Re: Auf Jakobswegen durch Spanien

Posted by: Tamina

Re: Auf Jakobswegen durch Spanien - 01/26/24 09:03 PM

17.05.
Zamora - Barcial del Barco
62 km, 474 hm

Oh, was für ein Tag. Der Camino ist schlecht befahrbar, also ab auf die Straße. Das wird mir aber auch irgendwann zu doof und ich fange an zu improvisieren. Keine gute Idee.
Das Routing mit Vermeidung von Feldwegen funktioniert nicht. Die Datengrundlage der Karte ist offensichtlich falsch. Nicht das erste und nicht das letzte mal. Navigieren nach Gefühl (Himmelsrichtung) geht auch schief, also verfahren. Die Landschaft total langweilig ... und da ist dann auch noch der Gegenwind ....

Erstmal aber noch eine Statue mit Vogel in Zamora

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Der Spatz ist weg. Wen oder was die Figur darstellen soll, weiß ich nicht.

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Landschaftsschattierungen

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Es ist ziemlich kalt und windig
Kleine Lichtblicke

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Die Windräder stehen zum großen Teil still. Es ist wohl einfach zuviel Wind hier.

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Das ist einfach nicht schön!

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Was soll uns das Schild sagen?

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In Barcial del Barco reicht es mir. Hier gibt es eine private Herberge. Es ist nur ein Pilger da.
Ich esse ein paar Tapas vor der Bar des Eigentümers.

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Der Wirt sagt mir, dass er für mich Frühstück in der Herberge abstellen könnte. Auf meine Frage, ob ich auch eine Tortilla haben könnte, stimmt er zu. Morgens stelle ich dann fest, dass es sich um eine sehr reichliche Portion handelt, sehr schön! Ich frage mich, ob er sich beim Preis nicht verreichnet hat. Zwei Tapas und ein Bier, am Abend, Tortilla und Kaffee am Morgen (in der Mikrowelle aufzuwärmen) für etwa 12 €.
Später in der Nacht kommt noch eine ganze Gruppe an. Wie ich am nächsten Morgen erfahre, ist es die Portugisische Band Curcumbia auf dem Weg nach Usedom. Sie treten dort beim Internationalen Kleinkunstfestival auf. (Habe ich später gegoogelt)

18.05.
Barcial del Barco - Sahagún
78 km, 535 hm

In den letzten Tagen hatte ich mir wiederholt die Wettervorhersage für das Kantabrische Gebirge und die Nordküste angeschaut. Jeden Tag war Regen angesagt und in den nächsten Tagen würde sich dies auch nicht ändern. Ich verwerfe also meine Idee weiter gen Norden zu fahren und werde den Weg Richtung Osten antreten. Wegen der Unterkunftsmöglichkeiten werde ich, wie für diesen Fall geplant, an den Camino Francés "anlehnen".
Nicht so witzig finde ich, dass der Wind nun aus Nord-Ost kommen soll. Und er ist kalt! Die Tageshöchsttemperaturen lagen schon seit Tagen unter 20 Grad.
Der vorbereitete Track führt mich heute fast nur über Straßen, allerdings meist sehr kleinen mit kaum vorhandenem Verkehr.

Heute morgen sehe ich doch tatsächlich das erste Mal den Osborne-Stier. Gibt es weniger davon als früher?

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Die Landschaft wird wieder etwas abwechselungsreicher, aber Menschen scheint es auch in den Ortschaften fast keine zu geben.

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Auch in der Kleinstadt Mayorga (1500 Einwohner*innen) ist wenig los. Im Park mache ich Pause

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Es gibt mehrere Meter große Wandbilder an einigen Häusern, die ich nicht verstehe. Das zu Hause googeln ergibt: Es geht wohl um die jährliche Prozession zu Ehren des hl. Santo Toribio de Mogroviejo, der hier geboren wurde und in Peru missionierte.

Website der Fiesta

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Der Boden ist ausgedörrt.

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Trotzdem beeindruckt mich die Landschaft immer wieder, niemals hätte ich das vorher von mir vermutet: Ein völlig neues Raumgefühl!

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Bis Tageskilometer 60 ist die Strecke eigentlich nett. Danach weniger, aber vielleicht dominiert der Gegenwind meine Wahrnehmungen. In Sahagún werde ich auf den Camino Francés treffen.
Endlich in der großen, absolut luxeriösen und von Priestern geführten Herberge in Sahagún angekommen, lerne ich Andreas und Sylvia kennen, die im Innenhof ihre kulinarischen Einkäufe, inkl. Rosé, konsumieren und auch kein Interesse an Pilgerandachten haben.
Sylvia erzählt, dass sie in Saint-Jean-Pied-de-Port beinahe den Camino Francés abgebrochen hätte, um stattdessen nach Lissabon zu fliegen und den portugiesischen Jakobsweg nochmals zu laufen. Hunderte von Menschen seien Saint-Jean-Pied-de-Port auf einmal gestartet, viele seien mit Rollkoffern aus den Bussen gequollen (Gepäcktransport!) und nur die Bekanntschaft mit Andreas in der ersten Herberge, mit dem sie sowohl lästern, philosophieren als auch schweigen könne, habe sie davon abgehalten. Wäre ich zu Fuß unterwegs, hätte ich mich gerne den beiden angeschlossen.
Außerdem erfahre ich, dass die Schlafplätze in den Herbergen meist am Vortag reserviert werden müssten, da zu voll. Allerdings gäbe es die Regel, dass niemand auf dem Jakobsweg verloren gehen dürfe. Zur Not würde in der Nähe ein Schlafplatz auf dem Boden, etwa in einer Bar (oder sonstwo), gefunden.
In meinem "Luxuszimmer", nur 2 Personen in den beiden Etagenbetten (hier herrscht Geschlechtertrennung, es ist ja eine Einrichtung der katholischen Kirche!) mit Duschbad schlafe ich dennoch schlecht. Die Italienerin neben mir scharcht durch meine Ohropax hindurch.

19.05.
Sahagún - Castrojeriz
85 km, 535 hm

Am nächsten Morgen wähle ich zunächst, gemäß meinem Track die "Fußstrecke".
Die Ameisenstraße der Pilger kommt mir entgegen.

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Ich schätze etwa 20 % Asiaten, was wollen die hier? Es sind wohl "Hotelpilger", da ich keine Asiaten in den Herbergen sah. Allerdings pilgern auch viele andere mit leichtem Gepäck. Einige zum Transport vorbereitete Rucksäcke hatte ich noch am morgen in der Herberge gesehen.

Teilweise sieht auch der Weg so aus, nicht nur die Äcker!

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Die Kombination von von Untergrund und Ameisenstraße bringt mich dazu, die Fußstrecke, die oft mit dem EV1 identisch ist (mein Track!), öfter zu verlassen.

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Ich schätze, das Wasser stammt aus diesem Kanal.

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Kanalweg

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stehende Windräder

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Puente de Itero (elfbogige Brücke aus dem 11. Jahrhundert) über den Río Pisuerga

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Río Pisuerga

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Welcher Gnom fährt hier wohl Fahrrad?

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Auch heute mag ich die Strecke recht gern. Bis der Gegenwind mich wieder völlig mürbe gemacht hat. In Castrojeriz wollte ich eigentlich zum Campingplatz, deshalb führt auch mein Track dorthin. Leider jedoch über den auf dem Berg liegenden Ort (ausschließlich Steinpflaster). Ziemlich fertig frage ich in einer der vielen Herbergen nach einem Bett. Ja, es gibt noch eins, glücklicherweise. Am nächsten morgen sehe ich das der Campingplatz geschlossen ist.
Es gibt 3 Schlafräume mit ca. je 20 Betten. Irgendwo müssen die Ameisen ja unterkommen.
Unter mir (Etagenbett!) schläft eine Australierin, die wohl am nächsten Morgen eine heruntergefallene Socke von mir einpackt.

In mir reift der Enschluß wegen des Gegenwinds nur noch bis Burgos zu radeln und dann einen Bus nach Irún zu nehmen.

20.05.
Castrojeriz - Burgos
60 bis 65 km, speichern vergessen

Blick zurück auf Castrojeriz

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Nach etwa 10 km verlasse ich wieder meinen Camino-Track (bergauf mit Geröll!) und wähle die Straße.
Ich weiß, das dürfte ein ziemlicher Umweg sein, aber ich will heute nur bis Burgos (über den Camino wären das 43 km).
Etwa die erste Hälfte der Strecke ist wieder schön und ich bin guter Dinge.

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Warum Straßenkennzeichnungen in Spanien oft so riesig sind, erschließt sich mir weiterhin nicht.

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Für die heutige Strecke habe ich keine Karte mehr. Bei km 25 führt nur die Autobahn (A 62) in die richtige Richtung. Also erst mal in die falsche Richtung und wieder zurück und dann auf den holprigen Serviceweg der Autobahn. Bei der nächsten Gelegenheit wieder runter auf eine kleine Straße. Im nächsten Ort gibt es Richtung Burgos nur Pisten.
Hier bewahrt mich ein Spanier, der mich zurück ruft, vor einem weiteren Fehlversuch. Er fragt , wo ich hin will und schickt mich in eine andere Richtung. Und er hat Recht, wie ich jetzt nachvollziehen kann. Es folgen etwa 20 km Piste mit Gegenwind, eklig! Und dann die N 620a.

In Burgos angekommen, bin ich mal wieder entzückt von einem Stadtpark, den ich auf guten Fahrradwegen zum Campingplatz hin befahre. Ach ist das nett hier!

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Der Campingplatz ist auch OK. Morgen wird Burgos besichtigt und eine Fahrkarte nach Irún gekauft!

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21.05.
Burgos

Mir gefällt diese Stadt ganz ausnehmend gut.
Auf dem Weg vom Campingplatz zum Evolutionsmuseum gibt es echte und gemalte Wasservögel.

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Vor dem Evolutionsmuseum, dass ich heute besuchen werde, sehe ich hunderte Radfahrer*innen
Das scheint eine Art Volksradfahrtag zu sein. Alle haben Nummern. Teilweise werde Forderungen zur Verbesserung des Radverkehrs auf Schildern mitgeführt.

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Auf diesem (offiziellen) Info-Plakat steht: Neue Zeiten, neue Sitten: Heute ist es bei Straßen mit zwei oder mehr Fahrbahnen in einer Richtung obligatorisch, beim Überholen eines Fahrrads oder eines Motorrads die Spur zu wechseln.

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Hier werden die vorbeikommenden Fahrräder und PKWs gezählt. Unten steht:
Fußgänger: Bedrängen/überfluten Sie nicht die Fahrradspur!
Und so ist es tatsächlich, niemand läuft auf den Radwegen. Und auf Rad/Fußwegen ist es mir fast schon peinlich, wie sie mir aus dem Weg "springen", inkl. wegziehen von sowieso schon angeleinten Hunden. Das ist mir in nicht nur in Burgos, sondern auch in anderen spanischen Städten aufgefallen.

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Arco de Santa María, eines der 12 mittelalterlichen Tore zur Altstadt

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Spaziergang durch die Stadt. Oft schaue ich lieber, als zu fotografieren.

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Und zum Schluß, wieder der Radweg durch die Parkanlagen in Richtung des Campingplatzes.

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Morgen fährt der Bus nach Irun. Wäre die Anreise mit dem Rad nicht so aufwendig, ich würde bestimmt wiederkommen nach Burgos.

Und wenn ich es schaffen sollte, gibt es hier auch noch irgendwann etwas über meine Weiterreise von Irun bis Freiburg zu lesen. Das wird aber dauern ...