Re: Mediterranée Costa Brava – Côtes du Rhône

Posted by: veloträumer

Re: Mediterranée Costa Brava – Côtes du Rhône - 01/11/24 02:38 PM

Fortsetzung MED-2023-AOC-25 (Teil 2)

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Beim letzten Ort vor Avignon wechsle ich kurz auf einen Bahntrassenradweg, der aber eine Ost-West-Verbindung darstellt. Die Einfahrt nach Avignon ist von Süden einigermaßen übersichtlich, wenngleich sich die Durchfahrt bis zur Stadtmauer und weiter bis zum Altstadtkern mit Papstpalais länger hinzieht. Die vielleicht bekannteste Brückenruine der Welt, die Pont d’Avignon, eigentlich Pont Saint-Bénézet, findet sich der Rhone gegeben schließlich ganz am Westrand der Stadt, der eine stark begrünte Rhoneinsel mit mehreren Freizeiteinrichtungen gegenüberliegt. Avignon liegt also eigentlich nur an der halben Rhone, deren beide Arme sich erst wieder südlich der Stadt vereinen. Für die pittoreske Stadtsilhouette müsste man eigentlich auf die Gegenseite zur Insel wechseln.

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Den Stadtrundgang halte ich nur kurz, lausche aber einer Weile den Klängen einer Harfenistin in einer der Gassen. Selbst Sonntagabend kann man hier noch Lebensmittel und Wein in einer der dubiosen Läden von meisten orientalischen Betreibern kaufen. Die Ausfahrt gestaltet sich etwas mehr tricky, obwohl ab der Staumauer eigentlich ein Radweg verläuft. Später windet sich die Route verwinkelt und unübersichtlich durch Parkanlagen und Vorstadtsiedlungen, wo ständig Familien mit Kinderwägen und lebendigem Jungvolk vor dem Pneu herumspringen. Der hier als Chemin des Canaux groß angekündigte Radweg ist dann alles andere als erfreulich und keineswegs gut ausgeschildert, obwohl die derzeit aktuelle Routenführung der Via Rhona.

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Wie ich später auf einer Infotafel lesen kann, ist die Via Rhona nördlich von Avignon ungefähr bis Sorgues eine immer noch provisorische Trasse, obwohl der Radweg schon seit über 10 Jahren als Filetstück des französischen Radtourismus beworben wird – mittlerweile auch als Eurovelo 17 gelabelt. Da ich immer wieder an der eckigen Routenführung hake, begebe ich mich schließlich auf die Departmentstraße D907, obwohl mit Verkehr bei Dunkelheit nicht so gemütlich zu fahren. Ab Sorgues in Richtung Châteauneuf-du-Pape ist dann ohnehin Ruhe im Karton, während die Via Rhona sich wieder zum Fluss verabschiedet hat. Zwischen unterem Ortseingang, Ortsmitte und Burgruine liegen jeweils noch einige Höhenmeter, dafür gehört einem die päpstliche Ruine (fast) alleine bei Nacht.

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(Mo 9.10.) Châteauneuf-du-Pape (château) – Orange – Uchaux – Col de l'Aspre (186 m) – Rochegude – Suze-la-Rousse – La Baume-de-Transit – Montségur-de-Lauzon – Chamaret – Grignan – Col du Colombier (436 m) – Espeluche – Montélimar – Le Teil – Rochemaure – via Via Rhona – Meysse – via Via Rhona – Cruas – Baix
112 km | 755 Hm

Das Château von Châteauneuf-du-Pape wurde namensgebend einst als Sommerresidenz der Päpste von Avignon erbaut, heute misst sich der Ort eher im Ranking mit den teuersten Weinregionen der Welt. Wie mir eine Dame bei einer Weinverkostung am nächsten Tag berichtet, sei der wesentliche Unterschied vom Châteauneuf-du-Pape zu anderen Côte-du-Rhône-Weinen die speziellen Böden der Region. Tatsächlich sichtbar ist das allerdings nicht, inwiefern die Böden sich mineralisch unterscheiden. Sicherlich spielt die päpstliche Aura des Weins auch eine preistreibende Rolle. Wer glaubt schon an die Kirche der Armen?

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Soweit man die Traubensorten um die Burgruine mit Infotafeln gut studieren kann, verläuft die Hügelroute dezent weich Richtung Orange und gleitet schließlich länger hinunter. In Orange sind noch nicht alle Tore für die Touristen um das antike Theater geöffnet, welches zudem von einer größeren Baustelle überzogen ist. Ohnehin hatte ich den Besuch nicht geplant, würde mich diese Arena eher in Verbindung mit einer Konzertveranstaltung interessieren. In voller Pracht und ohne Bauarbeiten kann man stadtauswärts den Stadtgründungsbogen aus der Zeit von Kaiser Augustus bewundern. Zuvor aber musste ich mich über den inkompetenten Service am Bahnschalter von Orange ärgern. Letztlich konnte ich ohnehin nur auf die Plan-B-Alternative mit Regionalzügen ab Valence zurückgreifen, TGV-Transfer mit Velo war nicht buchbar wegen fehlender Kapazitäten. So oder so hatte ich noch einen Tag Radtour geplant und hier nur den Ticketkauf vorgesehen.

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Die Route touristique des Côtes du Rhône bleibt weiterhin leicht zu fahren, obwohl man langsam in das Massif d’Uchaux aufsteigt – eher ein gewölbtes Plateau als Berg. Eine unscheinbare Passhöhe erinnert daran, dass man sich hier auf den letzten Ausläufern des Alpensockels bewegt. Jeder Ort hat sein Schloss, nicht alle sind Weingüter, das von Rochegude beherbergt z.B. ein Hotel. Wein als akademische Kompetenz vermittelt in Suze-la-Rousse die Weinuniversität im dortigen Château. Bei so viel Expertise möchte ich natürlich auch eine Weinprobe verkosten, wenngleich nicht akademisch und erwerbe schließlich dem Namen nach einen Wein des Windes. Tramontana, Mistral und Mont Ventoux sind ja häufige und prägende Begleiter auf meinen Radreisen gewesen, teils auch auf dieser wieder.

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Die Route wird nunmehr etwas stärker hügelig, ohne dass ernste Berge zu bewältigen sind. Neben Weinanbau finde ich noch eine größere Granatapfelplantage vor. Montségur-de-Lauzon schmiegt sich lieblich mit Zypressen wie eine Toskanalandschaft, Chamaret wird majestätisch von dem Turm der mittelalterlichen Burgruine überragt. Ein kleines Touristenzentrum der Region bildet Grignan, dass über ein opulentes Renaissanceschloss verfügt. Zur Lavendelblüte hat man noch schönere Perspektiven auf den Dorfhügel – dafür bin jetzt zu spät in der Jahreszeit. Madame de Sévigné verlieh mit ihrer literarischen Briefkunst dem Ort eine poetische Aura, in dem sie ihr adeliges Leben beendete.

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Wegen einer Reifenpanne konnte ich mich doch weniger den schönen Dingen widmen, erntete für meine Tour aber noch begeisterndes Lob des Ladenbesitzerpaars von „O Cigalou“ mit Modeschmuck und Parfümerieartikeln, die mir prompt mein Lavendelölfläschen kostenlos nachfüllten, um wieder besser gegen Mücken bewaffnet zu sein. Nunmehr bewege ich mich nahezu parallel zu der bereits auf der Hinroute gefahrenen Strecke Richtung Montélimar. Beide Routen schließen sich jenseits der Passhöhe zusammen. Die Fahrt zum Col du Colombier (Achtung, ähnliche oder identische Passnamen gibts zu Hauf an anderen Orten!) über die D4 ist aufgrund der geraden Strecke und einseitigen Vegetation dann doch langweiliger als die alternative D24, obwohl radlerisch noch die größte Herausforderung der letzten Tage. Rasante Kurven erlebt man hingegen auf der Abfahrt bis sich beide Straßen zusammenschließen.

Montélimar erreiche ich erst bei Einbruch der Dunkelheit und genehmige mir nochmal einen Burger, bevor ich eine verwegen lange Nachtfahrt starte. Zunächst verfehle ich den kürzeren Abzweig nach Rochemaure und gerate auf den Umweg über die N102. Weil die alternative D11 aus dem Zentrum von Montélimar raus nicht ausgeschildert ist. Bis Rochemaure nehme ich auch die Straße, weil ich in der Dunkelheit die Via Rhona nicht orten kann. Indes schaue ich nochmal am begehrten Brunnenhaus von Rochemaure vorbei, wo sogar zu später Stunde noch Autofahrer mit Kanistern Wasser abfüllen. Das exklusive Wasser soll mein Knie heilend kühlen, welches seit Tagen von einer leichten Schleimbeutelentzündung infiziert war.

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Ich folge nun weitgehend der Via Rhona, die bei Meysse ziemlich umständlich das Kernkraftwerksgelände Cruas umfahren muss. In der Dunkelheit ist kaum erkennbar, dass hier das Zentralmassiv wilde Abbruchkanten gebildet hat. Da ich einerseits mich noch recht wach fühle und andererseits keine einladenden Rastplätze folgen, passiere ich auch noch Cruas (Camping bereits geschlossen). Schließlich verliere ich auch den Radweg aus den Augen, weil er nicht immer gut ausgezeichnet ist und in der Dunkelheit einige Details nicht zu sehen sind. Auf der Straße nach Baix fährt zu dieser Zeit ohenhin kaum ein Auto. Auch hier reichen steile Felswände dicht an die Verkehrstrassen, sodass Radweg, Bahnlinie und Straße eng nebeneinanderliegen – die Bahnlinie aber Straße und Radweg trennt. Um nicht die ganze Nacht zu radeln, zwinge ich mich in Baix schließlich zur Rast an einer Bushaltestelle. Man gönnt sich ja sonst nichts.

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(Di 10.10.) Baix – Le Pouzin – via Via Rhona – La Voult-sur-Rhône – via Via Rhona – Beauchastel – teils via Via Rhona – Soyons – Valence Ville || per Bahn Valence Ville 13:24 h | 14:40 h Lyon Part Dieu 16:30 h | 20:24 h Belfort Ville 20:51 h | 21:07 h Mulhouse Ville || – Riedisheim – Rixheim
56 km | 170 Hm

Der Tag zeigt mal wieder, wie kritisch nicht durchgeplante Routen sein können. Ich hatte von der Entfernung nach Valence nur eine grobe Vorstellung gemäß Straßenroute auf der anderen Flussseite – und das war überschaubar. Durch die Wegführung der Via Rhona verlängert sich die Route aber deutlich, wenngleich ich die Passage insgesamt als überraschend schön und abwechslungsreich bewerten würde. Die Straßenroute auf der Gegenseite wäre indes nahezu ausgeschlossen zum Radeln und eine Umfahrung dort weit komplizierter.

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Zunächst wird die Via Rhona abseits der Rhone durch Auen weitergeführt und quert ein etwas heikle neue Brücke, wo früher nur eine Furt Radler zu verwegenen Fahrmanövern verleitete. Im recht betriebigen Le Pouzin mündet mit der Ouvèze ein größerer Zufluss aus dem Zentralmassiv in die Rhone. Die Via Rhona wechselt nun die Flussseite, bis sie in Voult-sur-Rhône wiederum am rechten Ufer bis Höhe Valence weiterführt. Das eher kurze linksseitige Intermezzo quert ein idyllisches Feuchtbiotop im Mündungsdelta der Drôme, die Rhone aber hier weitgehend nicht zu sehen.

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Mit Voult-sur-Rhône erreiche ich wiederum einen Schnittpunkt mit meiner 2022er-Reise, als ich aus dem Diois im Alpenraum kommend zu den Monts d’Ardèche im Zentralmassiv gewechselt bin. Unweit nördlich von Voult mündet die schöne Eyrieux in die Rhone, wo sich ein Bahntrassenradweg weit ins Zentralmassiv schiebt. Die Via Rhona verrenkt sich hier in Beauchastel etwas kompliziert, was wiederum einige zusätzliche Kilometer gegenüber der Straßenführung erklärt. Irgendwo verliere ich die Via Rhona erneut mangels Beschilderung und fahre schließlich Straße bis Granges, wo ich erst kurz vor der Brücke nach Valence die Via Rhona wiederfinde – die ich nunmehr aber nicht mehr brauche. Die Brücke nach Valence verdeutlicht dann ohnehin, welches Verkehrsmittel das Sagen hat: Es ist und bleibt das Auto – Via Rhona hin oder her.

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Eine Besichtigung von Valence konnte ich mir zeitlich nicht mehr leisten, nur noch eine knappe Stunde bis Abfahrt reichen noch für einen Blick in den Parc Jouvet und eine neustädtische Einkaufsmeile um den Bahnhof. Hier endet nicht nur dieser Reisebericht, sondern auch die Reise im Zielgebiet gänzlich. Heute und an den folgenden zwei Tagen sitze ich dann teils im Zug, aber teils auch noch mal auf dem Sattel, sodass ich noch angenehme Spätsommertage in frischer Luft genießen kann. Die Passagen im Elsass, am Oberrhein und im Kraichgau möchte ich nicht mehr kommentieren, bin ich dort auch nicht unbedingt im Reisemodus geradelt. Die Routen sind im PDF-Download des Etappenplans im Gesamtbericht zu der Reise auf meiner Website aufgeführt.

Da dieser Bericht zwar das chronologische Ende der Reise beschließt, aber nicht meine gesamte Berichterstattung, ist zu befürchten, dass weitere Berichte über andere Regionen der Reise irgendwann hier noch erscheinen werden. Einen Zeitplan dafür habe ich dafür aber nicht.

--- Ende ---