Re: Auf Jakobswegen durch Spanien

Posted by: Tamina

Re: Auf Jakobswegen durch Spanien - 01/26/24 08:54 PM

9.05.
Merida - Valdesalor
66 km, 739 hm

Heute ist es erstmal sehr nett.
Der römische Staudamm der Proserpina ist laut Wiki 427 m lang.

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Dann wird es wieder trocken.
Was fressen wohl diese Rinder?

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Die Eindrücke wechseln häufig, die Wegequalität auch. Ich bin auf der uralten Trasse der Römerstraße Via de la Plata.

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Dann aber wirklich Hard-Stuff, Sand, Kies, Geröll. Und dazu meist Gegenwind. Und der wird nachmittags immer stärker.

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Ich rette mich irgendwann auf die Straße, weniger interessant, aber leichter. Allerdings macht sich hier der Gegenwind noch mehr bemerkbar. Breite Straßen mag ich einfach nicht. Auch nicht mit breiten Seitenstreifen und wenig Verkehr.

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Heute übernachte ich erstmals in einer Pilgerherberge und lerne einen ca. 70 jährigen Österreicher kennen, der meint, so schlimm sei die Strecke heute doch gar nicht gewesen. Ich sage, na ja, mit E-Bike, mit einem Blick auf sein neben ihm stehendes Gefährt. Darauf sagt er: "Aber mit nur einem Bein". Wie ich jetzt sehe, ist das zweite Bein hoch am Oberschenkel amputiert und er trägt eine Prothese. Er erzählt mir, er fahre den Jakobsweg ab Sevilla und sei guter Dinge bis nach Santiago zu kommen, und das häufig auf der "Fußstrecke".
Ich bin beeindruckt und erzähle in den folgenden Wochen allen Menschen von ihm, die meinen, ich würde eine besondere Leistung erbringen, bei meiner Tour.

Auch nachts ist es heiß (im Schlafsaal, draußen nicht!). Ich kann kaum einschlafen. Leider habe ich keinen Zugriff auf die Fenster. Einige hatten sich schon vor 20 Uhr schlafen gelegt und alles verrammelt.

10.05.
Valdesalor - Cañaveral
55 km, 720 hm

Als letzte verlasse ich morgens um 8 Uhr die Herberge. Die Pilger*innen legen sich teilweise schon um 19 Uhr schlafen und stehen schon vor dem Sonnenaufgang wieder auf.
Jetzt ist der Nordwind schon vormittags stark. Meist schnurgerade Straße gen Norden, überholt werde ich meist mit reichlich Platz!
Im Hintergrund lauern wieder mal Berge.

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Irgendwann erreiche ich Cáceres. Ein kleiner Zwischenstop mit Stadtbesichtigung.
Cáceres gefällt mir besser als Merida. Mehr Zeit wäre gut gewesen. Leider gab es hier aber keine Pilgerunterkunft.

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Weiter geht es Richtung Cañaveral
Spanien zeigt sich eher platt. Das kann aber täuschen ... und sich schnell änderrn.

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In der Trockenheit gibt es aber manchmal wieder Teiche. Sie sehen eher künstlich aus, vielleicht sind es aber auch Erdstürze, aber woher kommt das Wasser?

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Trocken, einsam und faszinierend:

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Angekommen in Cañaveral gehe ich erstmal in die Pilgerherberge, dann der Ort besichtigen, um, im Angesicht der Gedenktafel für die gestorbenen Franco-Kämpfer an der Kirche, wieder mal festzustellen, dass es mit Vergangenheitsaufarbeitung in Spanien schlecht bestellt ist.
Später gehe ich mit zwei deutschen und einem italienischen Pilger essen. Ein wirklich gut gegrilltes Secreto iberico von der Plancha mit Pommes und Salat. Zum Nachtisch Flan. Sehr lecker alles! Dazu ein großes Bier: 16 €
Die Nacht ist wieder heiß (Fenster öffnen hilft nicht wg. Rollos vor dem Fenster). Ich beschließe morgen nur eine kurze Etappe zu einem Campingplatz zu machen. Ich will mal wieder ausschlafen!
Eine deutsche Pilgerin meint zu meiner "Klage" über Geröllpisten: "Pilgern soll ja auch nicht leicht sein!" Warum läuft sie dann? Anderswo machen sie das auf Knien und manchmal auch rückwärts. (So las ich es jedenfalls auf einer "Anweisungstafel" in Irland. Nein, das habe ich ihr nicht gesagt!)

11.05.
Cañaveral - Riolobos
26 km, 225 hm

Störche nisten wirklich überall! auch die Abweisungsstacheln scheinen nicht zu stören.

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Sehr spannend ist es heute nicht, aber ich fahre auch nicht weit. Die Ginstersorte, der hier überall wächst, ist leider schon verblüht.

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Der Campingplatz ist Ok, wenn auch mit 15 € zienlich teuer. Der Pool ist leider noch zu.
Das Essensangebot hat wenig mit Spanien zu tun, ich muss mit einem Hamburger vorlieb nehmen. Na ja, aber das Bier ist gut.

12.05.
Riolobos - Hervás
72 km, 835 hm

Einerseits sinken die Temperaturen am Tag langsam auf ca 20 Grad, andererseit gewinne ich an Höhe. Das heißt: Nachts wird es noch um einiges kälter. (Für Salamanca, wo ich noch nicht bin, waren für heute nacht 4 Grad vorhergesagt) Ich habe ausnehmend gut geschlafen!
Heute fahre ich, bis auf 20 km Split auf der Via verde, fast ausschließlich Straße.

Fotovoltaik mit Schafen (ohne Bewässerung).

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Eine Hauswand, die 2 kennen wir doch:

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Die Landschaft wird langsam grüner.
Eine feuchte Niederung mit Schafen. Ob natürlich oder bewässert ist unklar.

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Wieder in bergigerem Gelände.

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Aber jetzt auf einer Via verde (Bahntrassenweg). Also mit wenig Steigung. Irgendwie sehen Bahntrassenwege von "innen" meist sehr ähnlich aus.

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Ich lese auf einem "Erklärschild", dass im nächsten Dorf hauptsächlich Kirschen, Oliven und Erdbeeren angebaut würden. Ich vermute, das die Oliven hier keine Bewässerung mehr brauchen (wie in Andalusien). Ich bin aber zu weit weg, um das zu verifizieren.
In Hervás ist eine Pilgerherberge direkt an der Via verde. Es soll auch gutes Essen geben (steht auf einer Pilgerwebsite). Es ist niemand da. An der Tür gibt es eine Telefonnummer, da geht niemand ran. Super! Dabei hatte ich gerade beschlossen, doch nicht bis zum Campingplatz zu fahren, da Ich wieder mal etwas fertig bin (Gegenwind!)
Also doch zum Campingplatz, wo ich dann 2 Nächte bleibe. Im Camping-Shop gibt es Tomaten aus der Region und jungen Rotwein zu kaufen, der wirklich lecker schmeckt. Mein Abendbrot besteht aus Baguette, Chorizo und Salat, wie meist. Ich habe Olivenöl, Balsamico und Knoblauch immer dabei.
Das Campingpersonal ist sehr nett, ich darf mich mit meinem mitgebrachten Essen auf die Resto-Terasse setzen.

13.05. Hervás

Keine Fotos, irgendwas hatte ich an der Kamera verstellt. Das ist doof!
Hervás ist eine ziemlich nette Kleinstadt mit kleinem Park und Gebäuden in unterschiedlichen, aber traditionellen Bauweisen. Auf der Flaniermeile und im ehemalige Judenviertel, viele kieselsteingepflasterte Gässchen, gibt es viele Bars und Restos.
Es ist Samstag mittag/nachmittag und es sind viele Menschen unterwegs. Ich finde keinen Sitzplatz vor einer Bar und stehen möchte ich nicht. Wahrscheinlich habe ich leckere Tapas verpasst. Ich kaufe mir eine Tortilla zum Mitnehmen und verspeise die Hälfte im Park und die andere Hälfte abends auf dem Campingplatz. Hier steht auch noch eine halbe Flasche Wein.
Die Musik auf der Campingterasse ist nett und nicht zu laut: Blues Brothers, Mecki Messer auf spanisch, Bohemien Rapsody, Janis Joplin ... Ich gebe der dreifarbigen Katze etwas Tortilla ab. Es ist wirklich nett hier!

14.05.
Hervás - Pedrosillo de los Aires
72 km, 1264 hm

Ein Blick zurück auf Hervás.

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Die ersten 25 km bin ich auf der Via verde.

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Diese führt durch Béjar.

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Ich denke darüber nach, wie ich die Bebauung am gegenüberliegenden Hang ästhetisch empfinde. Drin drin zu wohnen, ist wahrscheinlich gar nicht schlecht: Auf jeden Fall einer tolle Aussicht!

Da die Via verde im Nichts endet (laut Karte und Infos im Internet), hatte ich bei der Planung einen Weg auasgeguckt, der sich jetzt als Trampelpfad entpuppt. Da war wohl was gründlich falsch gelaufen. Falsch gelaufen ist dann wohl auch meine jetzt getroffene Wahl. Sie hat mir viele ungeplante Höhenmeter eingebracht.
So kurve ich durch die abwechslungsreiche, aber teils auch sehr bergige Landschaft.

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Und nachmittags wieder reichlich Gegenwind. Der Kellner in der aufgesuchten Bar ist unfreundlich. Spezialität: Mit mir reden und gleichzeitig woanders hin gucken. Kein Trinkgeld!
Aber die Rinder sind hier wirklich hübsch!

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Die kommunale Pilgerherberge in Pedrosillo de los Aires ist klein und überfüllt. Ich muss oben ins Etagenbett. Aufstieg über den Nachttisch.
Abends, in der Bar, unterhalte ich mich mit 2 Pilgern aus den USA und einem Britten. Überhaupt ist wg. der internationalen "Besetzung" auf dem Camino/den Caminos, die genutzte Sprache meist Englisch. Das war auch schon in der Sprachschule in Malaga der Fall. Außerhalb des Unterrichts natürlich.


15.05.
Pedrosillo - Salamanca
ca 30 km, speichern vergessen.

Der "Sitz des Lebens", dem ein l verlorengegangen ist.

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Es gibt interessant beschnittene Steineichen, aber auch Eichen, die für mich an den Blättern als Eichen erkennbar sind. Eschen gibt es auch reichlich. Hier ist das Klima offensichtlich kühler und feuchter.

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Je näher ich Salamanca komme, desto mehr Agrarsteppe.

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In Salamanca angekommen finde ich die Fahradinfrastruktur, wieder einmal, beindruckend.
Dies ist ein Radweg!

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Ich fahre zum Campingplatz, baue das Zelt auf und starte meine erste Besichtigungstour.

Das Art Déco Museum. Von vorne:

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und von hinten:

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Die Cathedrale

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mit Scherzen der Restauratoren am Portal: Juri Gagarin

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Die historische Altstadt ist sehr homogen gestaltet: Sandfarben

Das kann hübsch sein. Wird auf Dauer aber langweilig

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Die berühmte Plaza Mayor mag ich nicht! Und das liegt nicht an den Absperrungen für ein Bücherfest, dessen "Abbau" hier gerade stattfindet.

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Ich "speise" in dem Restaurant neben dem Campingplatz zu Abend, da meine Campingnachbarn es wärmstens empfohlen hatten. Das dreigängige Mittagsmenu für 27 Euro (mit Dessert und Kaffee) sei ganz hervoragend gewesen. Es muss ein Tisch bestellt werden!
Leider gibt es abends kein Menu. Die Preise sind gehoben. Ich wähle die Vorspeise nach Preis: gerösteter Schweinespeck. Ein Fehler, Er ist lecker, aber viel zu viel. Der Kellner bietet mir an die Reste einzupacken, ich werde noch 2 Mahlzeiten davon essen.
Dann ein Entrecôte mit Paprikagemüse und Bratkartoffeln, das Entrecote ist hervoragend und sehr reichlich, die sehr sparsamen Beilagen leider nur noch lau, wahrscheinlich habe ich zu lang mit dem Speck gekämpft. Dazu ein kleines Glas des roten Hausweins.
Die Rechnung beträgt 27€, der Service und die freundlichen Nachfragen des Kellners haben mich völlig geplättet. So exklusiv habe ich noch nie gegessen.

16.05.
Salamanca - Zamora
68 km 554 hm

Heute ist die Strecke wirklich nicht schön: Agrarwüste mit Gegenwind.
Die unterschiedlichen Farben des Bodens sind noch das Interessanteste daran.

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Unschöne Anstiege gibt es selbstverständlich auch.

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Das heutige Ziel Zamora, auf einem Felshügel über dem Duero gelegen, ist mit seinen historischen Bauwerken hingegend wieder durchaus interessant.

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Nur mag ich keine Gebäude mehr fotografieren. Die Pilgerherberge ist ziemlich groß und später auch "randvoll". (Hansfloh hat den Eingang bei seiner Via de la Plata-Tour fotografiert)
Ich treffe zwei deutsche Fußpilger wieder, die ich schön in der Herberge in Cañaveral kennengelernt hatte. Sie wundern sich, mich wiederzusehen.
Wobei das kein Wunder ist. Ich bin 2 Tage nur "Fußentfernungen" gefahren und habe einen Tag Pause gemacht. Mit dem Pilger aus Kiel gehe ich auf der Plaza Mayor ein Bier trinken.
Beim Schlafen gehen muss ich wieder darum kämpfen, dass im dicht gepackten 12 Personen-Zimmer (Etagenbetten!) ein Fenster geöffnet wird.
Im übrigen ist die Herberge aber tatsächlich ziemlich gut. Das Haus überbaut offensichtlich einen steilen Hang. Über mehrere Etagen geht es von Eingang aus sowohl hoch als auch, vor allem, tief runter. Ganz unten, im Keller gibt es eine Küche (mit Kühlschrank!) und einen Speiseraum. Morgens wird Frühstück angeboten.