eine Ausweichroute suchen. Ausgeschildert war nichts. Zum Glück hatte ich das GPS und den City Navigator. Damit fand ich hoch oben am Berghang einen felsigen und etwas schlammigen Pfad, der mich nach einer langen Strecke wieder an die Elbe führte. In TCH fuhr ich zunächst Hauptstraßen mit viel Verkehr, aber später waren es gut ausgebaute, ruhige Fernradwege. Auf den Hauptstraßen sind aber meistens Seitenstreifen vorhanden, auf denen man relativ gut fahren kann. In Tschechien fahren die meisten Radfahrer mit Helm. Ich konnte nirgends Geld wechseln, da Sonntag. Pralle Sonne und Hitze. Anstrengende Strecke, viele steile und lange Anstiege. Sehr erschöpft, starke Herzprobleme. Denke deswegen schon jetzt darüber nach, wie ich die geplante Tour evtl. abkürzen könnte. Geplant waren heute 100 km. An der ersten Unterkunft fuhr ich versehentlich vorbei. Die zweite Unterkunft war angeblich voll belegt und der Besitzer war ziemlich schroff und unfreundlich. Die Unterkunftssuche scheint hier ein Problem zu sein.
Ich musste weiter fahren bis nach Frydland. Aber auch da schien es zunächst nur eine Pension zu geben, kein Hotel, und auch die war voll belegt. Ich hatte schon befürchtet, dass ich die Nacht im Freien verbringen muss, aber dann fragte ich ein Ehepaar am Marktplatz und die waren sehr freundlich. Sie telefonierten mit einem Zimmervermieter und der hatte noch ein Zimmer frei. Die beiden brachten mich da sogar noch hin. Der Vermieter war ein sehr freundlicher älterer Herr, der aber kein Wort Deutsch oder Englisch sprach. Frydland ist ein netter Ort mit Atmosphäre, aber mit großem Renovierungsbedarf und es ist nicht allzuviel zu sehen. Tagesstrecke 127 km.
Mo. 07.06.10
Morgens im Cafe einen Kaffee getrunken und ein kleines Stück Kuchen gegessen, ansonsten kein Frühstück. Schwarze Wolken, aber trocken. Weil die gestrige Etappe so lang war, sollten es heute nur 60 km sein. Aber die Fahrt war extrem anstrengend. Es ging in die Berge. Brutal steile und lange Anstiege, selbst im kleinsten Gang manchmal kaum zu schaffen, sodass ich dann schieben musste. Beim Fahren lange Zeit nur 5-6 km/h. Aber sehr schöne Landschaft im Isergegirge. Dann setzte mitten im Gebirge ein Regenschauer ein und ich machte solange Pause, danach fuhr ich weiter. Es blieb dann auch trocken. In einer Hütte an einem Pass Mittag gegessen. Ewiges steiles auf und ab, auch Schotterwege. Ich war fix und fertig und heilfroh, dass heute nur 60 km auf dem Programm standen, aber auch die waren nur mit Mühe zu schaffen. Das Wetter wurde heiß und es gab wenig Schatten. Das erste Hotel war wieder belegt, aber im zweiten bekam ich ein Zimmer. Außerordentlich freundliche und aufmerksame Bedienung. Die anderen Gäste waren zumeist Schulkinder, und das Hotel wirkte auch eher wie eine Jugendherberge. Aber durchaus angenehm. Der Speisesaal wird nur zu bestimmten Zeiten geöffnet, sonst ist er verschlossen. Die Kinder benahmen sich auffallend gut. Aber ich bin völlig kaputt, habe heftige Herzrhythmusstörungen, sodass ich die Tour stark abkürzen möchte oder so abändern, dass es nicht mehr so durch die Berge geht. Meine geplanten Tagesetappen von 80-100 km sind unter diesen Umständen zu lang. Tagesstrecke 63 km. Hotel Jasmin in Vitkovice. Zimmer, Abendessen und Frühstück umgerechnet ca. 22 EUR!
Di. 08.06.10
Das Frühstück war OK, aber es gab nur Pulverkaffee. Entgegen meinen Befürchtungen lies sich die heutige Etappe wieder besser fahren. Guter Straßenzustand und mit zwar immer noch langen Steigungen, aber nicht mehr so steil wie gestern. Ich kam gut voran. Zweites Frühstück an einem kleinen Flugplatz. Von da war schon die Schneekoppe zu sehen, die aber nicht sonderlich imposant wirkt. Angenehmes Wetter, aufgelockerte Bewölkung und sonnig, aber nicht mehr so heiß wie gestern. Außerdem häufig im Wald angenehm schattig. Mittagessen in Trutnov, einer sehr schönen Stadt. Ankunft im Übernachtungsort Hronov schon um 16 Uhr, gleich ein sehr schönes, geräumiges Zimmer gefunden. Fühle mich fit und gut. Der Tag war weniger anstrengend als befürchtet.
Tagesstrecke 83 km.
Mi. 09.06.10
Mäßiges Frühstück mit Muckefuck. Aufbruch bei schönem Wetter zur polnischen Grenze. Hauptstraße gefahren, dichter LKW-Verkehr. Geldwechsel in Bad Kudowa war schwierig. In der Bank verstand niemand Deutsch oder Englisch und nach langem Warten vor der Kasse stellte sich dann heraus, dass ich dort kein Geld wechseln kann. Also eine Wechselstube gesucht, was auch mühsam war. Dann in die Berge in Richtung Heuscheuer-Gebirge. Sehr anstrengend und nicht unbedingt lohnend, denn man fährt immer im dichten Wald und hat kaum interessante Ausblicke. Steile Abfahrten und teilweise sehr schlechte Straßen mit vielen Löchern. Mittagessen in Duszniki-Stroj, von wo ich schon telefonisch mein Erscheinem in einer Pension in Wilhelmsthal (Boleslawow) ankündigte, danach wieder in die Berge. Landschaftlich schön, aber wieder äußerst anstrengend. Immer im kleinsten Gang mit 6 km/h bergauf. In großer Hitze immer nach Schatten gesucht. Ich war vollkommen am Ende meiner Kräfte. Schließlich eine lange und sehr steile rasende Abfahrt, die aber plötzlich an einer Straßensperrung endete. Unten im Tal wurde eine Brücke über einen reißenden Bach erneuert. Die alte Brücke war schon abgebrochen worden und es gab keine Möglickeit, rüber zu kommen. Ich war völlig ratlos, es war schon spät und ich war erschöpft und wollte auf keinen Fall die lange Steigung wieder hochfahren und dann einen Umweg suchen. Leider war es dort völlig einsam und niemand in der Nähe, den man um Rat fragen konnte. Aber dann kam ein polnischer Autofahrer, der auch irritiert vor der Sperrung hielt. Ich wollte ihn nach einer Umfahrung fragen, aber er verstand mich nicht und war nicht besonders freundlich. Dann fuhr er wieder weg, um sich bei Anwohnern zu erkundigen. Nach kurzer Zeit kam er wieder und gab mir ein Zeichen, ihm zu folgen. Er fuhr über einen lehmigen, holperigen Acker, wobei sein neu aussehendes Auto mehrmals heftig aufsetzte. Auf diesem Weg kamen wir zu einer anderen Straße, auf der ich dann mit GPS-Routing zu meinem Ziel weiterfahren konnte. Kam um 18:30 bei Pension Emilia an, die anderen Gäste waren schon beim Abendessen. Aber nachdem ich geduscht hatte, bekam ich auch noch etwas zu essen. Ich war aber so müde und kaputt, dass ich schon fast beim Essen einschlief. Empfehlenswerte Pension. Tagesstrecke 98 km.
Do. 10.06.10
Da die letzten Tage so anstrengend waren, beschloss ich, den weiteren Streckenverlauf so abzuändern, dass ich weniger Bergstraßen fahren muss. Ich musste also weiter nördlich fahren, aber da kamen eigentlich nur Hauptstraßen infrage. Morgens kam ich auf guten Straßen zügig voran bis Glatz. Guter Asphalt, überwiegend abschüssig. Konnte ein gutes Tempo vorlegen. In Glatz Verkehrschaos, war froh über mein Navi, damit kam ich relativ schnell durch die Stadt. Hatte schon zu Mittag 2/3 der Tagesstrecke geschafft. Auf den Hauptstraßen war recht viel Verkehr und es war ziemlich heiß. Gut ist in Polen, dass man fast in jedem Dorf einen kleinen Laden findet (Sklep), wo man Getränke kaufen kann.
Am Nachmittag bemerkte ich ein leises Rumpeln vom Hinterrad und dachte erst an eine lose Speiche. Das wurde dann aber schnell schlimmer und ca. 28 km vor Waldenburg beschloss ich, mir das mal genauer anzusehen. Was ich dann sah, schockierte mich: im Mantel des Hinterrades war ein ca. 4 cm langer klaffender Riss. Dort waren nur noch die Karkassenfäden vorhanden und der Mantel war an der Stelle schon ganz deformiert. Offensichtlich war der Reifen kurz vorm Platzen. Und ich war in der polnischen Provinz weitab vom nächsten Dorf, und Fahrradläden gibt es sowieso nicht viele. Wodurch der Riss entstanden war, weiß ich nicht. Die einzige Lösung schien mir zu sein, mit dem kaputten Mantel bis Waldenburg weiter zu fahren. Aber damit er nicht platzt, musste ich den Druck soweit wie möglich absenken. Dazu musste ich den defekten Mantel aber auf das Vorderrad montieren, denn hinten mit den schweren Packtaschen brauchte ich hohen Druck. Also tauschte ich die Mäntel vorn und hinten und fuhr vorsichtig und langsam weiter. Tatsächlich schaffte ich es dann bis Waldenburg. Der dortige Fahrradhändler hatte aber nur einen einzigen Mantel, der zum Austausch infrage kam: einen tschechischen Mantel Fabrikat Rubena in grellem Blau, für ca. 7 EUR. Gut, ich hatte keine andere Wahl und wechselte den Reifen gleich dort in der Werkstatt. Er hat sicher keine besondere Pannensicherheit, hat aber dann bis zum Ende der Tour durchgehalten (allerdings eierte er immer ein wenig). Trotz der technischen Probleme war ich schon um 16 Uhr in Waldenburg (Walbrzych). Etwas weiter, in Szczawno Zdrój (Bad Salzbrunn), fand ich auch gleich ein Hotel mit einem Zimmer, welches sehr luxuriös war: ein sehr großer Raum, gut eingerichtet, sogar mit einem großen Sofa und einem großen Balkon. Zum Hotel gehörte auch ein edel wirkendes Restaurant, allerdings fast ohne Kundschaft. Aber alles sehr feudal! Tagesstrecke wieder 98 km.
Fr. 11.06.10
Heute stand eine Fahrt über Hauptstraßen an. Ich folgte dem geplanten Track zuerst noch ca. 20 km und bog dann von da nach Norden ab, um über die Hauptstraßen nach Hirschberg zu kommen. Dabei fuhr ich immer Teilstücke geroutet nach GPS, was auch gut funktionierte. Auf diese Weise kam ich bis zur Landesstraße (?) 3, auf der ich dann weiter fuhr. Leider war es sehr unangenehm auf dieser Hauptstraße, denn sie war sehr stark befahren, viele LKW und Busse und im Gegensatz zu Tschechien gab es keine Seitenstreifen oder sie waren unbefestigt und nicht befahrbar. Also wurde ich immer in geringem Abstand überholt und mit den Dieselabgasen eingenebelt. Mir wurde schon ganz schlecht davon. Die Luft ist hier generell meist schlecht, Abgase und viel Staub und in den kleinen Ortschaften qualmt und stinkt es überall. Überall kokeln Feuer, in denen anscheinend irgendwelche Abfälle verbrannt werden. Manchmal kann man kaum atmen, so unangenehm ist der Qualm. Abschnittsweise war es auf dieser Straße auch unangenehm, weil am rechten Fahrbahnrand noch Reflektoren in die Fahrbahn eingelassen waren. Wenn man ganz rechts fahren wollte und musste, hoppelte man andauernd über diese Reflektoren. Die Straße wies auch etliche lange Steigungen auf und es wehte an manchen Stellen ein sehr starker Wind, direkt von vorn. Nachdem ich an Hirschberg (Jelenia Gora) vorbei war, hab ich in einer Raststätte etwas getrunken und mich etwas über die junge Bedienung geärgert, die wieder keinerlei Fremdsprachenkenntnisse hatte. Etwas später hielt ich noch an einer anderen Raststätte, das war ein kleiner Imbiss, wo der Besitzer Würste auf einem Grill briet. Er war sehr freundlich, sprach etwas deutsch und war sehr interessiert, sich mit mir zu unterhalten. Er hatte auch guten selbstmachten Salat. Ich habe dort fast 2 Liter Limonade getrunken, solchen Durst hatte ich. Als mein Tagesziel hatte ich mir Mirsk ausgewählt. Bis dahin war noch ein anstrengender Weg. In Mirsk sah ich drei ältere Frauen auf einer Bank sitzen und wollte sie nach einem Hotel fragen. Zuerst schienen sie mich nicht zu verstehen. Aber dann stand eine von ihnen, bestimmt über 80 Jahre alt, auf und fragte mich auf akzentfreiem Deutsch "Was wünschen Sie denn?" Ich fragte wieder nach einem Hotel, aber sie war anscheinend sehr schwerhörig und verstand mich zuerst immer falsch. Aber dann übersetzte sie es für die anderen Frauen und sie beratschlagten. Dann empfahlen sie mir 'Hotel Schwieradowje' und zeigten in die Fahrtrichtung. Ich dachte, dass Hotel heißt so, aber das war ein Missverständnis. Ich fuhr und fuhr und war längst aus dem Ort raus. Als ich Leute nach dem Hotel Schwieradowje fragte, zeigten sie immer weiter in die gleiche Richtung. Es ging bergauf und war anstrengend. Irgendwann fragte ich jemanden, der Deutsch verstand. Dabei stellte sich heraus, dass bald ein Kurort Swieradow-Stroj kommt und dass Hotel Swieradowje nur bedeutet: irgendein Hotel in diesem Ort. Also musste ich noch ein paar km weiter fahren bis in den Ort hinein, aber auch da war nicht so schnell ein Hotel zu finden. Schließlich landete in einem Hotel, eher eine düstere Absteige. An der Rezeption waren zwei rundliche Mädchen, die nur Polnisch verstanden und dauernd verlegen kicherten. Die Übernachtung sollte nur 10 EUR kosten und das Frühstück 5 EUR. Es dauerte aber lange, bis wir darüber sprachlich eine Übereinkunft erzielen konnten. Das Zimmer sah aus, als ob es seit 1930 nicht mehr renoviert worden wäre, so vergilbt waren die Tapeten. Aber wenigstens funktionierte die Dusche. Ich war völlig fertig und verschwitzt und verstaubt. Abends ging ich noch in den Ort, aber der hatte eine typische triste Ostblock-Atmosphäre. Viele Kurgäste, aber wenig nette Lokale. Da wo ich dann war, war die Bedienung lustlos und das Essen mäßig.
Der heutige Tag war sehr anstrengend und nervig. Hektischer Verkehr, Abgase, Lärm, Steigungen, Sturm und landschaftlich eher langweilig. Wenigstens war es heute nicht so warm. Es geht jetzt eigentlich nur noch darum, möglichst schnell wieder nach Deutschland zu kommen. Aber ich bin schon relativ kurz vor der Grenze!
Tagesstrecke 97 km.
Sa. 12.06.10
Das Frühstück war besser als befürchtet. Ich bin anscheinend der einzige Hotelgast. Dann Fahrt über abgelegene Straßen nach Görlitz. Einige erträgliche Anstiege. Recht nette Gegend, wenig Verkehr. Bedeckter Himmel, fast kühl. Ankunft in Görlitz um ca. 14 Uhr. Stadtbummel, einen Kaffee getrunken und dann in die Unterkunft nach Markersdorf gefahren. Kaum war ich da, fing es an zu gießen. Abendessen im 'Brauereigasthof'. Tagesstrecke 63,5 km.
So. 13.06.10
Rückfahrt von Görlitz. Elendig lange Fahrt mit der Bahn mit Wochenend-Ticket. Abfahrt 9:23 und Ankunft in Bremen um ca. 22 Uhr. Anschlusszüge verpasst wegen Verspätungen.
Gesamtstrecke: 680 km
Kosten: knapp 500 EUR
Resümee:
Im Grunde war das kein wirkliches Highlight. Da wo es besonders schön war (z.B. im Isergebirge), war es auch besonders anstrengend. Aber wirklich beeindruckend schön war es nur an wenigen Stellen. Überwiegend war die Strecke eher etwas langweilig, besonders in Polen. Das kann aber daran liegen, dass ich in Polen von der geplanten Strecke abgewichen und mehr abseits der Berge auf Hauptstraßen gefahren bin. Es gab wenige Höhepunkte bzw. lohnende Sehenswürdigkeiten, wenig Abwechselung. Glück hatte ich mit dem Wetter (das heißt, eigentlich war es fast zu warm), aber ich habe leider wenig Interessantes erlebt, auch kaum Leute kennen gelernt. Ich fand wenig Inspiration, habe auch relativ wenig fotografiert.
Die kleinen polnischen Dörfer sahen irgendwie alle fast gleich aus. Die Luftverunreinigung nervt stellenweise sehr. Abgase, Qualm, Staub und Gestank. Auch aggressive, kläffende Hunde nervten in kleien Dörfern in Polen manchmal.
Insgesamt fand ich die Unterschiede zwischen TCH und PL gering. In TCH habe ich mehr unfreundliche Leute angetroffen als in Polen und die Unterkunftsituation war schwieriger. Dafür waren die Straßen angenehmer zu befahren (bessere Oberfläche und gute Seitenstreifen an Hauptstraßen), aber leider hatten sie auch anstrengendere Steigungen. In Polen war es leichter, eine Unterkunft zu finden. Genervt hat mich, dass auch viele jüngere Leute kaum Fremdsprachenkenntnisse haben. Selbst in Banken, Rasthäusern oder Hotels wird man nicht immer verstanden, wenn man es auf Englisch oder Deutsch versucht.
Das Preis-/Leistungsverhältnis ist sehr gut. Die Übernachtungen kosten deutlich weniger als bei uns, und da wo sie in etwa das Gleiche kosten, bekommt man mehr fürs Geld, größere und schönere Zimmer. Das Essen ist auch preisgünstig, hat aber qualitativ nicht ganz westliches Niveau. Manchmal war es etwas dröge, weil Saucen fehlten. Aber das Bier schmeckte gut

Hervorragend geklappt hat das Fahren mit GPS. Leider gab es einige Umwege zu fahren wegen Elbüberflutung oder Straßenbaustellen, aber da hat sich der City-Navigator mit der Routingfunktion sehr gut bewährt. Ansonsten kam ich mit dem Rad bei Baustellen meistens durch. Ich bin begeistert von den Möglichkeiten, die GPS bietet. Sowohl das Fahren nach Track als auch das Fahren mit einigen Fixpunkten, die ich nach Karte eingegeben hatte und zwischen denen ich geroutet gefahren bin, hat hervorragend funktioniert. Etwas unangenehm ist mir nur aufgefallen, dass der City Navigator nur eine Minimalauswahl von Hotels in dieser Region gespeichert hat. Die meisten meiner Unterkünfte waren im CN nicht bekannt.
Helmut