Re: Alles fließt in die Rhone III-b: Vercors

Posted by: veloträumer

Re: Alles fließt in die Rhone III-b: Vercors - 03/03/24 07:37 PM

Fortsetzung ALP-2022-TdF-19 (Teil 4)

(Di 30.8.) Tamée – Léoncel – La Vacherie – Col des Limouches (1086 m) – D68/DD749 – Pas du Margeat (941 m) – Pas de la Rune (925 m) – Pas de Frécou (845 m) – Col Jérôme Cavalli (842 m) – Gigors-et-Lozeron – Cobonne – Aouste-sur-Sye – Crest – Divajeu (Lambres) – D26/Chemin des Porterons
59 km | 910 Hm

Die Anfahrt zum Plateau von Léoncel ist auf diesem Wege einer der leichtesten Anstiege im ganzen Vercors, jedoch nicht ohne felsige Attraktion. Im oberen Teil verengt sich das Tal und bekommt Schluchtcharakter. Einige Felsen wachsen förmlich über den Kopf und die Straße. Das macht Laune und huhu jubeln ein paar Mädels im Auto vorbei.

[ von lh3.googleusercontent.com]

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Da der Klosterladen diesmal geschlossen ist, bin ich schnell durch die Ebene und hinauf erneut zum Col des Limouches, wo ich aber diesmal in der ersten Abwärtskehre nach Süden abzweige. Anders als die etwa parallele D70 Richtung Beaufort-sur-Gervanne ist es hier stets hügelig mit mehreren Auf-und-Abs, etwas mühsam zu fahren. Das Weideland wirkt geradezu archaisch wie in Westernlandschaften, jedoch ohne markante Horizonte. Der Col Jérôme Cavalli ist einem Flugakrobaten gewidmet, der als Junge auf dem Vercors Schafe hütete und von großen Flugabenteuern träumte. Zunächst trat er in die Armee ein, bekam aber aufgrund seiner Eigensinnigkeit für die Flugkunst Probleme mit den Vorgesetzten. Er arbeitete dann weiter in der zivilen Luftfahrt u.a. als Testpilot, seine Fähigkeiten galten als überragend. Vor den Nazis im besetzten Frankreich musste er nach Algerien fliehen, wo er sich nach der Landung der Alliierten einem Kampfgeschwader anschloss. Nicht in „seiner“ Luft, sondern am Boden erlag er einem Bombardement der deutschen Wehrmacht in Tunesien. Man sagt, in der Luft hätte ihn niemand erjagen können.

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Da ich ohnehin nach Westen möchte, fahre ich nicht über Beaufort, sondern via Cobonne nach Crest. Zuvor quere ich noch Aouste-sur-Sye, eine einst römische Siedlung, dessen Name auf Kaiser Augustus zurückgeht wie übrigens auch andere Orte wie Aouste/Aosta im italienischen Aosta-Tal oder das schweizerische Augst im Baselumland. Ein großes Fassadenfresko stellt Landschaft und Geschichte in einem Bild mit vielen symbolischen Details dar, ein Stück Heimatkunde à la couleur.

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Schon seit spätem Mittag hatte sich der Himmel stark verdüstert. Die Wolken wirkten in Crest bedrohlich. Da es schon Abend war, musste ich auf eine genauere Besichtigung des Gefangenturms der Stadt verzichten. Er prägt die Silhouette des Ortes an der untere Drôme weithin ins Land. So klein die Welt ist, treffe ich nochmal auf die beiden Stuttgarter Rennradler Jochen und Jonathan, die ich bereits zuvor beim Col Jérôme Cavalli kennengelernt hatte. Sie haben allerdings mit ihren Frauen ein Ferienhaus gemietet und auf dem Weg zum Abschiedsessen, ich muss hingegen nun etwas der Zeltübernachtung entgegenfürchten. Das Gewitter bleibt dann doch nur an der Randzone und tobt sich etwas östlicher aus.

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(Mi 31.8.) D26/Chemin des Porterons – Col du Devès (395 m) – D26/D105 – Col de Tartaiguille (399 m) – Marsanne – Col de la Grande Limite (506 m) – La Colline (Mirmande) – Loriol-sur-Drôme – Livron-sur-Drôme – La Voulte-sur-Rhône – St-Laurent-du-Pape – Royas – Semensac – Voie Verte Dolce Via – St-Fortunat-sur-Eyrieux (+ 3 km)
69 km | 700 Hm

Morgens dampft noch die Regenfeuchte der Nacht ab. Nunmehr schon außerhalb des Vercors und im nur noch leicht hügeligen westlichen Diois unweit des Rhonetals, setzt die Landschaft zunächst nur noch wenige Akzente. Dann schälen sich doch noch einige beondere Stimmungen und Landschaftscharaktere heraus. Zunächst dominiert eine weite Agrarebene samt Oliven- und Weinanbau Richtung Marsanne. Das historisch ansehnliche Örtchen samt renoviertem Schloss aus dem 14. Jahrhundert, dem namentlich die eigene Rebsorte Marsanne Blanche zugeschrieben ist, lädt zu einem gemütlichen Kaffee ein.

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Eine letzte kleine Bergprüfung bildet der Col de la Grande Limite mit mediterranen Waldzonen und einem weitläufigen Wandergebiet. Buschig dicht ist auch die Abfahrt Richtung Mirmande, wo sich das fruchtbare Rhonetal den Obstanbau befördert. Ein paar Mundraub-Pfirsiche helfen mir über die brütende Hitze hinweg – es ist ja bereits Tiefland. Nach einem letzten Zwischenhügel ist die Doppelstadt Loriol/Livron an der unteren Drôme mit breitem Kiesbett erreicht. Ein großes Fresko in Livron schafft eine perfekte Illusion zwischen Wirklichkeit und Malkulisse. Die Geschichte der Orte findet sich in dem Bild auch wieder. In Loriol errichteten die Nazis ein Internierungslager für „unerwünschte“ Ausländer – ein heute noch erschreckend aktueller Faschismus-Sprech. Einige erlitten den Tod als Deportierte, viele aber konnten in der Résistance untertauchen.

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Ich bin hier kurz vor der Überfahrt der Rhone in der Mittagszeit an einem markanten Scheidepunkt meiner Tour angelangt. Die Tour möchte ich noch um ein anderes Gebirge bereichern, dass ich gemessen an meinen Frankreichaufenthalten bisher noch etwas stiefmütterlich behandelt habe – das Zentralmassiv. Das ruft nach einem neuen Teilbericht. Hiermit ist auch das Ende des Alpenteils dieser Reise erreicht, aber noch nicht in meinen Gedanken. Denn ich fand auf dieser Reise genug Anregungen, einen noch von mir kaum beradelten Südwestteil der Dauphiné-Voralpen zu erkunden. Das sollte erst im Folgejahr geschehen, in dessen Vorlauf ich auch nochmal das Vercors querte, wenngleich etwas kürzer. Es gibt also folgend noch einen Nachschlag Vercors aus dem Jahre 2023.