Re: Durch Patagonien und das Seenland

Posted by: dcjf

Re: Durch Patagonien und das Seenland - 02/19/12 09:23 PM

So, nach ein bisschen Pause habe ich wieder Zeit gefunden weiterzuschreiben.

Carretera Austral und Versuche in den Seitentälern

Von der Mole, wo das Schiff anlegt, sind es noch ein paar km bis zum Ort Villa O’Higgins, die ein Pulk Radfahrer nun zurücklegt. Während die anderen hier die Nacht bleiben, wollen wir noch die paar Stunden bis Sonnenuntergang nutzen, es hat gerade ausnahmsweise blauen Himmel und ob das morgen auch so ist, weiss man ja nie. Daher geht es bald nach dem Einkauf weiter. Auf der Strasse lässt es sich gut fahren, Verkehr ist natürlich auch fast keiner, Villa O’Higgins ist eine Sackgasse.
An den Flüssen und Seen (Lago Cisnes) entlang lässt es sich gerade mit der Abendsonne noch perfekt radeln, so dass erst in der Dämmerung gezeltet wird.


Villa O’Higgins vom Aussichtsturm

Am Rio Mayer

Am Lago Cisnes
Am nächsten Morgen hatte dann das Wetter leider schon umgeschlagen, und so fahren wir heute ab und an in Regen oder Niesel. Anders kann es aber hier auch nicht so grün werden.
Dieser südliche Teil ist insofern besonders, als hier noch nicht alles eingezäunt ist und auch nur wenige Hütten am Wegesrand oder im Wald versteckt sind. Es gilt heute vor allem einen Pass zu überwinden, um vom Mayer-Flusssystem zum Rio Bravo zu kommen, welcher in den Mitchell-Fjord mündet, wo man nach Puerto Yungay mit einer Fähre des Ejercitio übersetzen muss. Die Fähre fährt allerdings nur 2-3 Mal am Tag und so warten wir an dem bei Radfahrern bekannten Übernachtungsplatz (eigentlich der Warteraum). Drüben in Puerto Yungay gibt es sogar in einem kleinen Kiosk noch ein bisschen Brot, erstaunlich dass die paar Hütten überhaupt einen Laden haben.
Nachdem es wieder mal nicht regnet, gibt es noch eine kleine Abendausfahrt, allerdings geht die Strasse hier recht steil hoch. Als Schlafplatz ist nichts brauchbares in Sicht, bis wir uns auf einer kleinen Seitenbucht mit geeigneter Neigung das Nachtlager einrichten. Es kommt sowieso kein Auto in der Nacht vorbei.


Rio Bravo in Sicht

Abfahrt

Mündungsbereich des Rio Bravo

Endlich, die Fähre

Steiler Abendanstieg

Für den nächsten Tag steht schon das nächste Flusssystem an, der Rio Baker, mittlerweile auch etwas bekannter, durch die Wasserkraftprojekte (die gibt es aber auch in der Nähe vom Rio Bravo). Bevor wir dort sind, muss aber noch ein Pass überwunden werden, dann geht es einer engeren Schlucht entlang runter. Die Strasse unten wird noch weiter ausgebaut. Dabei hat es weiterhin nicht so viel Verkehr, vor ein paar Jahren muss die Piste noch deutlich schlechter in Schuss gewesen sein, so die Erzählungen von Radfahrern, die sie von früher kennen. Jetzt wird es teils auch wieder mühsamer, weil durch die aktuellen Bauarbeiten einfach stärker gekiest ist.
Den Rio Baker bekommt man vor lauter Wald meist nicht zu sehen und die Strasse ist keinesfalls flach, gerade am Abend gibt es noch eine ziemliche Steigung auf ein Plateau. So entfällt die Schlafplatzsuche und wir nehmen den nächstbesten Platz. Als wir ins Zelt verschwinden zieht hinter den Büschen noch ein liegender Radler vorbei, es ist Thomas von der Fähre, der recht ausdauernd ist.


Rio Baker in Sicht

Hier ist schon mehr los

Rolling Hills

Autobahnmässiger Ausbau

Der nächste Tag ist dann eher mühsam, wahrscheinlich wegen des langen Vortages. Bevor wir nach Cochrane kommen gibt es noch zwei Highlights, zum einen Überqueren wir einen Fluss, bei dem es sich lohnt noch zu Fuss einen kleinen Abstecher zu machen. Nur wenige 100 m von der Strasse bildet er eindrucksvolle Wasserfälle aus. Kurz danach kommt noch der Lago Esmeralda, ein netter kleiner See. In Chochrane kommen wir gerade um die Mittagspause an, grad dass man noch im Supermarkt was zur Brotzeit bekommt. Nachdem der Geldautomat im Ort leer ist, müssen wir aber sowieso auf einen Refill warten. Erst danach geht es dem Rio Baker entlang weiter. Im Ort konnten wir noch auf der Gemeinde nach ein paar Routen fragen, allerdings sind die Nebenwege den wenigsten bekannt.
Das Wetter sieht leider nicht sehr erfolgsversprechend aus und so fällt uns die Entscheidung ins Valle Chacabuco abzubiegen relativ leicht. Das Tal führt nach Osten und damit eher weg von den dunklen Wolken, die über der Route der Carretera liegen. Dafür wird jetzt die Landschaft wieder anders, nicht so grün, sondern fast etwas savannenhaft. Das ist aber auch eine schöne Abwechslung, zumal es, wie in einer Savanne auch, ziemlich viel Wild hat, vor allem Guanacos. Die Gegend hier ist übrigens ein Naturpark, ein privater. Am Abend schlagen wir bei einem kleinen Stauwehr unser Zelt auf und verbringen eine ruhige Nacht.


Lohnender Halt

An tosenden Wasserfällen

Lago Esmeralda

Im Valle Chacabuco

Regen weiter nördlich

Schon wieder Guanacos

Zeltplatz nahe der Estancia Chacabuco

Als wir am nächsten Morgen weiterfahren, sind wir ziemlich überrascht, gleich nach der nächsten Kurve steht schon die Estancia und auf ihrem Gelände auch ein paar Zelte, wir hätten hier also den Zeltplatz nutzen können. Macht nichts, unser Platz war eigentlich schöner.
Wie am Vortag geht es durch abwechslungsreiche Landschaft, wir müssen allerdings aufpassen, dass wir unseren Abzweig nicht verpassen, wir wollen nämlich gerne einen Weg über den Passo Leones nehmen. Der ist zwar in den wenigsten Karten eingezeichnet, aber mit dem schlechten Satelitenbild aus google-Earth konnte man wenigsten den Anfang nachvollziehen. Entsprechend orientieren wir uns an einem vorher markierten GPS-Punkt und suchen nach einer Möglichkeit die Piste zu verlassen. Allerdings müssen wir nun den Fluss queren. Das geht auch ohne Probleme und auf der anderen Seite folgen wir Fahrzeugspuren. Diese Führen uns zum Seitental, welches zum Passo Leones führen sollte. Hier zieht sich am Hang ein ziemlich steiles Erdband hoch, es ist unser Weg! Wir stossen die Räder mit aller Kraft nach oben, im losen Sand manchmal sehr mühsam. Zum Glück wird der Weg auch mal flacher, es dauert allerdings etwas, bis wir auf ein Plateau kommen, wo man auch mal wieder radeln kann. Es hat hier einige Wegspuren und nicht immer nur einen Weg. Aber obwohl wir keine Karte haben, nehmen wir meist die richtigen Pfade. Das ändert sich etwas, als wir in den Wald kommen. Hier hat es auch einen Zaun, die Wegspuren hier sind nur Viehtrampelpfade. Deren hat es jedoch wiederum sehr viele, so dass wir nicht immer den besten Weg nehmen. Dennoch kommen wir in die richtige Richtung weiter. Weiter taleinwärts wird aus dem Land wieder offenes Land, leider, denn hier hat es wohl mal stark gebrannt. Zumindest erkennt man nun wieder einen eindeutigen Pfad. Der führt allerdings nach einer Weile wieder recht weit runter zum Talfluss. Das liegt daran, dass hier ein ziemlicher Tobel einmündet, der nur am Talgrund überwunden werden kann. Dort unten angelangt ist es auch abend. Da trifft es sich gut, dass hier wohl sowieso ein Lagerplatz ist, zumindest lässt der Viehhag darauf schliessen.


Im Valle Chacabuco

Noch ein See

Hier geht’s rüber

Und hier geht’s rauf

Etwas mühsam

Oben kann man teils fahren

Hier hat es mal gebrandt

Zeltplatz im Vieh-Coral

Die Nacht wird für mich leider nicht so behaglich in meinem 500 g Daunenschlafsack. Es ist ziemlich kühl, auch ist die Stimmung etwas gedrückt. Noch in der Nacht sehen wir die Ursache, es schneit. Damit der Schnee unsere Zeltenden (Nallo3) nicht zu sehr niederdrückt, müssen wir noch raus und weitere Abspannleinen anbringen.
Auch wenn es nicht Unmengen geschneit hat, entscheiden wir uns am Morgen umzukehren, der Pass bleibt verhangen und der Schnee reicht um die Trampelpfade zu verdecken. Zudem wird es weiter oben auch mehr Schnee haben. Auch die Kühe treten den Rückzug an und bewegen sich talabwärts. Etwas enttäuscht geht es auf dem gleichen Weg wieder runter, bzw. erst einmal ziemlich steil hoch, wir müssen ja wieder auf die Talschulter kommen. Weiter unten streicht der Schnee aus und wir können wieder im Grünen runterfahren. Zum Glück ist der grosse Fluss noch nicht angeschwollen, so dass es auch auf die Hauptstrasse wieder zurückgeht. Am späten Nachmittag fahren wir noch über die Grenze, bei den Chilenen bekommen wir noch ein paar Eier in die Hand gedrückt, nach Chile darf ja nichts Tierisches eingeführt werden (auch nichts Pflanzliches). Am Abend sind wir dann wieder bei den Argentiniern, auch hier hat es ein altes Haus, in dem wir es uns bequem einrichten können, es ist noch deutlich besser im Schuss als das Letzte. Und so kommt am späteren Abend auch noch ein deutsches Pärchen dazu, das mit Jeep unterwegs ist und bei dem Sturm der draussen herrscht nicht im wackligen Auto schlafen will.


Überraschung am Morgen

Auf dem Rückzug

An manchen Stellen ist der Schnee tiefer

Dafür ist heute eine schöne Landschaftsstimmung

Wieder auf der Hauptstrasse

Es geht nach Osten


Grüsse

Christian