Re: A.f.i.d.R. III-a: Au cœur du Dauphiné

Posted by: veloträumer

Re: A.f.i.d.R. III-a: Au cœur du Dauphiné - 01/22/24 01:09 PM

Fortsetzung ALP-2022-TdF-15 (Teil 3)

Wiederum ahnt man kaum, dass sich hier nochmal ein langes Tal tief in die Bergwelt des Écrins zur Seite einschneidet. Das Vallée du Vénéon wird radfahrtechnisch als Montée de la Bérarde ausgeschildert, was sich auf den Namen das Bergdorf samt Talschluss bezieht. Für die erste, fast flache Passage darf man zwischen einer smarten Rad- und Wanderpiste direkt am Fluss und der Straße direkt am steilen Fels wählen, was durchaus verschiedene Eindrücke vermittelt, obwohl nur wenige Meter dazwischen liegen. Der Vénéon schafft bei guter Sonnenausleuchtung schon fast einen karibischen Zauber, aufgewühlt von zahlreichen Wasserwirbeln über die Flusssteine. In der Ferne verspricht eine Bergkulisse farbenfrohes Motivmaterial für die Fototapete in sonst grauen Jugendzimmern der 1970er-Jahre.

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So könnte es weitergehen – doch das trügt, es gibt ja auch noch Wetter. Nach Le Bourg d'Arud mit gut besuchtem Campingplatz folgen eine Steilrampe durch eine Kluse mit wilden Bergflusskaskaden und ein Zwischenplateau, wo sich der Fluss ein weites Kiesbett geschaffen hat. Sodann steigt die Straße über weite Kurven zu einer engeren Schluchtpassage. St-Christophe-en-Oisans fällt alsbald mit seinem Kirchlein ins Auge, wengleich noch einige Höhenschleifen entfernt, bis der kleine Bergort mit einem Museum für Alpinismus erreicht ist.

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Das Ortswunder in solch steilem Hang ist insofern dann auch eine Herausforderung für einen Zeltplatz. So raste ich schließlich auf einem Seitenweg, wo unerwartet nachts ein Auto anfährt, dessen Fahrerin zu ihrem Ferienhaus möchte. Statt einer Protestnote wiegelt sie meine Pein ab, eine Wegsperre errichtet zu haben und das Feld zu räumen. Hingegen möchte sie, dass ich im Zelt bleibe und sie werde einfach zum Haus laufen. Am nächsten Morgen kommt sie im Auto ihres Partners zum abgestellten Auto zurück. So freundlich bleiben wohl nur Bergmenschen mit einer verwandten Seele und von gegenseitiger Wertschätzung getragen.

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(So 14.8.) St-Christophe-en-Oisans – Champhorent – La Bérarde (1713 m) – St-Christophe-en-Oisans – Le Bourg-d'Arud – Les Clapiers – Le Bourg-d'Oisans – Rochetaillée – Livet – Rioupéroux – Séchilienne
74 km | 420 Hm

Freundliche Menschen also, doch was sagt die Petrus mit seinem bekannten Schleusenrepertoir nunmehr? Bald brechen die Dämme im finster behangenen Wolkenhimmel und die Bergwelt versinkt im Schleier aus Regenguss und Wolkendampf. Die Zeit, die ich unter kleinstem Schutzgewölbe ausharre, bleibt ungemessen. Die Frage, kann es Tage dauern, scheint bald gar nicht mehr vermessen. Doch so arg regnet sich es dann doch nicht ein. Die Wolken erhalten Gelegenheit mühsam aufzusteigen, doch bleiben viele Gipfel in den himmlischen Gardinen gefangen. Der Bergfluss quillt mit braunem Schlamm beladen tosend über Flusssteine und durch Felsspaliere. Die Fluten wohl gewohnt, umspülen die wilden Wasser ihre Stämme, entstehen kleine Seen.

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Mehr noch berauschen sich die Wasserfälle an der gespendeten Zugabe des flüssigen Elements, sie protzen und tönen wohl wissend, dass sie die Architektur seit Jahrtausenden hier schleifen und fräsen. Klobige Steinblöcke aus einem Riesenreich verteilen sich in Geröllhängen wie Wachtürme, Granitsteine sind wie von Meisterhand zu glänzenden Fliesenplatten oder Schieferdächern getäfelt. Ein enthemmtes Sprühen, Stürzen, Reißen und Sprudeln inszeniert ein Infernal berstender Wildheit. Das Fahrgelände ist dabei überraschend moderat, so wogt es eher leicht auf und ab mit steigender Tendenz in einem Tal vom Ende der Welt.

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Ein paar Sonnenstrahlen bohren sich in Le Bérarde dann doch noch durch die Wolken, ohne jedoch alle Gipfelkulissen freizulegen. Die beiden Talfluchten – fast konträr gegenüberliegend – schrauben ihre Felswände steil vor dem Betrachter empor, nur kleine Gletscherfelder lugen hervor – eine noch höhre Welt aus Eis und Schnee für die Fußexpeditionisten. Die Barre des Écrins, südlichster und westlichster 4000er der Alpen, verteckt sich hier auch noch ohne Wolken. Es ist eben eine geheimnisvolle Welt für den gehobenen Entdeckergeist, eine fast beliebig erweiterbare Schatzsuche für Horizontverkoster. Der Weiler hat ein paar elementare touristische Einrichtungen einschließlich Camping, eher kann man jedoch einkehren als sich in dem kleinen Laden selbstversorgen, der ein paar Spezialitäten und Souvenirs den Besuchern offeriert. So verträume ich in dieser der Szenerie doch noch bei einer Tartiflette mit Bier und Heidelbeerkuchen. Man muss ein solchen Moment schon angemessen würdigen.

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Die Urgewalt der Berge brüstet sich nochmal mit einem Füllhorn dampfender Wolken zwischen den Bergkulissen, zeichnen immer wieder andere Szenerien auf der Abfahrt. Für die Fahrt zu Tal braucht man schon einige Zeit bis Bourg-d’Oisans, wo ich nochmal Rede und Antwort für einen Radbewunderer stehen muss. Da ich das untere Romanche-Tal als wenig attraktiv in Erinnerung glaube, entscheide ich mich für eine Dunkelfahrt nach Séchilienne hinunter. Indes bieten sich auch keine wirklichen Zwischenstationen zur Rast an. Indes habe ich die Streckenlänge unterschätzt, zumal es keine durchgehende Abfahrt. Séchilienne wirkt erschreckend verlassen als abgewirtschafteter Pendlerort für Grenoble – kein Bäcker, kein Laden, kein Restaurant und morbide Fassaden. War das vor 13 Jahren auch schon so oder gabs damals noch ein Restaurant? – Ich kann mich wieder nicht erinnern – auch bin ich damals nur am Tage durchgefahren.

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