Posted by: veloträumer
Re: Großglockner - Maut für RadfahrerInnen - 02/07/11 09:26 PM
In Antwort auf: vgXhc
Nur als Nachfrage an dich, Matthias und die anderen strikten Fahrradmautgegner: Wärt ihr dafür, auch die Automaut auf dieser Strecke abzuschaffen?
Das ist eine ernstgemeinte Frage. In der Diskussion werden meines Erachtens zwei verschiedene Argumente miteinander vermengt:
Argument 1: Fahrräder verursachen wenig/keine Kosten und/oder sind wegen ihrer Umweltfreundlichkeit bevorzugt zu behandeln.
Argument 2: Die Strecke ist ein normaler Verkehrsweg und sollte deswegen mautfrei sein.
Das ist eine ernstgemeinte Frage. In der Diskussion werden meines Erachtens zwei verschiedene Argumente miteinander vermengt:
Argument 1: Fahrräder verursachen wenig/keine Kosten und/oder sind wegen ihrer Umweltfreundlichkeit bevorzugt zu behandeln.
Argument 2: Die Strecke ist ein normaler Verkehrsweg und sollte deswegen mautfrei sein.
Grundsätzlich sind Straßen Öffentliche Güter - zumindest historisch und bis heute und in allen Gesellschaften - auch den hochkapitalistischen. Sie werden über allgemeine oder spezifische Steuern für Benutzer ohne feste Zweckbindung finanziert und gepflegt. Für alle moderne Wirtschaften hat sich das bewährt bzw. ist für das kapitalistische Wirtschaften unerlässlich. Maut bzw. Wegezoll hat das Handeln in vergangenen Jahrhunderten massiv belastet. In modernen Gesellschaften hat die Maut im wesentlichen zwei Funktionen:
1. Der erhöhte Standard zentraler Verkehrsadern (Autobahnen, Tunnels) bietet einen besonders hohen Komfort (Geschwindigkeit, Fahrbahneigenschaften, Service) und dadurch besondere Vorteile bei der Benutzungen gegenüber anderen Straßen. Dieser erhöhte Aufwand wird über eine Maut oder Gebühr von den Benutzern (teilweise) direkt eingefordert.
2. Der Waren- evtl. auch Personenverkehr bedroht durch die schnellen, komfortablen Achsen die Natur. Um eine ökologische Lenkung zu ermöglichen, wird der schnelle komfortable Verkehr zusätzlich über Maut und Gebühren verteuert. Dabei ist es im Sinne der Allgemeinheit (Gleichgewicht der Öffentlichen Güter Luft-Umwelt/Straße) und der Wettbewerbsgleichstellung denkbar (Speditionen untereinander, Verkehrsträger Straße/Bahn/Flugzeug), dass Warenverkehr verpflichtend die Maut bezahlen muss. Zukünftig ist es denkbar, dass dieses allgemein auf den motorisierten Individualverkehr ausgeweitet wird. Lokal ist das bereits der Fall, z.B. auf touristischen Straßen wie der Großglockner-Hochalpenstraße. Der Autofahrer soll an dem reinen Transitfahren durch Maut gehindert werden, und die Straße als "touristische" Straße erleben. Nimmt der motorisierte Verkehr unvermindert zu, muss über eine Sperrung nachgedacht werden - nicht für Radler, sondern für Autos/Motorräder.
Eine rein touristische Gebühr ist unbegründbar. Die Berge sind unbestritten Öffentliches Gut wie auch die gesamte Tier- und Pflanzenwelt. Man müsste sonst den gesamten Alpenraum kostenpflichtig machen - im Übrigen auch das Wandern. Dass der Staat erfinderisch bei Ersinnen von Steuern und Abgaben ist, sollte uns nicht den klaren Blick verstellen. Nicht alles, was die Obrigkeit beschließt, muss das Volk schlucken.
Was folgt daraus? Touristische Alpenstraßen wie Großglockner sind für den Autoverkehr aus ökologischen Gründen keine Transitstraßen (mehr). Dies ist ein Sonderfall und eine Maut für den Erhalt (vordergründig) akzeptabel. Tatsächlich werden aber damit touristische Potenziale ausgeschöpft (Bewirtung, Unterkünfte nahe bei etc.), auf die niemand verzichten möchte. Die Gasthäuser werden nur überleben, wenn auch der Autoverkehr dort rollt (Radler allein haben nicht genug Potenzial). Daraus ein Geschäft auch über die Straße zu machen, halte ich für problematisch, aber legitim - sofern der touristische Gedanke mit dem ökologischen Gedanken verknüpft wird (Verkehrsreduzierung durch hohen Preis). Dieser legtime Gedanke entfällt beim Radfahrer und es bleibt nur die problematische Seite - reine Geldabschöpfung für ein Öffentliches Gut. Erschwerend kommt hinzu, dass für Radler das Transitverbot nicht begründbar ist. Deswegen sind auch Nicht-Transitstraßen für Radfahrer legitime Transitstraßen. Der Umstand, dass die "private" Straße letztlich eine öffentliche ist, verstärkt den Eindruck der unehrlichen Handhabe. Maut für Autos ja, aber nur in Verbindung mit ökologischer bzw. verkehrstechnischer Lenkungsfunktion.