Re: Alles fließt in die Rhone III-b: Vercors

Posted by: veloträumer

Re: Alles fließt in die Rhone III-b: Vercors - 03/04/24 06:53 PM

ALP-2023-AOC-05
Dauphiné-Voralpen IV: Auf bekannten und neuen Wegen durch das Schluchteneldorado des Vercors (St-Gervais – Die)


Variante C: Einmal Nord – Süd als gekrümmte Gerade mit Rückwärtshaken

Wer nochmal chronologisch in dem unmittelbaren Vorlauf blättern möchte, wird in meinem Bericht über die Savoyer Alpen fündig, wenn er zum letzten Kapitel über die Re: Alles fließt in die Rhone II: Alpes Savoie (Reiseberichte) schaltet. Wer meine Berichte lebhaft mitverfolgt hat oder einfach neu einsteigt, versetze sich mental in großer Mittagshitze an die Isère, wo ich bereits die Berge der Chartreuse hinter mir gelassen habe, aber der Vercors sich vor mir als fast unbezwingbare Wand aufbaut. Die kurze Strecke auf dem Isère-Radweg endet an der Rhonebrücke beim kleinen Örtchen St-Gervais, genauer dem Ortsteil an der Isère Le Port de St-Gervais. Das ist etwa gleiche Breitengradhöhe wie Grenoble, aber schon 35 km Strecke über einen großen Isère-Knick Richtung Westen getrennt (Luftlinie nur 20 km) oder gut 25 km südwestlich von Voiron, der letzten größeren Stadt, die ich ausgangs der Chartreuse gequert habe.

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(Do 13.7.) Parking Gorges de Grossey/St-Étienne-de-Crossey – Voiron – Moiran – Tullins – Les Massons/Veloroute Isère – St-Gervais – Col de Romeyère (1069 m) – Col du Mont Noir (1421 m)
57 km | 1270 Hm

Am Ufer der Isère werden ich gleich wieder mit Kriegsgeschichte konfrontiert. Die schmucke Bogenbrücke entstammt einer Neunkonstruktion der 1950er Jahre, nachdem bei Kriegsgefechten 1940 die alte Hängebrücke zerstört wurde, von der noch ein Doppelpfeiler auf der linken Uferseite als Ruine und Mahnmal erhalten ist. Die Straße steigt gleich an und schiebt sich durch Hangwiesen, teils mit Walnussbäumen bestückt. Die Strecke wird immer dramatischer, indem Felswände näher an die Straße rücken, eine Schlucht sich öffnet und bald eine steile Felswand glauben macht, dass das Ende erreicht ist. Wo soll es hier weitergehen?

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Durch schmale Felskamine entladen sich kräftige Wasserfallstrahle – das versickerte Wasser des Vercors-Plateaus, ein kostbares Gut für die Talbewohner. An Felsabsicherungen vorbei wird die Straße fast abgeschnitten. Ein Gitter verbarrikadiert nicht nur die Fahrbahn, sondern verbietet auch die Fußpassage. Zum Glück gibt es einen Tunnel, um die kurze alte, von Steinschlag zerrüttete Strecke zu umgehen. Aufgeworfene Felsschichten, raue Steinwälle, sprudelnde Kaskaden und überhängende Felsen verwandeln die Fahrt in ein Labyrinth von wildester Geonatur.

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Kaum zu glauben, dass die Straße den Durchstich schafft, bis die Dramatik der Strecke verebbt. Eher linear gerade verläuft der letzte Steigungsteil zum Col de Romeyère, die georgelten Felsgrate entfernen sich von der Strecke als weites Spalier. Der Weg weiter nach Süden wäre verlockend schnell, doch möchte ich ja noch einen Schlenker mit einer weiteren großen Vercors-Schlucht einbauen. Zunächst aber mal verläuft die Strecke zum höchsten Vercors-Straßenpass Col du Mont Noir völlig unspektakulär. Anfängliche Blumen verschwinden bald ganz im Schatten des Blätterwalds, nur das Kalksteingeröll leuchtet ab und an noch hellgrau hervor. Die Passhöhe ist denn auch wenig erhebend, wo ein noch leicht matschiger Wanderweg abführt.

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(Fr 14.7.) Col du Mont Noir – Malleval-en-Vercors – via Gorges du Nan – Cognin-les-Gorges – Izeron – St-Pierre-de-Chérennes – La Croix Bernard (944 m) – Presles – Route Charmeil – Fontaine de Pétouze – Col de Prélétang (1267 m) – Rencurel – La Balme de Rencurel – Les Jarrands
63 km | 1410 Hm

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Wenig weiter hätte ich einen besseren Nachtplatz finden können, wo eine große Berghütte steht – allerdings verschlossen. Im kleinen Malleval-en-Vercors findet sich nebst Kirchlein auch ein nicht belegter Camping, aber mit Zutritt zu den Sanitäranlagen. Wohl muss man bei der Mairie sich melden, wenn man Platz beziehen sollte. Ob ein Lokal geöffnet hat, ist nicht zweifelsfrei zu erkennen. Also geht es weiter zur atemberaubenden Gorges du Nan. Wieder ist die Straße durch den Felsen getrieben mit kleinen Bogentunnels oder dem Gestein über dem Kopf, fast durchgängig müssen Sicherungsnetze den Steinschlag abwehren. Die Aussicht reicht weit nach Norden in die Isère-Ebene und das dahinter aufwölbende Hügelland.

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Im Tal gibt es in Cognin-les-Gorges nur kleine Läden für ein wenig Proviant, aber immerhin ein paar Lokalitäten für einen Kaffee oder kleine Gerichte. Um der Talhitze zu entkommen, steige ich gerne auf durch fruchtbare Bergwiesen, bald abgelöst von Serpentinen durch Wald und offene Bergwiesen im Wechsel. Zwar ist hier keine so dramatische Felslandschaft zu bewundern, aber doch ein ansprechendes Fahrerlebnis zu gewinnen. Statt über Le Faz mit Gîte und Resto zu radeln, finde ich eine noch verwegenere Route, in Teilen ein wenig Urwald, dann ein offener Berg bei Presles. Ich bin verwundert, wie abgelegen ein paar Menschen dort noch wohnen.

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Der Fontaine de Pétouze hatte ich eigentlich den ganzen Tag entgegengefiebert, mir einen kühlenden Platz mit Brunnendusche zu spenden. Nun erreiche ich den Ort schon fast zum Abendbrot – schlecht wäre es hier für ein Nachtlager nicht. Ich versuche wieder verzweifelt meine schmerzenden Füße zu besänftigen. Die Pein hatte sich in den Tagen wieder verstärkt und ich gedachte mir bei nächster Möglichkeit neue Radschuhe zu kaufen. Meine Schmerzen veranlassten ein nebenlagerndes Paar, mich nach meinem Schicksal zu befragen – doch helfen kann da keiner, es ist einfach Schicksal.

Vom erfrischenden Waldteil bis zum Col de Prélétang wandelt sich das Bild schnell in ein weites Bergtalpanorama zur anderen Seite. Die Felsflanken der Gorges de la Bourne sind schon weithin sichtbar, obwohl man zunächst noch eine Aue durchpflügt. Die Gorges de la Bourne unterteilt sich in einen unteren und oberen Teil. Auf dieser Tour passiere ich nur den oberen Teil, während ich 2005 schon mal die gesamte Schluchtstrecke aufgefahren war. Trotzdem scheint mir vieles neu zu sein, erst später im obersten Bereich des nächsten Tags glaube ich mich an einige Passagen zu erinnern.

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Ich hätte wegen des Nationalfeiertags und entsprechendem Feuerwerk noch gerne Villard-de-Lans erreicht, doch war das nicht mehr möglich. In der Dunkelheit alle Sicht auf die Felsen wegzudrücken machte keinen Sinn. So kam ich an einem ziemlich unpassenden Ort zum Stehen, wo überhaupt ein Platz war. Innerhalb der Schluchtpassagen gibt es keinen Meter Rastfläche. Immerhin habe ich ein Brunnen zur Verfügung. Aussicht auf Feuerblumen und Farbfontänen war nicht möglich, wenngleich das Geböller ziemlich nah zu hören war.