Re: Schweden

Posted by: atk

Re: Schweden - 03/13/02 04:27 PM

Habe mit Interesse eure Beiträge gelesen, da ich selber absoluter Schweden-Fan bin und in den letzten 11 Jahren immer irgendwann dort war, meist mit dem Rad. Ein paar eigene Anmerkungen:
Dass Skåne viel Ähnlichkeit mit Norddeutschland (oder eher noch mit Dänemark) hat, stimmt. Hat mir aber trotzdem immer sehr gut gefallen. Schon um Hässleholm rum gibt es recht viel Wald. Viel Landwirtschaft gibt es auch in der Mälaren-Senke, so von Stockholm bis nördlich des Vättern.
Dass Schweden bis auf die Nähe zu Norwegen recht flach ist, würde ich nicht unbedingt bestätigen. Kommt vielleicht darauf an, was man unter "flach" versteht, ich muss zugeben, dass ich nicht unbedingt ein Bergfahrer bin. Zumindest in der nördlichen Hälfte ist es eigentlich nirgends flach, außer man folgt einem Fluss. Ich würde es vom Gelände her mit den deutschen Mittelgebirgen vergleichen. Wenn man in Nord-Süd-Richtung fährt, ist man quer zu den Flüssen unterwegs und überquert einen Bergrücken nach dem anderen, mit Höhenunterschieden um die 500 Meter. In Küstennähe natürlich weniger, aber schon wenige Kilometer von der Küste weg geht es rauf und runter. Wenn man sich hauptsächlich an Nebenstaßen hält, kann man auch in Skåne schon auf ganz ordentliche Steigungen treffen (sind natürlich nicht so lang).
Viele Nebenstraßen sind nicht geteert, natürlich vor allem in einsameren Gegenden. Trotzdem sind sie meist gut zu befahren (oft besser als die nervigen Baustellen an den Hauptstraßen). Ich bin auch mal von Gävle bis nördlich Luleå hauptsächlich auf der E4 gefahren, würde es aber keinesfalls empfehlen. Ein Vorteil ist natürlich dass die Straße größtenteils in erstklassigem Zustand ist (von Baustellen abgesehen, aber die braucht man wohl, um diesen Zustand aufrechtzuerhalten), und keine nennenswerten Steigungen hat. Wenn man Tempo machen will, ist die E4 erste Wahl (mittlerweile gibt es aber immer mehr Stellen, die Autobahn oder Schnellstraße oder sowas sind, da muss man mit dem Rad natürlich runter). Aber wenn man vom ungleich stärkeren Verkehr absieht, bietet die E4 recht wenig. Keine kleinen Dörfer am Weg, keine Landschaft (die Landschaft wird der Straße angepasst), der Wald ist beiderseits einige 10m abgeholzt, usw.
Was die Jugendherbergen/Vandrarhem betrifft: Auslastung, Öffnungszeiten, Standard sind recht unterschiedlich. Am besten beim STF nachfragen. Von öden Altbauten in Städten (z.B. Umeå) über das Segelschiff "af Chapman" in Stockholm bis zu kleinen Holzhütten (u.a. Sundsvall) ist alles drin. Im Sommer sind die Häuser in den größeren Städten oft ziemlich voll, aber einen Platz kriegt man eigentlich immer (von Stockholm abgesehen), insbesondere auf dem Land. Ein Problem ist manchmal, dass die Rezeption nur ein paar Stunden am Nachmittag und Abend besetzt ist. Wenn abzusehen ist, dass man spät ankommt, sollte man telefonisch reservieren, es wird einem dann irgendwo der Schlüssel hinterlegt.
Zum Thema Mücken: die gibt es leider wirklich recht zahlreich, ist aber regional sehr unterschiedlich. Ich persönlich habe keinen großen Unterschied zwischen finnischen und schwedischen Mücken festgestellt schmunzel, das was Martina über die finnischen Mücken geschrieben hat, trifft auch auf die schwedischen zu: sie lassen sich wirklich leicht erschlagen. Das hilft einem aber nicht wirklich, da sich die Viecher auf diese Weise nicht nennenswert dezimieren lassen. Trotzdem hat es mich immer ungemein befriedigt, zu wissen, dass ich den Kampf gegen sie haushoch gewonnen habe, soll heißen, ich habe ein vielfaches an Mücken erschlagen als ich Stiche hinnehmen musste. Einmal habe ich bei einer kleinen Rast mitgezählt, habe aber bei der hundertsten erlegten Mücke aufghört. Das war in der Nähe von Tärendö (Norrbotten), da gibt es riesige Sumpfgebiete. Ein weiterer angenehmer Zug der Mücken ist, dass sie sich recht viel Zeit nehmen, bis sie stechen, und dass sie sich meist nur auf unbewegte Körperteile setzen und bei abrupter Bewegung wieder abheben. Eine einfache Strategie ist somit: immer in Bewegung bleiben. Wenn nötig, beim Essen rumlaufen, Arme und Beine schütteln. Sieht zwar blöd aus, hilft aber. Beim Zeltaufbau habe ich auch schon mal bei schönstem Wetter die ganze Regenmontur angezogen (da wird dann nur mehr das Gesicht zerstochen schmunzel). Am besten ist aber, sich einfach nicht verrückt machen lassen. Wo es zu schlimm ist, fährt man weiter. Wie andere schon gesagt haben, beim Fahren gibt's keine Probleme. Wie auch einer geschrieben hat: immer das Innenzelt geschlossen halten. Bevor man ins Zelt geht, sich sorgfältig abklopfen, sonst schleppt man die Biester selber mit rein.
Sprache: Ich habe an den verschiedensten Orten Schweden getroffen, die Deutsch sprachen. Ist aber doch ziemlich selten. Dagegen kommt man mit Englisch normalerweise gut aus, man kann sich aber nicht hundertprozentig darauf verlassen, z.B. ist es mir schon passiert, dass die Dame in der Rezeption eines Vandrarhem nur Schwedisch sprach (in Hörnefors, Västerbotten). Ich muss zugeben, ich bewundere die Leute, die von sich sagen kein oder kaum Schwedisch zu sprechen, aber vom reinen Zuhören so an die Sprache gewöhnt sind, dass sie von einem normalen schwedischen Gespräch das Wesentliche verstehen. Ich habe nach zwei Urlauben 1991 und 1992 noch gar nichts verstanden und kannte auch keine schwedischen Wörter. Vielleicht hatte ich aber auch einfach keinen Wert darauf gelegt, mit den Leuten konnte man ja immer Englisch reden (in Hörnefors war ich später...). Ich habe das Erlernen der Sprache dann anhand einiger Lehrbücher selber übernommen. Ist gar nicht so schwer, man kann in wenigen Wochen recht weit kommen. Die Grammatik ist recht einfach, wenn man von den Feinheiten der Wortstellung und der Fülle von Präpositionen, die alle anders als im Deutschen gebraucht werden, absieht, was für Urlaubs-Niveau aber wohl auch nicht so eminent wichtig ist. Auch wenn ich mittlerweile von mir behaupte, dass ich die Sprache einigermaßen ordentlich sprechen und ziemlich gut lesen und schreiben kann, habe ich trotzdem immer noch gerade beim Verstehen von gesprochenem Schwedisch oft Schwierigkeiten.
Aber vielleicht liegt das an mir. Jedenfalls gibt es normalerweise keinerlei Trennung zwischen den Wörtern, ein Satz wird gesprochen wie ein einziges langes Wort. Da hilft wirklich nur Gewöhnung. Einige wenige Male bin ich an Leute geraten, die dermaßen Dialekt gesprochen haben, dass sie beim besten Willen nicht zu verstehen waren. Am krassesten ist es auf Gotland. Ich frage mich, ob die Linguisten das dort gesprochene Gutemål überhaupt noch als schwedischen Dialekt einstufen.
Tja, ist jetzt eine ziemlich lange Abhandlung geworden. Hoffentlich habe ich niemenden zu sehr gelangweilt schmunzel