10€ CATS Superlight

Posted by: sadburai

10€ CATS Superlight - 01/28/22 11:57 AM

Hallo,

ich stelle hier mal mein CATS Superlight vor, das ich für 10€ gekauft, repariert und nach und nach auf meine Bedürfnisse angepasst habe. Ich benutze es sowohl zum Reisen als auch für die Asphalt-/Gravel-Abendrunde. Besonders Superlight ist es mit ca. 17kg allerdings nicht. Dafür hat es Aerobars zwinker



Vorgeschichte:

Anklicken zum Enthüllen... (Giant Expedition & Giant Tourer)


Vor meiner ersten Radreise habe ich lange überlegt, welches Rad ich mir kaufe. Ich war mir noch unsicher, ob mir diese Art des Reisens gefällt und worauf ich überhaupt wert lege.

Daher habe ich mich gegen ein Neurad (VSF TX400) und für ein Giant Expedition für 70€ von Kleinanzeigen entschieden. Mit Halbwissen repariert und losgefahren. Nach 5000km durch Europa war eigentlich alles kaputt, was kaputt gehen konnte (Gepäckträger, Reifen, Naben, Steuersatz, schiefe Gabel...). Gefahren ist es aber immer noch mit reichlich Knarzen. Leider ist es mir dann auf der letzten Probefahrt vor der Generalüberholung aufgrund einer unverstärkten Lichtkabelbohrung auseinandergebrochen.



Somit musste Ersatz her.
Dummerweise war dies zu Beginn der Pandemie in 2020 und alle Selbshilfewerkstätten hatten geschlossen, sodass mir jegliches Werkzeug abgesehen von Inbus- und Maulschlüsseln fehlte. Schließlich war ich es Leid, kein vernünftiges Fahrrad zu haben und habe daher fleißig bei Kleinanzeigen Ausschau gehalten.

Gefunden habe ich dann ein 1994 Giant Tourer für 40€, das noch ganz gut in Schuss war (wenig vom Opa gefahren und es stand immer in der Garage). Es hat sowohl Lowrider-Ösen als auch 28 Zoll. Bei dem Preis konnte ich nicht nein sagen und habe es daher gekauft, auch wenn es evtl. 2cm zu klein ist.





Kleinanzeigen-Fund:
Da mir mein Giant Tourer etwas zu klein ist, habe ich noch weiter bei kleinanzeigen geschaut und ein 10€ Fahrrad 40km entfernt entdeckt. Angeblich betrug die Rahmenhöhe nachgemessene 46cm, aber von den Proportionen des Rahmens konnte das eigentlich nicht stimmen. Also 1h mit dem Bus hingefahren und Glück gehabt, dass der Verkäufer mir das Fahrrad ein paar Tage reserviert hatte, da es wohl einige Leute noch am selben Tag mitgenommen hätten. Und siehe da, die Rahmenhöhe ist mit 57cm perfekt für mich.

Das Fahrrad war allerdings wie erwartet in schlechtem Zustand: Die hintere Bremse funktionierte genauso wenig wie 22 der 24 Gänge. Dafür hatte es eine komplette 8-fach Nexave-Gruppe mit inversem Schaltwerk und STX-Naben, die schon besser abgedichtet aussahen als das was ich vorher kannte.
Das Logo war schwierig zu lesen, aber es hat sich als CATS Superlight herausgestellt. Bei einem Gewicht von Rahmen & Gabel von ca. 4kg muss die Namensgebung aber ironisch sein. Viel habe ich nicht über diese Marke herausgefunden, aber es ist laut Aufkleber "designed in Germany". Aufgrund der 8-fach Nexave-Gruppe ist es vermutlich von Anfang der 2000er Jahre.

Es hat einige Roststellen, was ich als Bonus betrachte, damit es nicht geklaut wird.

Somit sah es nach einem perfekten Projekt für mich aus.
Leider nahm der Bus keine Fahrräder mit und somit musste ich 50 km mit nur einer Bremse und 2 Gängen in hügeligem Terrain über Forststraßen zurückfahren. Das war vermutlich eine doofe Idee, da es den ungepflegten Lagern bestimmt nicht gut getan hat.

Vermutlich war das Fahrrad ein wirtschaftlicher Totalschaden, aber Selbst-Schrauben macht ja schließlich Spaß - meistens. Ich habe versucht, möglichst viele Teile weiter zu verwenden. Einiges hatte ich ja auch noch vom alten Giant Expedition übrig.

Leider habe ich kein Vorher-Bild, aber so sah es wieder fahrbereit aus:



Reparatur:

Anklicken zum Enthüllen... ( Was ich so ungefähr gemacht habe:)

Rahmen:
Hat ordentlich Patina, aber so wird's hoffentlich nicht so schnell geklaut. Mit Fett wurde wohl gespart und so war die große Frage, ob sich alle Teile zerstörungsfrei abmontieren lassen.

Tretlager: Der größte Spaß war das Tretlager: Das FAG-Plastik-Lager sah schon durchgenudelt aus und beim Herausdrehen ist dann auch die komplette Werkzeugaufnahme herausgebrochen. Daher musste das Tretlager herausgebohrt und gesägt werden, was mit der richtigen Anleitung um einiges schneller gegangen wäre. So war ich mehrere Stunden damit beschäftigt, um auch ja nicht das Gewinde zu beschädigen. Es hat aber geklappt und damit war der Rahmen schon Mal gerettet. Das Gewinde habe ich noch beim Dealer des Vertrauens nachschneiden lassen.
Steuersatz: war hinüber und wurde gewechselt. Wenn ich vorher gewusst hätte, dass mir der Rahmen sehr gut passt und ich das Fahrrad behalte, hätte ich direkt das Steuerrohr planfräsen lassen. Da das aber 40€ und damit das 4-fache des ganzen Rads gekostet hätte, habe ich erst Mal darauf verzichtet. Würde ich jetzt anders machen. Ich glaube, ich muss den Steuersatz schon wieder tauschen .

Schaltung & Bremsen:
Wie gesagt, es ging nichts mehr außer der Vorderbremse sowie zwei Kettenblättern, die noch schaltbar waren. Natürlich waren die Züge einfach nur komplett festgerostet und die Schalthebel verharzt. Mit neuen Zügen und Ballistol für die Hebel funktioniert es jetzt wieder perfekt. Eine Feder im Schalthebel musste außerdem nachgebogen werden. Überschaubarer Aufwand.
Mega cool ist, dass man die Schalt/Bremshebel zwischen Cantis & V-Brakes umstellen kann. Hat mich ziemlich gefreut, als ich das gesehen habe, denn somit konnte ich die Cantilever durch Deore V-Brakes ersetzen ohne neue Schalt- und Bremshebel zu benötigen.
Schaltwerk & Umwerfer: Wurden komplett auseinander gebaut und gefettet. Funktionieren wieder einwandfrei.
Kurbel: Die 28-38-48 Nexave-Kurbel wurde gegen eine alte LX-M550-Kurbel vom Giant Expedition getauscht. Dadurch kann ich ein 24er statt 28er Blatt verwenden. Somit habe ich jetzt mit 24-38-48 & 11-34 eine brauchbare Übersetzung. Seit ich einen Proline-Kettenfänger benutze, springt die Kette beim Runterschalten auch nicht mehr vom kleinsten Kettenblatt ab.

Laufräder:
Ich bin mir noch nicht sicher, ob die alten Laufräder noch reisetauglich sind. Die Konen müssten getauscht werden, was mir bis jetzt aufgrund der fehlenden Ersatzteile aber noch nicht gelungen ist. Außerdem ist die Lauffläche des Freilaufs nicht mehr die Beste. Auch den gibt es allerdings nicht mehr als Ersatzteil.
Lösung: 20€ Laufradsatz von kleinanzeigen mit LX-Naben, die mit neuen Achsen und Konen aus einer ausgeschlachteten Nabe wieder top funktionieren.
Reifen:
Bis jetzt: 47-622 Schwalbe Roadcruiser hinten und ein ähnlich profilierter Trax Tour vorne. Damit ist man echt flott auf Asphalt unterwegs, und solange es nicht zu matschig, sandig oder schneeig wird, kann man auch im Gelände fahren. Allerdings stammen diese aus dem kostenlosen Fundus der Selbsthilfewerkstatt und sind nun am Lebensende angekommen. Daher werden jetzt 50-622 Hurricanes getestet.

Gepäckträger: Neuer Tubus Tara Lowrider & alter Hinterradgepäckträger vom Giant Expedition mit zurechtgebogenen Streben.
Ständer: Hebie 611 vom Giant Expedition übernommen, leider sackschwer.
Pedale: Shimano PD-M324, günstig hier im Forum gekauft. Was mich daran stört, ist, dass man Spezialwerkzeug für die Wartung benötigt. Evtl. besorge ich mir irgendwann XT-T8000.

Lenker & Cockpit:
Bis alles gepasst hat, war es ein ziemliches Gebastel, aber jetzt bin ich sehr zufrieden mit der Kombination von Flatbar & Aerobars. Der Lenker ist nicht zu breit und nicht zu schmal, evtl. hat er einen Tick zu viel Backsweep. Die Ergon GP3 finde ich top.

Aerobars:
Zuerst wollte ich eine (nicht lieferbare) Koga-Denham-Bar verbauen, aber nun denke ich, dass das kein Vergleich zu separat einstellbaren Aerobars mit Armpads ist. Mit den Decathlon-Bars bin ich zufrieden, wobei ich nun die vermutlich fast baugleiche BBB-BHB60 Variante mit steilerem Griffwinkel kaufen würde, da diese das Handgelenk nicht so überdehnen. Was bei den Decathlon-Bars fehlt ist außerdem eine Höhenverstellbarkeit. Zum Glück passt die Höhe aber für mich. Bei steilen Rampen stoße ich im Wiegetritt leicht an die Pads. Für Aerobars ist übrigens ein 31.8 mm Lenker zu empfehlen, sodass man keine Reduzierhülsen benötigt.

Lenkertasche: Schwierig war es, die Decathlon-Aerobars und die Ortlieb-Lenkertasche gleichzeitig zu montieren. Ich verwende jetzt eine Basil-KF-Halterung. Diese ist breiter als die normale Ortlieb-Halterung und gleichzeitig hängt die Tasche etwas tiefer. Dadurch passen die Aerobars zum einen zwischen die Halterung und zum anderen ist genug Platz für die Aerobar-Griffposition, ohne dass die Hände an die Tasche stoßen. Die Lenkertasche lässt sich problemlos während der Fahrt öffnen und schließen.

Handyhalterung: Die Handyhalterung zwischen den Aerobars anzubringen war ebenfalls ziemlich kompliziert. In alle Richtungen ist nur sehr wenig Platz, sodass es genau passen musste. Zum Glück ist mein Handy nur 5.84" groß. Dazu habe ich mit Kabelbindern ein Elektro-Leerrohr unter der Aerobar befestigt und daran die Decathlon-Halterung geschraubt. Das Handy liegt nun genau auf der richtigen Höhe & Neigung zwischen den Aerobars, ohne dass die Arme daran anstoßen. Ein Sigma 16.12 Tacho mit Trittfrequenzsensor hat noch unterhalb vom Handy Platz. Die Klingel passt auch gerade so noch irgendwohin.



Ergebnis:
Das Fahrrad macht mir wirklich Spaß, die Geometrie passt gut und ich fühle mich sowohl auf leichten Singletrails als auch auf Asphalt wohl.

Ich finde die Kombination von Flatbar mit Ergon-Griffen und Aerobars genial. Viel Kontrolle im Gelände & beim Wiegetritt, zügig in der Ebene & bei Wind. Gleichzeitig ist die Aero-Position nicht zu extrem, sodass ich sie über Stunden bequem fahren kann. An allen Fahrrädern ohne Aerobars vermisse ich sie mittlerweile sofort. Fehlt nur noch eine DI2-Schaltung mit Extra-Schalthebeln an den Aerobars lach.

Für längere Touren bin ich noch auf der Suche nach einer besseren Sattel/Hosen-Kombination. Ebenso fehlt noch die Stromversorgung. Das 15€ Solarpanel ist nach der 2ten Benutzung kaputt gegangen lach. Evtl. baue ich mir noch einen neuen Laufradsatz mit breiteren Felgen & Nabendynamo.



Kosten für das Rad: ca. 300€. Irgendwie kommt halt selbst bei einem 10€ Rad etwas zusammen. Disclaimer: Ich habe mir letztendlich auch das Werkzeug angeschafft und hätte mir für die Kosten ehrlich gesagt auch direkt ein Neurad kaufen können. Aber das rechne ich auf viele Räder/Wartungen um und es sollte für einige Jahre ausreichen. Außerdem wird das Werkzeug wohl kaum unterwegs geklaut.

Viel Arbeit war es natürlich auch, aber irgendwie hat Fahrrad-Schrauben für mich was Meditatives. Und alte Sachen reparieren statt Neukaufen macht mir einfach Spaß. Einiges an Inspiration kam von oldshovel und MonkeyShred.

[bild]https://i.ibb.co/KXYjMX4/IMG-20220125-175357.jpg

Dieses Bild ist zu groß. Du kannst mir gerne per PN einen Link auf ein kleineres Bild (max 1024px in der Breite), schicken. Ich tausche den Link dann aus.